Bis zum bitteren Tod (German Edition)
Wahl. Und jetzt hauen wir von hier ab – für immer.«
KAPITEL SECHS
Fausi fuhr Richtung Norden, verließ Brockhurst und bog auf die Route 17 ein. Es war eine warme, wolkenverhangene Nacht mit nur wenig Verkehr. Sie fuhren die gesamte Strecke mit mehr als 130 Stundenkilometern, nachdem Shakira meinte, eine Anzeige wegen überhöhter Geschwindigkeit sei einer Verhaftung wegen Mordes vorzuziehen.
Vor den Chesapeake Heights stieg sie an der Straße aus und ging die 150 Meter zu Fuß zum Eingang des Gebäudes, huschte an Fred, dem Hauswart, vorbei, damit er ihren zerzausten Anblick nicht mitbekam, und nahm unverzüglich den Aufzug zu ihrem Apartment.
Drinnen warf sie ihren Koffer aufs Bett und schlug ihn auf. Hektisch kramte sie Kleider, Schuhe, Toilettenartikel und alle anderen Besitztümer zusammen. Sie wechselte die Bluse, klappte den Koffer zu und zog eine Jeansjacke an.
Sie sah in jeder Schublade, unter dem Bett, in der Küche und im Badezimmer nach. Während ihres Aufenthalts hatte sie darauf geachtet, nichts anzuschaffen. Sie zog die Bettlaken und die Kopfkissen ab, nahm zwei feuchte Handtücher, die Geschirrhandtücher und eilte zur Müllklappe, in die die Bewohner alles werfen konnten, was sie nicht mehr benötigten. Alles, woran DNS-Proben von ihr haften könnten, warf sie in den Schacht. Sie wollte die Wohnung nur mit dem verlassen, was sie mitgebracht hatte.
Mit dem Handy ging sie daraufhin auf den Balkon und wählte die Nummer des Hauses in Gaza. Niemand meldete sich. Das erwartete sie auch nicht. Sie hinterließ eine kurze Nachricht. Umgehende Evakuierung. Handy ist an.
Daraufhin wählte sie eine amerikanische Nummer, ließ es aber nur zweimal klingeln. Unten fuhr Fausi vor, die Scheinwerfer hatte er ausgeschaltet, und parkte im Schatten, so dass der Wagen kaum zu sehen war.
Dann ging er um das Gebäude herum, suchte sich einen teuren Lincoln Continental, hob einen Felsbrocken vom Steingarten auf und schleuderte ihn durch die Windschutzscheibe.
Sofort gellte die Alarmanlage über den verlassenen Parkplatz. Fausi rannte zurück zu seinem Wagen, stürzte in seiner Chauffeursuniform durch die Tür ins Gebäude und rief in den kleinen Vorraum, in dem Fred vor dem Fernseher saß.
»Entschuldigen Sie, Sir, ich glaub, zwei Typen haben gerade einen Wagen aufgebrochen. Ich hab was krachen hören, dann sind sie an mir vorbeigelaufen. Und dann ist die Alarmanlage losgegangen. Irgendwas stimmt da nicht.«
Fred, ein untersetzter ehemaliger Green Beret, fuhr wie der Blitz von seinem Stuhl hoch. Das würde sich für ihn, einen professionellen Wachmann, gar nicht gut machen. »Danke, Kumpel«, rief er und raste durchs Foyer. »Bin schon unterwegs.«
Der Hauswart rannte nach draußen und folgte dem Schrillen der Alarmanlage. Währenddessen ging die Aufzugstür auf. Fausi bedeutete Shakira herauszukommen. Langsam durchquerte sie das Foyer, hielt ihr Gesicht mit einer Ausgabe der American Vogue bedeckt und schlurfte leicht nach vorn gebeugt wie eine alte Frau.
Draußen ergriff Fausi ihren Koffer, die beiden eilten durch den Schatten zum Buick, dessen Motor kaum zu hören war. Fausi schob den Koffer auf den Beifahrersitz, während sich Shakira flach auf die Rückbank legte.
Ohne Scheinwerferlichter brauste der schwarze Wagen über die Anfahrt davon, bog in Richtung Route 17 ab und raste kurz darauf über den Highway. Niemand in Chesapeake Heights, schon gar nicht der Hauswart, hatte mitbekommen, dass Carla Martin nicht mehr hier wohnte.
Es war mittlerweile fast Mitternacht. Emily Gallagher in Brockhurst genoss ihren tiefen Schlaf, beruhigt von der Aussicht, dass sich Carla am nächsten Morgen um Charlie kümmern würde. Jim Caborn saß vor dem Fernseher, zufrieden über die Tüchtigkeit seiner neuen Barfrau. Und aus dem noch nicht entdeckten Leichnam von Matt Barker im Schatten des Hotelparkplatzes sickerte lautlos das Blut.
Um ein Uhr morgens stießen sie auf die Interstate 95, den endlosen Highway, der die gesamte Ostküste der Vereinigten Staaten von Nord nach Süd durchmaß. Sie fuhren weiter Richtung Norden.
»Okay«, fragte Fausi, »wo soll’s hingehen, Shakira? Washington Dulles, Philly oder New York?«
»Boston«, sagte sie.
»Wow!«, entgegnete Fausi. »Das dauert noch mal acht Stunden. Eine lange Strecke. Ich nehme an, du meinst nonstop?«
»Auf jeden Fall«, sagte sie. »Und du verstehst sicherlich, dass im Moment dieser Wagen mein bester Freund ist. Mit jedem Kilometer, den wir
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