Bis Mittwoch unter der Haube
geschoben hatte, stellte sie ihr eine kleine Portion Essen hin und drückte ihr eine Gabel in die Hand. Füttern ließ Jordan sich nur ungern. Lieber mühte sie sich selbst mit dem Essen ab.
»Ich … Ich gesehen … ähm … Ich sehe …« Jordan suchte nach Worten.
»Wen hast du denn gesehen?« Samantha nahm selbst einen Bissen von dem späten Lunch. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Sie und Blake waren spätnachts zurückgekommen und hatten erst einmal ausgeschlafen. Dann war Blake ins Büro gefahren und Samantha zu Jordan. Ans Essen hatte sie noch gar nicht gedacht. Jetzt kitzelten die Gewürze ihre Geschmacksknospen und ihr Magen knurrte begeistert.
»Mom.«
Samanthas Gabel blieb in der Luft hängen.
Jordan nickte.
Samantha legte die Gabel weg. »Liebes, Mom ist schon lange nicht mehr bei uns.«
Jordans Augenbrauen zogen sich zusammen, als suchte sie nach einer Erinnerung. »Nachts. In der Nacht gesehen.«
»Vielleicht in einem Traum?«
»Ja.« Jordan schüttelte den Kopf. »Nachts.«
Samantha war etwas ratlos. Hatte Jordan jemanden gesehen, der ihrer Mutter ähnelte? Vielleicht eine neue Pflegerin im Heim? Oder träumte sie von ihrer Mutter und konnte Traum und Wirklichkeit nicht auseinanderhalten?
»Ich denke auch oft an sie.«
»Mom fehlt mir.«
Sam legte eine Hand auf Jordans Knie. »Mir fehlt sie auch.«
»Ich muss nach New York«, sagte Blake knapp eine Woche später.
»Ich habe mich schon gefragt, wann deine nächste Reise ansteht.«
Samantha wusste, dass Blake mehr Zeit in seinem Jet verbrachte als in seinen Häusern. Sie hatte ihn nun fast einen ganzen Monat lang Nacht für Nacht in ihrem Bett gehabt, konnte aber nicht erwarten, dass dieser Luxus von Dauer war. Das war ihr klar.
»Hast du Lust mitzukommen?«
Sie tranken auf der Veranda Kaffee und genossen dabei den Blick aufs Meer. Seit ihrer Rückkehr von Europa war das beinahe zum Ritual geworden. Ein Teil von ihr wollte die Einladung gerne annehmen. Der rationale Teil von ihr hielt sie davon ab. Die Uhr in Sams Kopf, die anzeigte, wie lange sie noch mit Blake zusammensein konnte, tickte jeden Tag lauter. Je mehr sie sich bemühte, das Geräusch zu überhören, desto tiefer grub es sich in ihre Seele. Wenn er sie anlächelte wie jetzt in diesem Augenblick und ihr vorschlug, mit ihm zu reisen, hatte Samantha manchmal das Gefühl, dass ihre Ehe mehr war als ein Stück Papier, mehr als ein Vertrag zwischen zwei Söldnern. Die Art, wie Blake mit ihr schlief oder sie auch nur in den Armen hielt, wenn sie beide zu müde für etwas anderes waren, war wie ein steter Tropfen, der ihr Herz erweichte.
»Ich sollte hierbleiben«, seufzte sie.
»Warum denn?«
»Ich habe Jordan vernachlässigt. Während ich weg war, hat sie viel zu wenig gegessen, und sie schläft auch nicht gut.«
Blake griff nach ihrer Hand. »Du musst kein schlechtes Gewissen haben, weil du ein eigenes Leben hast, Samantha.«
»Ich weiß. Aber das ist nicht so einfach. Sie hat ja nur mich.«
»Du kannst sie jederzeit herbringen. Wir können eine Betreuungskraft für sie einstellen.«
Das war schon das zweite Mal, dass Blake ihr das anbot. Und wenn ihre Ehe nicht zeitlich begrenzt gewesen wäre, hätte Samantha das Angebot ohne Zögern angenommen. »Das haben wir doch schon besprochen. Es wäre nicht fair, Jordan aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen und sie dann nach einem Jahr wieder … Sie würde das nicht verstehen. Für sie wäre das purer Stress, der sie vielleicht sogar krank machen und wieder zu Rückschritten führen könnte.«
»Aber …«
»Bitte Blake. Ich weiß, du meinst es gut. Aber ich bin für Jordans Wohl verantwortlich und muss langfristig denken.«
Blake trank seinen Kaffee aus und ließ das Thema erst einmal ruhen. »Ich werde nur übers Wochenende in New York sein. Senator Longhill gibt ein Dinner zum Wahlkampfauftakt und ich sollte mich dort blicken lassen.«
»Ist er nicht derjenige, der für Steuererleichterungen für Exporte eintritt?«
»Du hast gut zugehört.«
Samantha warf ihre wilde Mähne zurück und hob eine Augenbraue. »Dass jemand so schön sein kann und trotzdem kein Dummchen ist! Unfassbar, nicht wahr?«
»Es ist angenehm, wenn man sich mit einer Frau auch außerhalb des Schlafzimmers unterhalten kann.«
»Autsch!«
»Okay, das war vielleicht ein bisschen gemein.«
»Gut, dass du das einsiehst. Sonst könnte ich auf die Idee kommen, dass da gerade dein Vater aus dir gesprochen
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