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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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bewegen sich und hier bricht gleich ein Riesensturm los.« Er dreht ihr den Kopf zu. »Siehst du? Ich bin wie Prospero.«
    »Du bist überhaupt nicht wie Prospero!«, widerspricht Willow. »Im Gegenteil, du bist wie …«
    Du bist genau wie Ferdinand.
    Sie ist wie gefesselt von dieser Erkenntnis. Aber ja, das ist es. Er ist wie Ferdinand: Er ist der perfekte romantische Held. Sie erinnert sich an Mirandas Worte, als sie Ferdinand das erste Mal sieht:
    Oh schöne neue Welt, die solche Einwohner hat …
    Im Gegensatz zu Miranda lebt Willow tatsächlich in einer neuen Welt, und obwohl sie sich niemals freiwillig für sie entschieden hätte, ist sie erstaunt darüber, dass sie einen so unglaublichen Einwohner bereithält.
    »Also wenn du mich fragst«, reißt Guy sie aus ihren Gedanken, »dann fängt es wirklich gleich an zu regnen. Wir sollten lieber langsam aufbrechen. Es sei denn, du willst noch bleiben. Ist ziemlich aufregend, während eines Gewitters draußen zu sein. Du müsstest mal sehen, wie krass das aussieht, wenn die Blitze über den Fluss zucken.«
    »Nein«, sagt Willow schroff. »Ich hasse Regen.«
    »Was?!« Guy sieht ehrlich erschüttert aus. »Oje, das ist eine ziemlich wichtige Kategorie – Leute, die kapieren, wie großartig Regen ist, und die anderen, die sich einfach nur darüber aufregen. Bitte tu mir das nicht an, sag nicht, dass du keinen Regen magst.«
    »Früher hab ich den Regen geliebt.« Sie denkt an all die Nachmittage zu Hause zurück, in denen sie es sich am Fens ter mit einem Buch gemütlich gemacht hat, während der Regen gegen die Scheibe prasselte.
    »Und warum …«
    »In der Nacht hat es geregnet«, unterbricht sie ihn leise. »Eigentlich war es gar nicht vorausgesagt. Und es war nicht die Art von Regen, die du gerade beschrieben hast. Nein, es hat aus Kübeln geschüttet. Ich hab mich oft gefragt, was passiert wäre, wenn das Wetter nur ein kleines bisschen besser gewesen wäre.« Sie geht nicht weiter ins Detail, weil sie sich sicher ist, dass er weiß, von welcher Nacht sie spricht.
    »Warum bist du damals überhaupt gefahren?«, nimmt Guy den Faden auf. Er rückt etwas näher an sie heran und nimmt ihre Hand. »Das versteh ich nicht. Du hast mir erzählt, dass du nur den vorläufigen Führerschein hattest, und dazu noch das schreckliche Wetter – was war denn los?«
    »Was soll los gewesen sein? Meine Eltern hatten einfach Lust, ein bisschen was zu trinken.« Sie zieht die Schultern hoch. »Was ich getan habe, ist so schrecklich. Das kann ich niemals mehr … Gestern Abend, die … Auseinandersetzung mit meinem Bruder … Weißt du, wie es dazu gekommen ist? Wir haben auf dem Campus zufällig einen Freund von ihm getroffen. Irgendwann hat er David gefragt, wie es unseren Eltern geht und David hat es ihm einfach nicht erzählt. Er konnte es nicht. Er weigert sich, sich mit dem auseinanderzusetzen, was ich getan habe.«
    »Vielleicht wollte er dich beschützen und ist deswegen nicht auf die Frage eingegangen. Ich könnte mir vorstellen, dass er dich davor bewahren wollte, dass sein Freund irgendwelche schmerzhaften Fragen stellt«, entgegnet Guy.
    Sie sieht ihn schweigend an und denkt darüber nach, was er gesagt hat, aber dann schüttelt sie entschieden den Kopf.
    »Wir sollten langsam wirklich los«, sagt Guy, als die ersten Regentropfen fallen. Er steht auf und zieht sie mit sich hoch. »Willst du nach Hause, oder hast du vielleicht Lust, noch irgendwo was zu Mittag zu essen? Ich würde ja sagen, lass uns zu mir gehen, aber meine Mutter ist da und würde sich fragen, warum ich nicht in der Schule bin. Sie ist Malerin«, fügt er hinzu. »Deswegen arbeitet sie zu Hause.«
    »Ich hab noch keinen Hunger«, sagt Willow. »Und bis zu mir nach Hause ist es zu weit.« Der Regen wird immer stärker und sie laufen ein bisschen schneller.
    »Hey, weißt du, wo wir hingehen könnten?«, sagt Guy plötzlich. »Wir könnten …« Aber er beendet seinen Satz nicht, sondern schweigt betreten, während sie den Park verlassen und über die Straße eilen.
    Sie ist sich ziemlich sicher, dass sie weiß, was er vorschlagen wollte – es liegt praktisch auf der Hand. Es ist ein Ort ganz in der Nähe, der für Schüler kostenlos ist. Ein spannender Ort, der für sie leider voller Erinnerungen steckt.
    Er hat das Museum gemeint. Das, in dem er damals den Vortrag ihrer Eltern gehört hat und wo sie selbst schon unzählige Male war.
    »Du wolltest vorschlagen, ins Museum zu gehen, oder? Gute Idee,

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