Bis Mittwoch unter der Haube
Gespräch hatte schon seltsam genug begonnen, aber jetzt wurde es geradezu bizarr. »Sie stehlen mir die Zeit, Vanessa. Sie müssen mich jetzt leider entschuldigen.«
Samantha wollte sich an ihr vorbeiquetschen, aber Vanessa packte sie am Arm.
»Mein Gott, Sie haben tatsächlich keine Ahnung. Stimmt ’ s?«
Sam ruckte an ihrem Arm, aber die andere Frau ließ sie nicht los. Plötzlich stieg Panik in ihr auf. So musste sich ein Hund kurz vor einem Erdbeben fühlen. In ihrem Inneren breitete sich eine seltsame, unheilvolle Ruhe aus.
»Sie wissen, dass Blake einen Nachkommen braucht, um erben zu können?«
Was?
Vanessas Lächeln wurde immer breiter. Sie ließ ihre Hand an ihre Seite fallen. »Armes Mädchen. Wie hat er das bloß geschafft? Hat er Ihre Pille versteckt? Oder Löcher in die Kondome gepiekt?«
Sams Kiefer fing an zu schmerzen. Sie hielt sich so eisern unter Kontrolle, dass sie das Gefühl hatte, ihre Halsmuskeln könnten jeden Moment reißen. Zum Teufel, wovon redete Vanessa?
Dann klangen ihr plötzlich Parkers Worte im Ohr. Wie ich sehe, haben Sie alle Vorgaben erfüllt. Um sich vor Vanessa keine Blöße zu geben, machte Samantha auf dem Absatz kehrt und flüchtete aus dem Geschäft.
Die Gluthitze New Yorks klebte ihr das Haar an den Kopf, während sie hektisch versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und der Viper zu schaffen.
Sie wissen, dass Blake einen Nachkommen braucht, um erben zu können? Die Worte hallten als Endlosschleife durch Samanthas Kopf. Konnte das wirklich wahr sein? Wenn das stimmte, dann war es kein Wunder, dass Blake die unverhoffte Schwangerschaft so gelassen hingenommen hatte. Und Samantha hatte geglaubt, das sei das Letzte, was er sich für seine Ehe auf Zeit wünschte. Jetzt wusste sie, warum ihm nicht sämtliche Sicherungen durchgebrannt waren, als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte. Er hatte ja kaum mit der Wimper gezuckt. War er überhaupt überrascht gewesen?
Sie versuchte, sich zu erinnern: nein – eigentlich nicht.
Weitere Versprechungen wegen des Babys musste er ihr im Grunde auch nicht machen. Dass er ein guter Vater sein wollte und für das Kind sorgen würde, hatte er ihr ja bereits gesagt.
Samantha war wie betäubt. Sie winkte ein Taxi heran und ließ sich in den Nordteil Manhattans bringen, zu Blakes Apartment in der Upper East Side.
Die Wohnung kannte sie von anderen Zwischenstopps. Ein Aufenthalt in New York bot sich bei Reisen von Kalifornien nach Europa und zurück geradezu an. Kurz nach Mittag trat Sam in das angenehm kühle und gut gesicherte Gebäude.
Ihre Sonnenbrille behielt sie auf. Sie winkte dem Portier zu und erreichte die Fahrstühle, ohne mit jemandem ein Wort wechseln zu müssen.
Anders als in dem Haus in Malibu gab es hier keine Köchin und keine Hausangestellten.
Die fast vergessenen Einkaufstaschen warf sie aufs Sofa. Dann schaltete sie im Gästezimmer, das Blake als Büro nutzte, den Laptop an. Bevor sie ihn wegen Vanessas Behauptung zur Rede stellte, brauchte sie noch ein paar Informationen.
Die zweiprozentige Schwangerschaftsrate bei Kondomen hatte sie von Anfang an nachdenklich gestimmt. Verantwortungsbewusste Männer wie Blake benutzten die Dinger ihr halbes Leben lang und schafften es trotzdem, nicht Vater zu werden. Was war diesmal schiefgelaufen? Und warum ausgerechnet mit ihr?
Ihre Finger flogen über die Tastatur. Sie sah sich einige Seiten über Kondome, ihre Verwendung und ihre Zuverlässigkeit an. Von einer Website mit dem Titel »Warum versagen Kondome?«, erhoffte sie sich nützliche Hinweise.
Zunächst scrollte sie sich durch die üblichen Informationen, dann ging es um gerissene oder geplatzte Kondome. Aber so etwas war ihnen nicht passiert. Zumindest hatte sie nichts davon bemerkt. Es gab ein paar Interviews mit Frauen, die zu den zwei Prozent gehörten, die schwanger geworden waren. Sie sprachen von Benutzungsfehlern, von gerissenen Gummis oder welchen mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum.
All das traf auf sie nicht zu. Außerdem hatten sie zu dem Zeitpunkt, als ihre Schwangerschaft festgestellt worden war, erst einen Monat lang miteinander geschlafen.
Wie konnte ein Mann dafür sorgen, dass eine Frau schwanger wurde?
Sie hatten selbst in der Hitze der Leidenschaft nie auf Kondome verzichtet.
Samantha stand auf und ging ins Schlafzimmer. Dort hatten sie auch auf dem Weg zu ihrer Hochzeitsfeier übernachtet. Rein rechnerisch konnte es also gut sein, dass ein undichtes Kondom aus der
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