Bis Mittwoch unter der Haube
Schulter über den Campus marschierte – halb Erinnerung, halb Traum.
Jemand folgte ihr. Er kam ihr bekannt vor, doch sie wusste nicht, wo sie diese Person schon einmal gesehen hatte. Die Panik begann, nachdem sie ihrem Betriebswirtschaftsprofessor ein paar Dinge über ihre Familie erzählt hatte.
Eigentlich wusste Samantha, dass sie träumte. Sie wusste, was als Nächstes geschehen würde, und versuchte verzweifelt, aus dem Traum auszubrechen.
Im Kopf sah sie ihr Jugendzimmer. Hörte ein vertrauliches Gespräch mit einer guten Freundin. Ihre Mutter – noch lebend – , die mahnte, sie solle nicht so viel plappern.
Jordan in ihrem allerersten BH, die über etwas lachte, was ihr Hund Buster gerade tat.
All diese Bilder vermischten sich und ballten sich in Samanthas Brust zu einem festen Knäuel.
Zwei Männer in dunklen Anzügen zeigten ihre Dienstmarken, holten sie aus einem Seminarraum und befragten sie. Aber anstatt sich zu erkundigen, wo ihr Vater sei und was er gerade täte, interessierten sie sich nur für Blake.
»Was er macht, ist illegal, Samantha. Tausende Menschen sind wegen ihm in Schwierigkeiten.«
Nein! Sie kämpfte gegen den Traum an, gegen die Bilder.
Doch es ging immer weiter und die Angst griff nach ihrem Herzen.
Samantha schoss in die Höhe, setzte sich mit klopfendem Herzen auf. Genauso schnell sprang Blake aus dem Sessel, in dem er geschlafen hatte, und stürzte an ihre Seite.
»Sam, alles in Ordnung?« Seine Hände griffen nach ihren Armen, hielten sie fest.
Sie zwang sich, ruhiger zu atmen. »Bloß ein schlechter Traum.«
»Du zitterst ja.« Er schlang die Arme um sie und zog sie an sich.
Vermutlich hätte sie ihn wegstoßen sollen, aber ihr fehlte schlicht die Kraft dazu. Sie atmete den warmen, männlichen Duft nach Tannennadeln ein, der Blake stets umgab. Wenn er ihr so nahe war, war der Duft viel stärker, kräftiger. Samantha sank an seine Brust und schloss die Augen.
Er strich ihr über den Rücken und das Haar. »Alles okay«, flüsterte er.
Der Traum hatte sich tief in ihr Herz gegraben: die Erinnerung an ihre Mutter, die lebte, an ihre Schwester, die unversehrt war. Alles vorbei.
Durch ihre Schuld.
Blake hielt sie eine halbe Ewigkeit lang fest. Als sie schließlich den Kopf hob, bemerkte sie, dass er noch sein Hemd und die Anzughose trug. Sein Kinn war stoppelig, seine Augen waren schwer vor Sorge. Wie immer sah er verboten gut aus, aber auch sehr müde.
»Es geht schon wieder«, sagte sie.
Er rückte ein kleines Stück von ihr ab, ließ sie aber nicht los. Seine Finger glitten an ihren Armen entlang, dann hielt er ihre Hände fest.
Sam hatte plötzlich das überwältigende Gefühl, angekommen zu sein, den Platz gefunden zu haben, an den sie gehörte. Blakes Augen wanderten über ihr Gesicht, als suchte er nach äußeren Anzeichen von Misshandlung. Seine Sorge um sie schnürte ihr die Kehle zu und sie spürte, wie sie sich noch viel mehr zu ihm hingezogen fühlte. Aber so verstört, wie sie im Augenblick war, lag ihr nichts ferner, als mit ihm zu flirten oder ihn irgendwie darauf aufmerksam zu machen, dass sie nur mit einem dünnen Nachthemd bekleidet in seinem Bett saß.
Samantha wich Blakes Augen aus und schaute sich im Zimmer um. »Hast du in dem Sessel geschlafen?«
»Ich wollte nach dir sehen und muss eingenickt sein.«
Aber seine Schuhe lagen neben dem Sessel, das Sakko hing ordentlich über der Lehne.
»Was machen wir denn jetzt? Irgendjemandem ist offenbar jedes Mittel recht, um unsere Scheinehe zu enttarnen.«
»Aber dieser Jemand ist zu weit gegangen.« Er hielt ihre Hände noch fester.
Sie erwiderte den Druck. »Und wie geht es jetzt weiter? Die Sache endet ja nicht einfach, wenn ich aus meinem Haus ausziehe. Damals, als die Beweise gegen meinen Vater zusammengetragen wurden, dauerte die Überwachung ein ganzes Jahr. Vielleicht wird es uns genauso ergehen.« Allein von dem Gedanken, nun volle zwölf Monate lang ständig auf der Hut vor Wanzen und versteckten Kameras sein zu müssen, bekam sie Kopfschmerzen.
»Ich werde rausfinden, wer dahintersteckt. Jemanden in seinem eigenen Heim zu belauschen und zu filmen, ist immer noch eine Straftat.«
»Dass es illegal ist, ist anscheinend nicht sehr abschreckend. Wir müssen diese Leute davon überzeugen, dass sie ihre Zeit vergeuden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich einer von uns im Laufe des Jahres verplappert und aus Versehen verrät, dass wir nur eine Ehe auf Zeit führen. Dann verlierst du
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