Bis zum bitteren Tod (German Edition)
beiden blieben zurück bei den jungen Frauen an der Ticketkontrolle, sahen ihnen über die Schulter und ließen ihren Blick über die vorgezeigten Pässe schweifen. Erst als sich alle an Bord befanden, nahmen auch diese beiden Schwergewichte ihre Plätze am Gang gegenüber von Arnold und Kathy ein.
Ahmed wartete, bis die Türen sich geschlossen hatten, dann ging er zu einer Aussichtsstelle, von der aus er den Start der Maschine beobachten konnte. Er sah, wie sich die Boeing 747 vom Flugsteig entfernte und ans Ende der Rollbahn fuhr.
Zehn Minuten später sah er sie erneut; sie raste über die Startbahn und hob vor dem spätnachmittäglichen Himmel ab. Er zückte sein Handy und wählte eine Londoner Nummer. Als sich der Militärattaché in der syrischen Botschaft meldete, sagte er nur: AA163 um 1846 gestartet. Vier Schränke beim Seebären.
1.00 Uhr, Dienstag, 31. Juli
Dover Street, London
Ravis Handy in der Trainingshose vibrierte. Er zog es heraus und meldete sich. Eine Stimme sagte: »Sie sind gestartet, 1846, vier Agenten mit an Bord. Geplante Ankunft in Heathrow 0626.« Die Leitung war tot. Der Hamas-Kommandeur beschloss, etwas zu essen. Alles schien nach Plan zu laufen.
Auch in Amerika war alles nach Plan gelaufen. Kathy Morgan hatte wie versprochen Kipper bei ihrer Mutter in Brockhurst abgeliefert, und der quirlige King-Charles-Spaniel hatte sich dort Arnolds Beschreibung als äußerst würdig erwiesen. Er stürmte durch die Eingangstür, fiel voller Freude über seinen alten Kumpel Charlie her und fegte dabei Emilys sorgfältig hergerichtetes Tablett – samt Tassen, Untertassen, Milch, Zucker, kochend heißer Kaffeekanne und den Keksen – vom Tisch, worauf sich alles über den Wohnzimmerboden verteilte. Wie Arnold gesagt hatte: Dieser Hund ist noch blöder als ein gottverdammtes Schaf.
Kathy war trotzdem noch rechtzeitig am Flughafen gewesen, und nun musste Ravi nur auf das Eintreffen der Morgans und anschließend auf ihren ersten Einkaufsbummel warten. Dann würde alles schnell vorbei sein.
Ravi streifte seine Autohandschuhe über, damit er an der Thermoskanne, die er nicht mitnehmen würde, keine Fingerabdrücke hinterließ. Bedächtig aß er einige Hühnchen-Sandwiches und trank Kaffee aus der großen Kappe der Thermoskanne.
Die Stunden vergingen. Alle fünfzehn Minuten drang der Glockenschlag von Big Ben durch die stille Nacht, zu jeder Stunde ertönte die gewaltige Glocke. Zwei Uhr, drei Uhr, vier Uhr – dann, Viertel vor fünf, kam etwas Unruhe auf.
Ravi schlief noch halb, als er plötzlich den schrillen Ton einer Polizeisirene vernahm – zweier Polizeisirenen. Er spähte durch die geschlossene Jalousie. In den Schaufenstern spiegelte sich das blinkende Blaulicht. Soweit er erkennen konnte, war auf jeder Seite der Dover Street zur Piccadilly hin, genau vor dem Eingang zu seinem Gebäude, ein Streifenwagen geparkt.
Leute kamen ins Gebäude. Er stopfte die Reste seines Essens, die beiden Sandwiches und die Thermoskanne in die Sporttasche, schob seinen Aktenkoffer in die große mittlere Schublade des Schreibtisches und stellte sich hinter die verschlossene Bürotür.
Er hörte einen dumpfen Schlag, als die Eingangstür vor den gläsernen Schwingtüren zugeschlagen wurde. Ein Geräusch, das er schon zigmal gehört haben musste, das jetzt aber erstaunlich laut klang. Dann waren auf den unteren Stockwerken gedämpfte Schritte zu vernehmen, Stimmen, Rufe, die immer näher kamen.
Dann war fast unmittelbar vor seinem Büro Reggies Stimme zu hören. »Hier ist keiner, Jungs, das könnt ihr mir glauben. Don hat das Gebäude überprüft, bevor er gegangen ist«, fügte er hinzu. Was natürlich dreist gelogen war. Keiner der Türsteher überprüfte bei Dienstschluss das Gebäude.
Weiteres Klopfen. Die Polizisten, nahm Ravi an, pochten an jede Bürotür. Polizei! Jemand hier?, war zu hören. Dazwischen Reggie, der irgendeinen Namen rief: Mr. Marks, hier ist Reggie, wir überprüfen nur das Gebäude … Sie müssen sich keine Sorgen machen.
Die Schritte kamen näher, schließlich, kurz nach fünf Uhr, wurde dreimal laut an Ravis Tür geklopft. Der Terrorist drückte sich an die Wand.
Jemand da? Polizei!
Ravi hätte sich auch anders entscheiden, er hätte die Tür offen und das Licht brennen lassen und sich zur Arbeit an den Schreibtisch setzen können. Aber dann hätten sie gewusst, dass er die ganze Nacht hier gewesen war. Und das wäre nicht so gut gewesen. Er wollte es darauf ankommen
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