Bis zum bitteren Tod (German Edition)
grüne Landschaft Irlands und fragte sich, ob sie jemals wieder hierherkommen würde.
16.00 Uhr, Samstag, 14. Juli
Nordatlantik
Die Kilo , wie gewöhnlich auf Schnorchelfahrt, befand sich etwa 500 Seemeilen südlich des Mizen Head. Die Fahrt war ohne Zwischenfälle verlaufen. Niemand schien an ihnen interessiert zu sein. Sie trafen auf kein einziges Kriegsschiff und begegneten nur einem Öltanker von der Länge des Suezkanals, der nach Norden pflügte und genug Rohöl geladen hatte, um das Tote Meer damit zu füllen.
Noch immer machten sie durchschnittlich zwölf Knoten, sie würden nur noch einen Zwischenspurt einlegen müssen, bevor sie Ravi irgendwo vor Crookhaven an Land setzten. General Rashuds Niedergeschlagenheit hielt weiterhin an, noch immer machte er sich große Sorgen um Shakira. Jedes Mal, wenn per Satellit Nachrichten von zu Hause eintrafen, fürchtete er, schlechte Neuigkeiten zu hören. Was bei solchen Geheimoperationen natürlich unwahrscheinlich war. Aber jedes Mal, wenn nichts kam, war Ravi innerlich erleichtert. Er war überzeugt, die Hamas würde ihn informieren, falls Shakira gefangengenommen worden wäre.
Keine Neuigkeiten waren gute Neuigkeiten. Es bedeutete, dass Shakira es nach Irland geschafft hatte. In 30 Stunden, erwartete er, würde auch er an Land gesetzt werden. Dann musste er sich nur noch nach Dublin durchschlagen. Trotz der Anspannung an Bord waren Ravi und Kapitän Abad zu guten Freunden geworden. Mohammed Abad war überzeugter Islamist, dessen Familie aus der alten Hauptstadt Shiraz südlich des Zagrosgebirges stammte.
Er war seit zehn Jahren U-Boot-Fahrer und galt mittlerweile als der beste der gesamten iranischen Marine. Nachdem er die unvermeidlichen Regimewechsel überlebt hatte, war seine Position mittlerweile so gefestigt, dass er in weiten Kreisen als zukünftiger Admiral gehandelt wurde. Ravi, der ihn erst an Bord kennengelernt hatte, war tief beeindruckt, wie er die Begegnung mit dem US-Boot im Mittelmeer gemeistert hatte.
Wie Ravi war der 34 Jahre alte Kapitän mit einer jüngeren Frau verheiratet, die laut den Fotos, die er dem General gezeigt hatte, ebenso schön war wie Shakira. Gut, fast so schön. Meist sprach er mit leiser Stimme, aber seine Untergebenen hörten ihm zu. Schließlich hatte er die monatelange U-Boot-Ausbildung in Russland durchlaufen.
Er war der erfahrenste Unterwasser-Kommandant der iranischen Marine, Experte auf den Gebieten der Navigation, Hydrologie, Elektronik, Mechanik und der Waffensysteme. Beim geringsten Problem an Bord wandte sich die Mannschaft an den Kommandanten, der das Innenleben seines Bootes besser kannte als jeder andere.
Mohammed Abad gehörte zur neuen Riege der islamischen Dschihadisten, Männer, die fast ebenso kompetent waren wie die besten Amerikaner oder Briten. Sie glaubten an das Recht ihres Staates auf Unabhängigkeit vom Westen und waren bereit, dafür zu kämpfen. Ein Vierteljahrhundert zuvor hatte es solche Männer nicht gegeben. Aber die Staaten im Nahen Osten lernten und wandten Milliarden für deren Ausbildung auf. Es wimmelte nur so von jungen, brillanten militärischen Führungskräften, Strategen zu Wasser und zu Land. Und zwei davon befanden sich an Bord dieser Kilo 901.
Es war Mitternacht. Ravi und Mohammed saßen im Steuerraum und tranken gesüßten Tee. Der U-Boot-Kommandant wusste, dass Fragen zum bevorstehenden Einsatz überflüssig waren, seine Bedeutung aber – das Absetzen des bekanntesten Hamas-Terroristen in einem öden Hafen in einer der abgelegensten Ecken der britischen Inseln – war ihm natürlich nicht verborgen geblieben.
Was immer hier vor sich ging, es musste eminent wichtig sein. So viel war Mohammed klar. An diesem Abend, als sie sich dem Ende ihrer langen gemeinsamen Reise näherten, bohrte er doch ein wenig nach. »Werden Sie allein arbeiten, Sir?«, fragte er.
»Ja«, erwiderte Ravi. »Es steht nur eine Aufgabe an, bei der mir niemand helfen kann. Außerdem erregt man allein weniger Aufmerksamkeit.«
»Werde ich Sie auch wieder aufnehmen, Sir? Ich habe bislang keine Befehle. Aber es hat mich auch niemand aufgefordert, nach Hause zurückzukehren.«
Ravi lächelte. »Wie ich wieder wegkomme, ist noch nicht raus. Mal sehen, wie sich alles entwickelt.«
»Nun, Sir, ich werde jedenfalls da sein, wenn Sie mich brauchen. Und das werden Sie, denke ich. Es ist sehr ungewöhnlich, zu einem so späten Zeitpunkt einer Mission noch keine Befehle erhalten zu haben. Ich habe das
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