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Bis Sansibar Und Weiter

Titel: Bis Sansibar Und Weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
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Erdkunde mein zweites Lieblingsfach ist.
    »Donnerwetter!« Der Kapitän klatschte in die Hände. »Du kennst dich aus, was? Und weißt du auch, wie es da unten zugeht?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Windig.«
    »Windig?«, brüllte er.
    »Wahrscheinlich gibt’s da ziemlich hohe Wellen«, antwortete ich schnell.
    Der Kapitän starrte mich grimmig an. »Ziemlich hohe Wellen?«, schnauzte er. »Das sind Monster, Kleiner! Dagegen ist mein Haus ein Furz! Hörst du? Fliegenschiss!«
    »Jaja«, versuchte ihn zu beruhigen. »Fliegenschiss.«
    Doch der Kapitän war noch nicht fertig. »Die Annemarie ist ein erstklassiges Boot, das glaub mal ja. Aber die Dame ist für eine richtige Hochseejacht ein bisschen zu lütt. Mit der Annemarie kannst du in Holland segeln. Oder auf dem Binsensee. Aber am Kap Hoorn? Da reicht eine einzige Welle und die Annemarie rauscht ab auf den Meeresgrund.«
    »Und Sie mit«, sagte ich.
    »Genau.« Mein Verständnis schien ihm gut zu tun. Mein Verständnis tut den meisten Leuten gut.
    »Warum liegt die Annemarie eigentlich bei Ihnen im Garten?«, fragte ich.
    »Ich wollte sie mal verkaufen«, antwortete er. »Ist lange her. Hab klar Schiff gemacht und sie im Garten aufgebockt. Dann ist der Käufer nicht gekommen, so ein verdammter Badegast...«
    »... und jetzt steht sie immer noch da«, vollendete ich seinen Satz. Ich bin nun mal ein hilfsbereiter Mensch.
    »Du sagst es«, murmelte er. Plötzlich blitzte er mich wütend an und schimpfte los: »Du bist ein ganz Schlauer, was? Ein Klugscheißer, was? Verschwinde! Aber dalli!«
    Damit stapfte er zu seinem Schiff zurück.
    »Was hat eigentlich der Doktor gesagt?«, rief ich hinter ihm her.
    Der Kapitän reagierte nicht, ich hätte es mir denken können. Er stieg auf sein Schiff, setzte die Brille auf und versenkte sich wieder in sein Buch.
    Er hatte die Annemarie also verkaufen wollen. Stimmte das wirklich? Und würde er es wieder tun? Ich kannte mich mit Segelbooten nicht aus, nicht die Bohne. Aber dass die Annemarie in einem fürchterlichen Zustand war, sah ein Blinder. Von wegen erstklassig! Wenn mich nicht alles täuschte, würde man eine Menge Geld und noch mehr Zeit hineinstecken müssen, um sie wieder aufzumöbeln. Viel konnte der Kapitän jedenfalls nicht verlangen.
    Zu Hause warteten Mama und meine Großmutter bereits mit dem Essen auf mich. Es gab Pfannkuchen mit Pfifferlingen und gebratenem Speck, eines von Omas Spezialgerichten. Meine Mutter hatte sich die Haare gewaschen, sich einen langen Rock und eine bunte Bluseangezogen und war geschminkt. Sie sah eindeutig besser aus als in den letzten Tagen. Nur ihre Augen schauten noch immer traurig.

Zehntes Kapitel
    N och am selben Abend fuhr ich meinen Computer hoch, ging auf die Webseiten unserer Sparkasse, gab Banking-ID und PIN-Nummer ein und überprüfte den aktuellen Stand meines Sparkontos. Er betrug 731,44 Euro. Das war gar nicht schlecht, ich konnte stolz auf mich sein.
    Um Mitternacht fiel ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf. Ich wachte erst auf, als mich jemand kräftig schüttelte. Es war Oma. Sie stand über mein Bett gebeugt und hielt unser Telefon in der Hand. Hinter ihr schien die Sonne ins Fenster. Ihre Strahlen umgaben Omas Kopf wie ein Heiligenschein und verwandelten sie in einen Engel. Einen 90-Kilo-Engel.
    »Für dich«, sagte sie, nachdem ich endlich auch mein zweites Auge geöffnet hatte. »Herr Jansen will dich sprechen.«
    Jansen? Oh Mann, der Tag fing ja gut an. Wahrscheinlich hatte der Typ gerade die Entwürfe bekommen und kochte vor Wut. Normalerweise telefoniere ich nicht vordem Frühstück, weil da mein Hirn noch auf Sparfunktion läuft. Aber jetzt kam ich wohl nicht darum herum, mit dem Herrn zu reden. Ich nahm Oma den Hörer aus der Hand, räusperte mich und sagte, so freundlich ich konnte: »Marius Dick?«
    »Also das ist großartig, ganz fantastisch, einfach sensationell!«, legte Jansen los. Komisch, seine Stimme klang überhaupt nicht wütend. Und er hatte nicht ein einziges Mal »verdammt« gesagt.
    »Wie bitte?«, unterbrach ich ihn. Wovon redete der Mann? Doch nicht etwa von den Schnipseln, die ich ihm geschickt hatte?
    »Unsere Computerleute haben den Entwurf gerade eingescannt...«
    »Meinen Sie den mit den Weihnachtsmännern?«, fragte ich.
    »Genau den. Und zwar haben sie ihn exakt so übernommen, wie du ihn mir geschickt hast. Die Herren haben ganz schön geschwitzt, haha. Gerade habe ich den ersten Ausdruck auf dem Schreibtisch liegen. Das

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