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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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ihr bewusst wird, dass sie sich wie eine Erstklässlerin angehört hat, die ihm ihre Puppenstube zeigen will. »Eigentlich wollte ich damit sagen, dass ich oben noch ein paar Klamotten hab und wir uns was Trockenes anziehen können.«
    »Oh, cool.« Er nickt. »Ich bin mir nur nicht so ganz sicher, ob wir die gleiche Größe haben.«
    »Witzbold.« Sie muss lachen. »Von meinem Bruder sind auch noch ein paar Sachen hier. Komm.« Sie nimmt seine Hand und führt ihn die Treppe hinauf.
    »Wow. Du hast wirklich ziemlich viele Bücher«, sagt er, als sie ihr Zimmer betreten. »Aber ich hätte niemals gedacht, dass du auf schwarze Wände stehst.« Ohne ihre Hand loszulassen, geht er auf eines der Regale zu und studiert die Titel.
    »Ach so. Das war früher Davids Zimmer. Es war seine Idee, es schwarz zu streichen«, erklärt sie. »Ich hab es bloß so von ihm übernommen, als er auf die Uni ging. Jetzt schläft er in meinem alten Zimmer, wenn er zu Besuch ist.« Sie verstummt, als ihr bewusst wird, dass sie gerade im Präsens gesprochen hat.
    »Komm, wir holen dir ein paar trockene Sachen von ihm.« Sie zieht ihn durch den Flur und öffnet die Tür. »So, hier ist es.« Sie geht zur Kommode und fängt an, in einer der Schubladen zu wühlen. »Davon müsste dir eigentlich was passen«, murmelt sie stirnrunzelnd. »Ihr seid zumindest schon mal gleich groß … hier.« Sie wirft ihm ein Sweatshirt und eine ausgewaschene Jeans zu. »Tja dann … bis gleich … Ich … ähm … dann geh ich mich jetzt auch mal schnell umziehen.« Sie verlässt eilig den Raum, als Guy anfängt, sein Hemd aufzuknöpfen.
    Sobald sie in ihrem Zimmer ist, löst sie als Erstes ihren Zopf und kämmt sich mit den Fingern durch die Haare. Markies Bemerkung hat sie etwas verunsichert und außerdem trocknen sie so auch viel schneller. Sie öffnet ihren Kleiderschrank, um etwas Frisches zum Anziehen herauszusuchen. Erstaunt stellt sie fest, wie viele Klamotten sie besitzt, Sachen, die sie völlig vergessen hatte. Sie fragt sich, ob es David oder Cathy auffallen würde, wenn sie ein paar Teile mitnehmen würde und ob sie sie darauf ansprechen würden.
    Ob ich vielleicht ein Kleid anziehen soll?
    Sie streicht über die Röcke, die im Schrank hängen. Vielleicht würde der rote Guy gefallen …
    Sie schüttelt über sich selbst den Kopf. Schließlich ist sie nicht hier, um eine Modenschau zu veranstalten …
    Nur dass sie immer noch nicht weiß, warum sie überhaupt hier ist …
    »Wie sieht’s aus bei dir? Bist du fertig?« Guy klopft an die Tür.
    »Ähm … eine Sekunde noch. Ich bin gleich so weit.« Willow schält sich hastig aus ihren nassen Sachen, dann schlüpft sie in eine alte Jeans und zieht sich eine Bluse über. »Okay, komm rein«, ruft sie.
    »Wohin damit?«, fragt er, als er ins Zimmer kommt, und hält seine nassen Sachen hoch. »Hey! Du hast ja deine Haare ganz anders.«
    »Trocknen so schneller«, murmelt sie achselzuckend.
    »Das ist das erste Mal, dass ich sie offen sehe. Du hast echt wunderschöne Haare.«
    »Danke.« Willow spürt, wie sie errötet, dann sieht sie ihn an und bricht in Lachen aus. »Du und David, ihr seid vielleicht gleich groß, aber das war es dann auch schon an Ähnlichkeit.«
    »Wieso? Sehe ich irgendwie komisch aus in den Sachen?«
    »Überhaupt nicht, alles bestens. Höchstens, dass das Sweatshirt vielleicht ein bisschen eng sitzt.«
    »Hey, du hast es mir gegeben …«
    »Nein, wirklich. Du siehst toll aus.« Willow bekommt sich überhaupt nicht mehr ein vor Lachen. »Jedenfalls finde ich, dass du auf keinen Fall je mit dem Rudern aufhören solltest, selbst dann nicht, wenn du irgendwann mal doch als Anthropologe endest und reisen musst – pack dir auf jeden Fall ein paar Ruder ein.«
    »Haha«, macht Guy, aber sie sieht ihm an, dass er sich geschmeichelt fühlt.
    »Okay, weißt du was?« Sie deutet auf das Bündel nasser Kleidung, das er im Arm hält. »Wir stecken die Sachen einfach in den Trockner.« Sie sammelt ihre eigenen nassen Klamotten ein und bedeutet ihm dann, ihr zu folgen. »Komm mit, er ist im Keller.«
    Als sie durch das Haus gehen, fällt Willow wieder auf, wie merkwürdig unbelebt es sich anfühlt. Selbst jemand, der zum ersten Mal hier wäre und nichts von seiner Geschichte wüsste, würde instinktiv spüren, dass seine Bewohner nicht einfach nur in Urlaub gefahren sind. Es verharrt wie in stummer Trauer, als wüsste es um das Schicksal seiner Besitzer.
    Mitten auf der Kellertreppe bleibt Willow

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