Bis zum bitteren Ende
bewußtlos in der Mitte eines Ritualkreises. Der Cyberzombie und das Drachenherz waren verschwunden, vollständig in den Astralraum oder auf die Metaebene gewechselt, wohin sie alle gegangen waren.
»Das ist gerade vor einer Minute geschehen«, sagte Jane. »Ich habe die Inputs der Cyberkameras von Axler und Grind zusammengeschnitten.«
Plötzlich zuckte Ryans Körper. Ein silbernes und kobaltblaues Leuchten ging von ihm aus, als schimmere kaltes Feuer auf seiner Haut. Dann zerriß seine Kleidung und fiel von ihm ab, als sein Körper sich verwandelte. Binnen weniger Augenblicke wurde seine Haut metallisch, und sein Kopf bekam die längliche Form eines Drachenmauls. Hörner wuchsen auf der Stirn und ragten aus den Mundwinkeln.
Flügel bildeten sich, und Schuppen glänzten blau und silbern, während sein Körperpanzer und seine Ausrüstung auf das Metalldach fielen. Ryan hatte die Gestalt eines kleinen Drachen angenommen.
Nadja verfolgte die Verwandlung voller Angst und zugleich Faszination.
Neben ihr bewegte sich etwas, und sie sah, daß Harlekin und Aina erwacht waren. Harlekin legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein und ganz langsam aus. Seine Schminke konnte nicht die dunkelvioletten Ringe unter seinen blutunterlaufenen grünen Augen, die hängenden Schultern und die Schmerzen verbergen, die ihm offenbar sogar der einfache Vorgang des Atmens bereitete.
Aina war in ähnlicher Verfassung. Ihr Kopf war ihr auf die Brust gesunken, als sei er zu schwer, um ihn anheben zu können. Ihr weißes Haar war zerzaust, und ihr Rolling-Stones-T-Shirt war schweißnaß. Nach einer Minute gelang es ihr, sich aufzurichten und sich anzusehen, was Nadja sich anschaute.
»Er ist ein Drako«, sagte Aina. »Das ist immer noch Ryan Mercury, aber er hat sich in seiner Drako-Form manifestiert.« Sie lachte müde.
Nadja betrachtete den Drako auf dem Bildschirm. Ryan? Dann, als das Wesen sich umdrehte, sah sie eine Nahaufnahme der Augen. Blaue Augen mit silbernen Sprenkeln. Wie oft hatte sie in diese Augen geschaut?
Sie liebte den Mann mit diesen Augen.
Ryan.
»Jane«, sagte Nadja. »Haben Sie gehört, was Aina gesagt hat?«
»Meinen Sie diesen Drek, Ryan hätte sich in seiner Drako-Form manifestiert?« Jane klang ungläubig.
»Es ist Ryan«, sagte Nadja. »Ich weiß nicht, wie das möglich ist, aber er ist es.«
»Das glaubt Axler auch«, sagte Jane. »Dhin ist unterwegs zu ihnen, um sie abzuholen.«
»Gut.«
Jane unterbrach die Verbindung, und der Bildschirm wurde dunkel.
»Das erhöhte Mananiveau ist dafür verantwortlich, daß er sich so früh manifestiert hat«, sagte Aina wiederum lachend. »Uns ist nie der Gedanke gekommen, daß die Drakos die Ebbe im Magieniveau überlebt haben könnten.«
Harlekin stand mit Fosters Hilfe auf. Er hielt sich den Rücken und streckte sich. »Die Drachen müssen sie in ihren Höhlen versteckt haben.«
Nadjas Blick irrte von einem zum anderen. Sie waren erschöpft, aber gesund. »Haben Sie gewonnen?« fragte sie. »Haben Sie es noch rechtzeitig zur Brücke geschafft?«
Harlekin nickte. »Ja, ich glaube schon.«
Aina lachte rauh. »Es war ziemlich knapp«, sagte sie. »Aber zur Abwechslung bin ich einmal mit dir einer Meinung, Caimbeul.«
Harlekin lächelte und wandte sich wieder an Nadja. »Ryan und sein Team haben Lethe rechtzeitig befreit. Talon hat sie auf die Metaebenen gebracht, und Lethe hat die Brücke mit dem Drachenherzen zerstört. Er setzte sein Werk immer noch an der anderen Seite fort, als er uns zurückgeschickt hat. Er war besorgt um unsere Gesundheit.
Außerdem haben wir alle Kreaturen Des Feindes getötet, die es auf die andere Seite geschafft haben - jedenfalls alle, die wir finden konnten. Ein oder zwei sind vielleicht entkommen, aber früher oder später werden sie irgendwo auftauchen, und dann können wir sie vernichten.«
Aina legte Nadja eine Hand auf die Schulter. »Ryan hatte Erfolg«, sagte sie. »Dunkelzahn hat ihn gut ausgewählt und hervorragend ausgebildet, und trotzdem hat er alle Erwartungen übertroffen.«
Nadja wandte sich zu der dunkelhäutigen Elfe um.
Die Linien der Erschöpfung hatten sich tief in ihr Gesicht gegraben, aber sie lächelte. Nadja nahm an, daß Aina nur selten Gelegenheit fand zu lächeln.
»Es ist merkwürdig«, sagte Aina, »aber dieses Erlebnis hat mir großes Zutrauen in Dunkelzahns Plan gegeben.«
Harlekin starrte sie mit offenem Mund an.
Aina musterte ihn mit zu Schlitzen verengten Augen, aber sie lächelte
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