Bis zum Horizont
sagte ich.
»Was?«
»Sie verkleinern den Riegel auf einen Bruchteil seiner ursprünglichen Größe, und dann nennen sie es ›Spaßgröße‹. Ein kleinerer Riegel macht aber überhaupt keinen Spaß. Es ist einfach nur ein mieser Trick.«
»Genau wie das Leben«, sagte sie.
Ich nickte. »Genau wie das Leben.«
Sie kam zu mir zurück. »Ich helfe dir hoch.« Sie nahm mich bei den Händen und lehnte sich nach hinten, um mich von der Couch hochzuziehen.
Ich stöhnte, während ich mich hochstemmte. »Das Aufstehen ist immer am schwersten.«
»Kann ich dir vor dem Schlafengehen noch irgendetwas bringen?«
»Nein, es ist alles bestens. Was wirst du tun, wenn du die hundert Filme alle gesehen hast?«
Sie sah mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. »Dann bin ich fertig.« Die Art, wie sie es sagte, kam mir irgendwie merkwürdig vor.
Sie lächelte. »Ich werde vermutlich schon auf der Arbeit sein, wenn du morgen Früh aufstehst. Ich lasse das Frühstück einfach für dich stehen. Vergiss nicht, vor dem Essen deine Schmerztabletten zu nehmen, und denk an die Frischhaltefolie. Ich lege sie dir ins Bad.«
»Frischhaltefolie?«
»Hast du schon vergessen, dass deine Verbände nicht nass werden dürfen. Norma hat gesagt, dass du mindestens eine Woche nicht baden darfst, und wenn du duschst, sollst du deine Verbände mit Zellophan umwickeln.«
Ich nickte und war beeindruckt, dass sie es sich gemerkt hatte.
»Sie sagte, dass es am besten ist, wenn du dir die Frischhaltefolie einfach ein paarmal um den Körper wickelst. Es macht nichts, wenn die Verbände ein bisschen feucht werden.«
»Du bist eine sehr gute Krankenschwester.«
»Ich tue mein Bestes.«
Ich schlurfte zu meinem Zimmer, und Engel folgte mir. Als ich meine Tür erreichte, wandte ich mich zu ihr um. »Danke für alles. Du bist mehr als eine gute Krankenschwester, du bist ein guter Mensch.«
Als sie mich ansah, lag in ihren Augen ein Glanz, den ich nicht zu deuten wusste. »Ich wünschte, du hättest recht«, sagte sie und verschwand in ihrem Zimmer.
Neuntes Kapitel
Heute habe ich es bis zu dem Fußweg vor dem Haus geschafft. Ich weiß nicht, ob ich glücklich über meine Leistung sein sollte – oder deprimiert darüber, dass ich es als eine ansehe.
Alan Christoffersens Tagebuch
Engel war bereits aus dem Haus, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Sie hatte eine Nachricht für mich auf dem Küchentisch hinterlassen.
Frühstück im Ofen zum Warmhalten. O-Saft im Kühlschrank. Herd bitte ausschalten. Bin gegen fünf zu Hause.
Schönen Tag, Engel
Ich ging zum Herd, beugte mich mit etwas Mühe vor und öffnete die Tür. Im Ofen stand eine quadratische Pfanne mit einem gebackenen Omelett – eine Frittata. Die Umstände hätte sie sich nicht machen müssen, ich wäre mit einer Schale Wheaties genauso glücklich gewesen.
Ich schaltete den Herd aus, schnappte mir den Topflappen, den sie auf dem Küchentresen liegen gelassen hatte, und nahm die Pfanne aus dem Ofen. Engel hatte bereits den Tisch für mich gedeckt. Ich tat die Frittata auf meinen Teller und stellte die Pfanne auf dem Herd ab. Ich nahm meine Schmerzmittel mit etwas Orangensaft (den sie bereits in ein Glas geschenkt hatte) und setzte mich zum Essen. Das Eier-Ding schmeckte köstlich.
Nach dem Frühstück ging ich ins Bad, um zu duschen. Eine Rolle Frischhaltefolie lag neben dem Waschbecken. Ich zog mich aus, wickelte mir das Zellophan zweimal um den Oberkörper und drehte das Wasser auf.
Ich prüfte die Wassertemperatur, dann stellte ich mich unter die Dusche. Es war meine erste Dusche seit Tagen. Ich schloss die Augen und ließ das warme Wasser meinen Körper umspülen. Ich stand minutenlang so da.
Es war nicht leicht, mich abzutrocknen, und um mich anschließend anzuziehen brauchte ich fast eine Viertelstunde. Ich hatte bereits festgestellt, dass es mir nahezu unmöglich war, meine Schuhe zuzubinden, daher zog ich die Schnürsenkel heraus, warf die Schuhe auf den Boden und schlüpfte einfach mit den Füßen hinein. Als ich endlich vollständig angezogen war, ging ich zur Wohnungstür. Ich hatte keinen Schlüssel für die Wohnung, daher ließ ich die Tür einen Spalt weit offen, bevor ich mich auf den Weg ins Freie machte. Als ich die Eingangstür des Gebäudes öffnete, lag die Straße still da. Außer ein paar zerquetschten Kürbissen war nichts zu sehen.
Ich hatte meine Reha geplant, als ich am Abend zuvor im Bett lag. Mein erstes größeres Ziel war es, es einmal um
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