Bis unter die Haut
›ich komme grade nicht so gut klar damit, dich zu sehen, aber sobald ich wieder dazu bereit bin, melde ich mich bei dir …‹ Ich hab meiner Mutter gesagt, dass du mich nicht einfach ignorieren würdest, weil du so nicht bist. Dass du niemals so … unaufrichtig wärst.«
Willow sinkt erschrocken in ihren Sitz zurück. »Es … Es tut mir so leid«, stammelt sie. Markies Worte haben sie ziemlich getroffen, aber sie ist ihrer Freundin nicht böse. Sie weiß, dass sie recht hat. »Ich hätte niemals –«
»Ich finde es ja selbst schrecklich, so was zu dir zu sagen!«, bricht es aus Markie heraus. »Ich will nicht so mit dir reden! Als wärst du mein Exfreund, den ich anflehe, mich anzurufen! Und gleichzeitig komme ich mir total egoistisch vor. Statt sofort wütend zu werden, hätte ich dich fragen sollen, wie du klarkommst.« Sie hält kurz inne. »Wie kommst du klar?«
»Nicht so besonders.«
Eine ziemliche Untertreibung.
Willow fragt sich, was Markie sagen würde, wenn sie ihr ihre Arme zeigen würde. Würde sie verstehen, was aus ihrem Leben geworden ist?
Würde sie es ihrer Mutter erzählen? Natürlich. Ohne zu zögern. Sie ist nicht Guy. Markie kennt ihre Familie, seit sie beide fünf waren. Sie würde sich nicht davon abhalten lassen, es ihrer Mutter zu sagen. Und ihre Mutter würde es David erzählen. Sie würden ihr die Rasierklingen wegnehmen. Es würde etwas unternommen werden. Dieser Teil ihres Lebens würde vorbei sein.
Einen winzigen Moment lang überkommt sie ein so heftiges Bedürfnis, Markie ihre Arme zu zeigen, dass sie es kaum unterdrücken kann. Sie müsste bloß ihre Ärmel hochkrempeln und die Dinge würden ihren Lauf nehmen.
Stattdessen nimmt sie die Hände vom Tisch. Legt sie in den Schoß. Spielt mit ihrer Serviette herum. Tut alles, um sie irgendwie zu beschäftigen.
»Ich … Ich vermisse dich«, sagt sie schließlich, den Blick starr auf die Serviette gerichtet. »Ich vermisse dich und ich vermisse die Freundschaft, die wir hatten. Und deine Mutter hat zwar recht … aber du irgendwie auch.« Sie sieht Markie an. »Ich hätte dir sagen müssen, dass ich nicht mit dir reden kann .« Zu ihrem Erstaunen bricht ihr schon wieder die Stimme. Aber genau wie vorhin hat sie sich schon im nächsten Moment wieder im Griff.
» Die Freundschaft, die wir hatten «, wiederholt Markie. »Und was ist mit jetzt?«
»Ich … ich rufe dich an«, sagt Willow. »Ich würde dich gern sehen.«
»Wirklich?« Markie wirkt skeptisch.
»Wirklich«, beteuert Willow. »Aber …« Sie wird rot, als sie an Markies Vorwurf denkt, unaufrichtig gewesen zu sein. Dieses Mal möchte sie ihr auf jeden Fall die Wahrheit sagen. »Aber ich glaube, dass es noch eine Weile dauern wird.«
»Okay.« Markie blickt kurz auf ihre Hände hinunter, bevor sie Willow wieder anschaut. »Dann werde ich wohl einfach warten müssen. Ich hoffe … Ich hoffe, dass es nicht noch mal sieben Monate dauert. Und, Willow …« Sie lächelt sie ein bisschen schief an. »Ich hab das schon irgendwie geglaubt, was meine Mutter gesagt hat. Sonst hätte ich dich nicht die ganzen Monate trotzdem immer wieder angerufen.«
Sie sehen sich schweigend über den Tisch hinweg an. Aber dieses Mal ist das Schweigen nicht unangenehm.
»Noch eine Frage.« Markie beugt sich vor und dies mal leuchtet in ihren Augen etwas von dem alten schelmischen Funkeln auf, das Willow so gut kennt. »Ist er einer der Gründe, warum du dich nicht gemeldet hast?« Sie nickt in Guys Richtung, der mit dem Rücken zu ihnen an der Theke steht. » Das würde ich nämlich vielleicht als Entschuldigung akzeptieren.«
»Nein, aber ich hab mich ziemlich oft gefragt, was du wohl von ihm halten würdest.« Willow beugt sich jetzt ebenfalls über den Tisch. Ihre Ellbogen berühren sich, und einen Moment lang fühlt es sich an, als wären sie nie getrennt gewesen.
»Er ist unglaublich süß.« Markie schaut noch einmal zu ihm rüber. »Seid ihr … Ich meine, seid ihr zusammen oder ist er nur ein Freund? Und wer ist er überhaupt?«
»Also …« Willow folgt Markies Blick. Wie soll sie ihr bloß erklären, was Guy für sie ist? Er ist viel mehr als nur ein Freund. Im eigentlichen Sinn zusammen sind sie aber auch nicht …
Dann sieht sie Markie direkt in die Augen an und sagt das Ehrlichste, das sie jemals zu jemanden gesagt hat: »Er ist jemand, der mich kennt und jemand, den ich kenne.«
»Okay.« Markie nickt nachdenklich. Offensichtlich ver steht sie, was Willow damit
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