Bis zum bitteren Tod (German Edition)
lassen und hoffte, die Polizisten würden das Gebäude zwar durchsuchen, aber nicht jede Tür öffnen.
Er hörte sie gegen die Tür nebenan pochen. Er hörte sie die Toilette betreten, wo er sich vier Stunden zuvor rasiert hatte. Dann hörte er sie zum nächsten Stockwerk hinaufgehen. Er sah auf seine Uhr. Es war 5.16 Uhr. Zum millionsten Mal in dieser Nacht dachte er an den Admiral. Noch 70 Minuten bis zur Landung, das hieß, er war jetzt irgendwo über Irland.
Noch immer hörte er Schritte über sich, schließlich kamen sie wieder die Treppe herunter. Er hörte Reggie sagen: »Ich hab euch doch gleich gesagt, dass hier keiner ist. Trotzdem, gut, wenn ihr eure Jungs in Position bringt.«
»Danke fürs Kommen, Reggie«, war noch zu hören, während die Schritte sich nach unten entfernten.
»Ihr könnt mich jederzeit morgens mit dem Streifenwagen abholen, Kumpel«, kam darauf die Erwiderung des Türstehers. »Nur meinen dann die verdammten Nachbarn, ich müsste ins Kittchen.«
Die Schritte verstummten. Nur ein Gedanke ging dem Ex-SAS-Major durch den Kopf: Es waren weniger Personen die Treppe heruntergekommen als hochgestiegen. Irgendwo über ihm hatte die Polizei also zwei oder drei Leute postiert. Völlig regungslos verharrte er und wartete auf weitere Schritte auf der Treppe. Nichts.
Er versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken. Es gelang ihm nicht. Mindestens zwei, wahrscheinlich sogar drei Londoner Polizisten, vermutlich Scharfschützen, befanden sich auf dem Dach des Gebäudes und überwachten den Haupteingang des Ritz, hielten Ausschau nach einem plötzlich auftauchenden Attentäter, der vielleicht aus der Menge stürmte und einen Schuss auf Admiral Morgan abgab, so wie es der verrückte John Hinckley 1981 vor dem Hilton in Washington bei Präsident Reagan getan hatte.
In der Tat hatte Scotland Yard Scharfschützen auf den Dächern aller Gebäude platziert, von denen man einen Blick auf den Haupteingang des Ritz hatte. Nicht unbedingt SWAT-Teams mit schweren Maschinengewehren und Raketenwerfern, die in der Lage gewesen wären, Angriffe aus der Luft zurückzuschlagen. Aber es waren hervorragende Polizei-Scharfschützen, die kaum ihr Ziel verfehlen würden.
Lt. Commander Ramshawe hatte die Sicherheitsbehörden gerade genug aufgescheucht, um dem Admiral die höchste Sicherheitsstufe zuteilwerden zu lassen. Jimmys Meinung nach würde das aber nie und nimmer reichen, um einen internationalen Top-Terroristen aufzuhalten, der es auf den besten Freund des amerikanischen Präsidenten abgesehen hatte.
Im Bürogebäude an der Dover Street kehrte wieder Ruhe ein. Big Ben schlug sechs Mal. Ravi holte aus seinem Lederkoffer das Zielfernrohr und richtete es auf die Eingangstreppe zum Ritz, starrte durch das Fadenkreuz und rief sich das Ausmaß seiner bevorstehenden Aufgabe ins Gedächtnis.
Die Transatlantik-Passagierjets befanden sich allmählich im Anflug auf London. Wenn Ravi nach Süden aus dem Fenster sah, konnte er sie erkennen – dort drehten sie über Ostlondon scharf ein, folgten dann dem Südufer der Themse hinaus nach Hammersmith, Chiswick und nach Heathrow, direkt gegen den vorherrschenden Südwestwind.
Die aufgehende Sonne glitzerte auf den Rümpfen der anfliegenden Maschinen, die nacheinander auf dem verkehrsreichsten Flugplatz der Welt niedergingen. Northwest Airlines, Air Canada, British Airways, Delta, Virgin, American – der Reihe nach kamen sie herunter. Ravi versuchte Flug AA163 zu entdecken; um 6.15 Uhr glaubte er, den Rumpf einer großen Boeing 747 in den Sonnenstrahlen glitzern zu sehen.
Dann vibrierte sein Handy, und ihm wurden nur zwei Wörter übermittelt: »American gelandet.«
Nur eine halbe Stunde später, um 6.45 Uhr, vibrierte das Handy erneut. »Seebär und Schränke. Zwei US-Botschaftswagen plus zwei Streifenwagen haben Terminal 3 verlassen.«
Der Mann der syrischen Botschaft wusste nicht, dass auf dem Zubringer zum M4 vier Polizei-Motorräder zu dem Korso gestoßen waren.
Die Kolonne bestand also aus zwei Motorrädern, die, Seite an Seite, die Spitze bildeten; dahinter ein Streifenwagen mit vier bewaffneten Beamten der Metropolitan Police; dann der erste Wagen der US-Botschaft mit dem Admiral und Kathy sowie zwei bewaffneten CIA-Männern auf den Vordersitzen; darauf der zweite Botschaftswagen mit Arnolds drei bewaffneten Secret-Service-Agenten und dem neuen Mann, George Kallan; dann der zweite Streifenwagen mit vier weiteren bewaffneten Polizisten; und schließlich
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