Bis zum bitteren Tod (German Edition)
werde.
Außerdem erzählte er von der Leiter und dass er sie möglicherweise nach Einbruch der Dunkelheit benutzen könnte.
»Ich weiß nicht recht«, erwiderte der Colonel. »Was, wenn du erwischt wirst?«
»Dann werde ich wohl jemanden umbringen müssen«, sagte Avraham und zuckte mit den Achseln.
»Auf keinen Fall«, sagte Ben. »Das Letzte, was wir brauchen, sind polizeiliche Mordermittlungen in der Straße hinter Rashuds Haus.«
»Daran hab ich nicht gedacht«, erwiderte der Mossad-Killer betrübt. Aber dann erhellte sich seine Miene. »Ben, die Hintertür wird nie benutzt. Ganz sicher. Es gibt also nur einen Eingang, nämlich vorn.«
»Genau damit beschäftigen wir uns. Danke, Avraham. In der nächsten Stunde sollten wir mehr erfahren.«
Genau in diesem Augenblick öffnete sich die Vordertür des großen Hauses in der Bab-Touma-Straße, und ins helle Morgenlicht trat General Ravi Rashud, gefolgt von seiner Gattin Shakira und einem Leibwächter mit einer AK-47-Kalaschnikow. Ben Joel sah auf die Fotos, die sie zur Identifizierung bei sich hatten: zwei ziemlich gute amerikanische Aufnahmen von Ravi auf einem hohen Felsen der Kanarischen Inseln sowie einen hochwertigen Abzug von Major Ray Kerman, der vom britischen SAS widerwillig zur Verfügung gestellt worden war.
Es passte, kein Zweifel. Der Mann, der gerade das Haus verließ, war General Ravi Rashud, der Oberbefehlshaber der Hamas. Die Frau, die ihn begleitete, war seine Ehefrau. Die Beschreibung ihres Agenten vor Ort traf exakt auf sie zu. Sie war groß, dunkelhaarig und von außergewöhnlicher Schönheit.
Es war neun Uhr, die Temperatur lag bei kühlen 15 Grad. Der General war westlich gekleidet, er trug Jeans, ein weißes Hemd und eine braune Wildlederjacke. Shakira trug ebenfalls ausgewaschene Jeans mit hohen schwarzen Stiefeln, eine blaue Bluse und eine Lederjacke. Ben Joel griff zur Kamera, drückte auf den Teleobjektiv-Knopf und machte vier Nahaufnahmen vom Hamas-Terroristen und seiner Frau.
Die Männer vom Mossad sahen, wie der Leibwächter zurücktrat und auf einer weißen Bank rechts von der Eingangstür seinen Posten bezog. General Rashud und seine Frau gingen allein die Treppe hinunter und bogen in Richtung Via Recta ab.
Ben Joel interessierte es nicht, wohin sie gingen. Er wollte nur wissen, um wie viel Uhr sie gingen, um wie viel Uhr sie zurückkehrten und wo sich in dieser Zeit die Wachen im Haus aufhielten. Noch während Ravi und Shakira noch in Sichtweite waren, trat eine zweite Wache aus dem Haus und ließ sich auf der anderen Türseite nieder. Ben fotografierte beide Männer, die sich unterhielten und rauchten und deren Kalaschnikows an der Wand lehnten.
Es waren die Sechs-Uhr-Wachen, die in dem Raum vorn ihren Dienst begonnen und dann um neun Uhr ihren Posten vor dem Haus bezogen hatten. Gegen Mittag kehrten Ravi und seine Frau mit Zeitungen unter dem Arm zurück.
Sie verschwanden im Haus. Kurz darauf fand der nächste Wachwechsel statt. Zwei junge Männer kamen vom nördlichen Ende der Straße. Die beiden an der Tür überreichten ihnen ihre AK-47 und gingen. Die Neuankömmlinge setzten sich. Nach Ben Joels Mutmaßungen sollten sich jetzt eigentlich keine weiteren Wachen mehr im Haus aufhalten.
Davon abgesehen, dass einige Male eine der Wachen im Haus verschwand, änderte sich an dieser Konstellation nichts bis 18.00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt erschienen vier neue Leibwächter; die anderen beiden gingen, und die Nachtwache trat ihren Dienst an.
Colonel Ben Joel schlief während des Nachmittags. Bei Anbruch der Nacht stand ihm alles klar vor Augen: Die vier Neuankömmlinge übernahmen den nächtlichen Wachdienst und wechselten sich mit Schlafen und Essen ab. Die Fotos auf dem Computer stimmten überein. Die beiden Männer, die er um sechs Uhr das Haus hatte verlassen sehen, waren dieselben, die nun durch den Vordereingang verschwanden. Die anderen blieben draußen in der warmen Luft und dem letzten Tageslicht.
Viel hing davon ab, wie General Rashuds Pläne für den Abend aussahen. Wenn er zum Essen ausging, mussten die beiden Wachen vor seiner Rückkehr unbemerkt getötet und versteckt und der Sprengsatz im vorderen Raum platziert werden. Sollte Ravi nicht ausgehen, würden sie irgendwie die Wachen ausschalten und dann – so Colonel Rabins Worte – das ganze verdammte Gebäude in die Luft jagen. Ohne Überlebende.
Wie der Zufall es wollte, speiste General Rashud jeden Abend auswärts, entweder mit Shakira oder zusammen mit
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