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Bis wir uns wiedersehen (German Edition)

Bis wir uns wiedersehen (German Edition)

Titel: Bis wir uns wiedersehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Felbermayr
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nicht mehr miteinander. Charlie fand die Idee, Scarlett könnte ihn stalken, idiotisch. Als er in sein Büro kam, machte er seinen Computer an und googelte als erstes die amerikanische Stalkingstatistik aus dem Jahr 2011.

Seit dem Abend im Theater hatte Scarlett Charlie nicht mehr gesehen und mit jedem Tag, der verging, geriet er abermals mehr und mehr in Vergessenheit. Obwohl sie gerade nach dem Abend im Theater oft an Charlie gedacht hatte, war er mittlerweile schon beinahe wieder aus ihren Gedanken verschwunden. Es war, als wäre der Abend damals nur in ihrer Phantasie so wunderschön gewesen und mit den Tagen, die ins Land zogen, verwischten all die schönen Erinnerungen an die Stunden mit ihm. Sie hatte vergessen, wie das Parfum duftete, das er an jenem Abend getragen hatte, wie er um die Augen herum kaum merkliche Fältchen bekam, wenn er lächelte und auch die Blicke, die er ihr ab und an zugeworfen hatte, von denen sie dachte, dass sie nicht einfach nur Blicke waren, die man irgendjemandem schenkt, waren aus ihrem Gedächtnis verbannt. Sie konnte nachts wieder durchschlafen, ohne im Traum noch einmal den einen oder anderen Moment des Abends im Theater Revue passieren zu lassen. Einige Male hatte sie vergeblich versucht, ihn über das Internet ausfindig zu machen, doch nachdem die irrwitzige Google-Suche nach Charlie Manhattan unglaubliche 22.200.000 Treffer brachte, hatte sie resigniert aufgegeben, ohne auch nur einen der vorgeschlagenen Links anzuklicken. Vermutlich interpretierte sie in diesen Abend auch viel zuviel hinein. Sie hatte ein paar nette Stunden mit einem netten Kerl verbracht, den sie zufällig getroffen hatte, wie es vermutlich Millionen Menschen auf der Welt tagtäglich erging, wenn sie einen netten Sitznachbar in Bahn oder Flugzeug neben sich hatten. Von denen würde sich auch niemand die Mühe machen, im Internet nach seinem Gegenüber zu suchen, bloß weil man sich nett über Flugangst oder seinen nächsten Geschäftstermin unterhalten hatte. Er würde bestimmt auch kein Interesse an ihr zeigen, denn als sie sich verabschiedet hatten, hatte er weder nach ihrer Nummer noch nach einem Wiedersehen gefragt. Was auch seinen guten Grund hatte - die Kosmetikschul-Freundin. Wer weiß, ob es stimmte, dass er nicht richtig glücklich mit ihr war. Vielleicht hatte er das ja nur gesagt, damit Scarlett sich etwas wohler fühlte, einen Abend mit einem Typen zu verbringen, der eigentlich vergeben war.

Ihre Beziehung zu Jay lief so dahin, wie sie es schon die Monate zuvor getan hatte. Jay war fünfundneunzig Prozent der Zeit ein nörgelnder Griesgram und fünf Prozent der witzige Kerl, in den Scarlett sich einst verliebt hatte. Die fünf Prozent ließen sie hoffen, sie klammerte sich fest daran, und sagte sich immer wieder, dass Jay sich vermutlich nur in einem Tief befand. Vielleicht eine Quarterlife-Krise oder so. Die Begegnung mit Charlie hatte Scarlett zu Anfang ernsthaft darüber nachdenken lassen, mit Jay Schluss zu machen, doch Charles William Andrew Harrisoniehnnachdem die Tage nach und nach ins Land zogen und Charlie bald nicht mehr war, als ein vorbeihuschender Schatten in ihren Gedanken, war auch diese Idee bald in Vergessenheit geraten und sie lebte ihr gewohntes Leben mit Jay wie eh und je. Sagte sich, dass die Schlussmach-Gedanken nur daher rührten, weil sie nach so langer Zeit wieder einmal "verknallt" war. Weil sie diese besonderen ersten Momente erleben durfte, die man erlebt, wenn man jemand Neuen kennen lernt, zu dem man sich etwas hingezogen fühlt. Gut, glücklich war sie nicht mit Jay. Aber wer war schon glücklich.

Sie bog um die Ecke und traf Carrie, die gerade in Behandlungsraum 2 gehen wollte.

"Hey, hast du nachher Pause" fragte sie.
"Ja, dürfte nicht mehr lange dauern! Cafeteria? Sie haben heute dein geliebtes Tartufo als Nachtisch", entgegnete Carrie, nachdem sie einen Blick auf das Krankenblatt vor sich geworfen hatte.
"Klasse, das lass ich mir nicht entgehen. Ich bin am verhungern. Heut Morgen geht's zu wie im Taubenschlag!"
"Was hast du?" fragte Carrie, die bereits halb im Behandlungsraum 2 verschwunden war.
Scarlett blickte auf das Krankenblatt auf dem Klemmbrett in ihrem Arm und überflog es. "Männlich, 39 Jahre, Kreislaufzusammenbruch. Kommt grad vom Golf und dürfte wohl zu wenig getrunken haben oder so. Und du?"
"Männlich, 8 Jahre, Beinbruch beim Radfahren!"
"Dann sehen wir uns später", sagte Scarlett und öffnete die Tür von Behandlungsraum 5.

Das Zimmer war,

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