Bis zum bitteren Tod (German Edition)
vorhersehbar.
Carla war mit viel Tollkühnheit und einigem Glück durchs Netz geschlüpft. Jimmy, mit vielen Fakten bewaffnet, aber ohne sicheres Wissen, gelang es nicht, sich an ihre Fersen zu heften. Es gab einfach zu viele Lücken.
Das andere Problem war: Niemand war von seiner Einschätzung der Lage sonderlich beeindruckt. Wie der Admiral selbst schien keiner auch nur einen Augenblick lang ernsthaft zu glauben, dass die verschwundene Barfrau eine Art moderne Mata Hari war. Alle waren ihm gegenüber höflich. Aber niemand war wirklich überzeugt, dass von der Frau, die mit nur einem Ziel nach Brockhurst gereist war, eine Gefahr ausging.
Was Jimmy am härtesten zu schaffen machte, war die Tatsache, dass Carla Martin ganz offensichtlich ihre Mission erfolgreich zu Ende gebracht hatte. In nur wenigen Tagen hatte sie sich mit Arnolds Schwiegermutter angefreundet und nahezu auf die Stunde genau den Zeitpunkt des Abflugs, den Zielort und den Namen des Hotels herausgefunden. Der australische Lieutenant Commander wäre an diesem nicht besonders produktiven Morgen auch nicht überrascht gewesen, hätte Carla oder wer zum Teufel sie sein mochte auch noch die Zimmernummer oder Arnies Frühstücksbestellung aufgeschnappt – damit dann so ein verfluchter Terrorist reinmarschieren und die Spiegeleier vergiften kann.
Das alles reichte bereits locker aus, um seine Antennen in Schwingungen zu versetzen. Entscheidend dazu kam aber noch die Präzision, mit der »Carla« ihren Abgang geplant hatte. Sie hatte alles verschwinden lassen, was einen Hinweis auf sie hätte liefern können, hatte unbemerkt ihre persönlichen Dinge aus dem Hotel geholt, hatte die Wohnung unter einem anderen Namen gemietet und dafür Tausende Dollar bezahlt. Und nichts zurückgelassen. Sie hatte keinen Wagen gehabt, anscheinend aber einen Chauffeur, der 24 Stunden am Tag für sie dagewesen war: einen Chauffeur, den jemand bezahlen musste, mit Geld, das sie als Barfrau nicht verdienen konnte … ganz zu schweigen von diesem verdammten Dolch, auf dessen Schneide auf Arabisch »Syrien« eingeprägt war.
Jimmys Auflistung der Fakten klang für ihn recht überzeugend. Erwähnte er sie jedoch gegenüber einem anderen, schien einiges doch weit hergeholt zu sein. Im Grunde waren es viele Kleinigkeiten, denen die große Klammer fehlte, die unzweideutige Tatsache, die alles zusammengehalten hätte. Am Telefon spürte er regelrecht, wie sich seine Gesprächspartner mit jeder Minute mehr langweilten und sich im Stillen dachten: »Nun hör endlich auf damit, Jim, dem Admiral wird schon nichts passieren. Ist doch alles ein bisschen überzogen, daraus einen Attentatsversuch auf Admiral Morgan herauslesen zu wollen.«
Lt. Commander James Ramshawe wusste es besser. Oder glaubte zumindest, es besser zu wissen. Er überprüfte die Flugpläne von Washington nach London am Montagabend, den 30. Juli. Arnie und Kathy würden erster Klasse mit einer US-Airline fliegen. Der Flug war von der zuständigen Abteilung des Weißen Hauses arrangiert worden, daher kam eigentlich nur American Airlines in Betracht, deren Maschine um 21.12 Uhr starten und gegen 8.30 Uhr in Heathrow landen würde. Gegen 10.15 Uhr am Dienstagmorgen würden sie im Ritz sein. Dank »Carla« würde jede nahöstliche Terrororganisation das jetzt ebenso wissen wie er.
Er hatte bereits den Secret Service veranlasst, in der Londoner Botschaft anzurufen und dafür zu sorgen, dass dem Admiral immer ein gepanzerter Wagen zur Verfügung gestellt wurde. Er hatte um weitere Agenten gebeten, er hatte das FBI angewiesen, Scotland Yard darüber zu informieren, dass mit einem Anschlag auf Arnie zu rechnen sei, er hatte die CIA aufgescheucht und sie gebeten, die britischen Geheimdienste MI-5 und MI-6 zu informieren, damit alle in Alarmbereitschaft waren.
Trotzdem war er besorgt. Er brauchte einen Bodyguard für Arnold Morgan, einen erfahrenen Mann, der die Sache als genauso prekär und gefährlich einschätzte wie er selbst. Aber er kannte keinen solchen Mitarbeiter, keinen, der alles hätte stehen und liegen lassen können, um mit Arnie und Kathy nach London zu fliegen. Die Personallage war viel zu angespannt, auch das Militär würde nicht aushelfen können. Alle waren damit beschäftigt, die verdammten Aufständischen im Irak, Iran und in Afghanistan zu jagen.
Aber er würde nicht aufgeben. Unter allen hochrangigen Beamten in Regierungskreisen war ihm allein bewusst, dass »Carla« ihren Job gemacht hatte. Dass etwas
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