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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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beherrschte mich.
    »Okay«, fügte ich mich mühsam. »Aber vielleicht schaffst du es ja, neben deiner absorbierenden Tätigkeit die eine oder andere Frage zu beantworten. Ist dir gestern Abend hier ein Typ aufgefallen, schmächtig, blond, große Augen? Ich wüsste gern, ob und mit wem er geredet hat.« Der Blasse nahm ein Paar Kopfhörer hoch, hielt sie sich ans Ohr und lauschte versonnen. Er ließ mit keiner Miene erkennen, ob er meine Frage verstanden oder überhaupt wahrgenommen hatte.
    Okay, dachte ich, also bringen wir ihm erst ’ne Platzwunde bei und dann fragen wir noch mal, doch eine Stimme hinter mir ließ mich den Griff ums Kristall ein weiteres Mal lockern.
    »Na«, fragte sie in gekünsteltem Sopran, »ist ihm sein Betthase enthoppelt, dem großen, dunklen Mann?«
    Es war die Stimme des Kellners, eines Neo-Glamrock-Punks oder wie auch immer. Er stolzierte hinter mir vorbei auf vor Pailletten funkelnden Plateauschuhen, und ich wartete, bis er seinen kleinen Arsch hinter die Theke gewackelt hatte. Er trug einen blondgefärbten Irokesen, ein offenbar von einem Dreijährigen entliehenes T-Shirt und eine Schlangenleder-Hüfthose, die vorn runtergezogen war bis zum Schwanzansatz und hinten aus dem richtigen Blickwinkel wahrscheinlich freien Blick auf sein Spundloch gewährte. Zwischen der tiefsitzenden Hose und dem knapp unterhalb der Brustwarzen endenen Shirt zeigte er viel straffe, haarlose Haut.
    Er unterzog mich einer Einmal-rauf-und-runter-Prüfung und gönnte mir dann einen Augenaufschlag voll Selbstzufriedenheit, der besagte: »Ich bin jünger, dünner und ungefähr hundertmal attraktiver als du.«
    Ich gab ihm einen stumpfen Blick zurück, der kurz und knapp entgegnete: »Dafür bin ich ein Mann.«
    »Was zu trinken?«, fragte er, und ich nickte. Noch bevor ich einen Wunsch äußern konnte, hatte er mir schon ein Glas gefüllt.
    »Hier«, flötete er und stellte – von allen Getränken dieser Welt – ausgerechnet so einen blassbraunen Damenkränzchen-Wangenröter vor mich hin. »Aufs Haus. Ein smarter Drink für den smarten Smart-Fahrer.«
    Ich vermied jeden Ausdruck, blickte nur einmal runter auf das schleimige Getränk, dann wieder hoch und sagte: »Baileys? Aber wohl kaum. ’n Kerl wie ich, der gibt es sich ausschließlich mit …«, ich dachte kurz nach, »… mit Eierlikör. «
    Damit hätte ich fast das Eis gebrochen, doch saß der Smart-Stachel wohl tiefer, als gut für mich war, denn ich fuhr ohne abzusetzen fort: »Und ich bin heute absolut nicht in Stimmung, mich von einer fistelstimmigen kleinen Schwuchtel verarschen zu lassen!«
    Zum Ende des Satzes muss ich wohl etwas die Stimme gehoben haben, außerdem wechselte der Blasse gerade da die Platte, auf jeden Fall entstand im Lollipop einer dieser Augenblicke großer Stille und allgemeiner Konzentration auf einen einzigen Punkt. Irgendwo in meinem Rücken, wenn ich mich nicht täuschte.
    Kristof Kryszinski, in Kreisen privater Ermittler auch als »der Diplomat« bekannt.
    Der Neopunk-Kellner schlürfte den für mich bestimmten Likör, leckte sich einmal rings um die Lippen und verwies mich dann kalt darauf, dass es im Hotel Handelshof eine sehr hübsche Pilsbar für Leute wie mich gäbe.
    Einfachste Recherche, schwungvoll verbockt und auch noch stinkend wütend darüber. Ich hab’s nicht immer leicht, mit meinem Temperament. »Pass auf«, zischte ich, doch mein Gegenüber blickte an mir vorbei. Vorbei an meinem linken Ohr, um genau zu sein, und kommandierte: »Schmeiß ihn raus.«
    Ha! Die Schwuchtel will ich sehen, dachte ich, die mich hier rauskickt, und meine Finger griffen erneut nach dem Ascher, nur um sofort wieder davon abzulassen, als eine Pranke von Hand mein Genick umschloss, bis sich die Fingerspitzen beinahe über meiner Gurgel berührten.
    »Reg dich ab, Kevin-Schätzchen«, forderte eine Stimme mit einem Timbre wie ein leeres Ölfass. »Was bist du auch so zickig zu meinem Freund Krüschel. Männer mit seinem Testosteron-Spiegel sind nun mal leicht zu provozieren.« Die Hand in meinem Genick löste sich so weit, dass ich den Kopf drehen konnte.
    »Tina!«, freute ich mich. »Tina, die We …«
    »Nur eine einzige, weitere Silbe«, knurrte mir Tina ins Ohr, und der Griff um meinen Hals verfestigte sich wieder, »und ich zerbrösel dir einen Wirbel, dass du ihn anschließend in der Pfeife rauchen kannst. Falls sie dir jemand hält.«
    … bpelz-Schabracke, vervollständigte ich den Spitznamen demnach in aller angeratenen

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