Bis in den Tod
Woche jede Menge Termine vor Gericht und ich brauche sämtliche Unterlagen zu den Fällen. Treffen Sie mich mit den Akten in dreißig Minuten am Osteingang.«
»Madam. Ich habe bereits einen anderen Auftrag. Detective Crouch hat mich auf die Halterfeststellung diverser Wagen angesetzt.« Einzig Peabodys leises Schnauben verriet ihre Gefühle in Bezug auf Crouch und diesen Auftrag.
»Mit Crouch setze ich mich auseinander. Der Commander hat meinem Antrag stattgegeben, Sie auch weiter in unserer Abteilung zu belassen. Also wälzen Sie die Arbeit, die Sie augenblicklich haben, auf jemand anderen ab und schwingen Sie die Hufe.«
Peabody blinzelte verwirrt. »Ich bin Ihnen weiter zugeteilt, Madam?«
»Hat Ihr Gehör während meiner Abwesenheit gelitten?«
»Nein, Madam, aber – «
»Oder haben Sie vielleicht eine Schwäche für den guten Crouch?« Es freute Eve, dass Peabody ihr sonst stets regloses Gesicht vor Entsetzen verzog.
»Soll das ein Scherz sein? Er ist – « Sie riss sich zusammen, straffte die Schultern und fuhr nüchtern fort: »Nicht unbedingt mein Typ, Lieutenant. Ich glaube, ich habe meine Lektion in Bezug auf irgendwelche Techtelmechtel mit Kollegen für alle Zeit gelernt.«
»Machen Sie sich deshalb keine Vorwürfe, Peabody. Mir hat Casto ebenfalls gefallen. Außerdem haben Sie Ihre Sache in dem Fall tatsächlich mehr als gut gemacht.«
Das war nett zu hören, aber trotzdem war die Wunde noch lange nicht verheilt. »Danke, Lieutenant.«
»Was der Grund dafür ist, dass Sie mir dauerhaft als Assistentin zugeteilt worden sind. Wollen Sie es zum Detective bringen, Officer?«
Peabody wusste, dies war eine einmalige Chance. Sie schloss einen Moment die Augen, bis sie ihre Stimme wieder in der Gewalt hatte. »Ja, Madam, das will ich.«
»Gut. Dann reißen Sie sich mal schön dafür den Arsch auf. Fangen Sie am besten damit an, dass Sie mir die Unterlagen holen und mit ans Gericht kommen.«
»Sofort.« In der Tür drehte sich Peabody noch einmal kurz um. »Ich bin Ihnen wirklich dankbar für die Chance, die Sie mir geben.«
»Das ist wirklich nicht nötig. Sie haben sie verdient. Und falls Sie die Sache vermasseln, schicke ich Sie zurück zur Verkehrspolizei.« Eve bedachte sie mit einem dünnen Lächeln. »Und zwar in die Abteilung Luftfahrt.«
Als Zeugin auszusagen gehörte ebenso zu ihrer Arbeit wie die Konfrontation mit hochrangigen Widerlingen wie dem Anwalt S. T. Fitzhugh. Er war schleimig und gewieft, ein Mann, der den Abschaum der Menschheit – solange dieser es sich leisten konnte – mit Eloquenz vertrat. Er war derart erfolgreich darin, Drogenbarone, Kindesmissbraucher und Mörder vor ihrer gerechten Strafe zu bewahren, dass er sich problemlos die cremefarbenen Maßanzüge und die handgemachten Schuhe leisten konnte, die er mit Vorliebe zu sämtlichen Gerichtsterminen trug.
Mit seiner schokoladenbraunen Haut, die in elegantem Kontrast zu den sanften Farben und den weichen Stoffen seiner Kleidung stand, bot er ein elegantes Bild. Da er alle zwei Tage im Adonis, dem teuersten Schönheitssalon für Männer, weilte, war sein längliches, fein gemeißeltes Gesicht so glatt wie die Seide der Jacken, die er trug. Seine Schultern waren breit, seine Hüften straff und schmal und seine Stimme klang so dunkel und so voll wie die eines Opern-Baritons.
Er umwarb die Presse, pflegte regelmäßig Umgang mit den größten New Yorker Kriminellen, besaß seinen eigenen Jet Star.
Es war eine von Eves kleinen Freuden, ihn zu verabscheuen.
»Ich will versuchen, mir ein klares Bild von den Geschehnissen zu machen, Lieutenant.« Fitzhugh hob die Hände und legte seine Daumen aneinander. »Ein klares Bild von den Umständen, die dazu geführt haben, dass Sie meinen Mandanten in seinen Geschäftsräumen attackiert haben.«
Auf den Einspruch des Staatsanwaltes hin formulierte Fitzhugh seine Frage freundlicherweise um: »Lieutenant Dallas, Sie haben meinem Mandanten in der fraglichen Nacht großen körperlichen Schaden zugefügt.«
Er blickte hinter sich auf Salvatori, der in einem schlichten schwarzen Anzug vor Gericht erschienen war und sich auf den Rat seines Anwalts hin während des letzten Vierteljahres nicht mehr hatte liften oder verjüngen lassen, so dass er mit seinen mit Grau durchwirkten Haaren, dem faltigen Gesicht und dem schlaffen Körper alt und wehrlos aussah.
Sicher zögen die Geschworenen unweigerlich einen Vergleich zwischen der jungen, durchtrainierten Polizistin und dem schwachen,
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