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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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den Block zu schaffen, bevor der erste Schnee fiel, was lächerlich einfach klingt, mir zu dem Zeitpunkt aber so hochgesteckt erschien wie sonst ein Aufstieg auf den Mount Everest.
    Mein erstes kleineres Ziel war es, allein die Stufen vor dem Haus hinauf- und hinunterzusteigen, und mein zweites, den ganzen Fußweg hinunterzugehen. Wenn es nicht so wehgetan hätte, dann hätte ich gelacht über die absurden neuen Dimensionen meiner Zukunftsplanung. Noch vor wenigen Wochen hatte ich es mir zum Ziel gesetzt, das Land zu Fuß zu durchqueren. Heute würde ich begeistert sein, wenn ich es bis zum Gehsteig schaffte.
    Ich hielt mich an dem kalten, schmiedeeisernen Geländer fest, setzte den rechten Fuß auf die erste Stufe nach unten und zog dann den linken Fuß auf dieselbe Stufe nach. Schritt. Wiederholen. Schritt. Wiederholen. Sechs Stufen. Die meisten Leute zählen keine Stufen (es sei denn, sie sind Zwangsneurotiker), sondern sie springen sie einfach hinauf und hinunter, so schnell sie können. Für mich dagegen war jede Stufe ein Meilenstein.
    Ich war langsam, aber ich schaffte es ohne größere Schmerzen bis zur untersten Stufe. Ich fühlte mich gar nicht schlecht, daher beschloss ich, noch nicht aufzugeben, und humpelte den Fußweg hinunter bis zur Straße. Als ich den Gehsteig erreicht hatte, sah ich mir die nähere Umgebung an. Engels Wohnhaus befand sich in der Mitte des Blocks, und es waren in beide Richtungen etwa vier Häuser bis zur nächsten Ecke.
    Ich war zufrieden mit meiner Leistung. Mein erstes Ziel hatte ich bereits erreicht. Und ich war froh, wieder im Freien zu sein. Die Bäume hatten die meisten Blätter bereits abgeworfen, und die kühle Luft kündigte den Wetterumschwung an.
    In der nächsten Woche würde ich bis zum Ende der Straße gehen, und spätestens am Vierzehnten würde ich versuchen, einmal um den Block zu gehen – es sei denn, es schneite. Dann wäre es zu gefährlich. Ich konnte es mir nicht leisten zu stürzen.
    Ich drehte mich um, indem ich langsam ein paar Schritte im Kreis ging, dann blieb ich ungefähr fünf Minuten stehen und sah mir das Haus an, in dem ich jetzt wohnte. Es war weit entfernt von dem Zwei-Millionen-Dollar-Ungetüm, aus dem man mich vertrieben hatte, aber ich war für diese Unterkunft ebenso dankbar wie für Engels Großzügigkeit. Ich fragte mich, wie lange ich hierbleiben würde. Ich holte einmal tief Luft und ging dann langsam zurück.
    Die Treppe wieder hochzusteigen, war weitaus schwieriger als der Weg hinunter, und als ich den Treppenabsatz erreicht hatte, hielt ich einen Augenblick inne und wartete, bis die Schmerzen wieder abebbten.
    Während ich dort stand, ging eine andere Mieterin, eine junge Frau mit langen braunen Haaren und einem Rucksack über der Schulter, an mir vorbei, wortlos, aber mit einem Lächeln. Ich ging zurück in die Wohnung und legte mich ins Bett, um mich auszuruhen.
    Engel kam um kurz vor fünf nach Hause. Ich sah sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie machte einen aufgelösten Eindruck.
    »Wie war dein Tag?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Eine vierköpfige Familie wurde von einem betrunkenen Autofahrer angefahren. Alle wurden getötet bis auf den Vater, der auf der Intensivstation um sein Leben ringt, und den betrunkenen Fahrer, der natürlich ungeschoren davonkam. Um genau zu sein, ist er ungeschoren davon gerannt . Er ist zu Fuß vom Tatort geflüchtet.« Sie sah mich mit grauen Augen an. »Warum überleben die Schuldigen, während die Unschuldigen sterben?«
    Manchmal sah es tatsächlich so aus. »Ich weiß es nicht.«
    » Wenn es einen Gott gibt«, sagte sie, »dann hat er einen lausigen Sinn für Gerechtigkeit.«
    Am Tag der Beerdigung meiner Frau hatte ich fast dasselbe gedacht, aber ich war überrascht, diese Worte von Engel zu hören – vermutlich deshalb, weil ich nicht erwartet hätte, dass jemand namens Engel über Gott lästerte.
    »Heute gibt es Hackbraten«, sagte sie, während sie sich von mir abwandte. »Ich muss ihn nur noch in den Ofen schieben.«
    »Sehen wir uns heute Abend wieder einen Film an?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    Sie wollte offensichtlich nicht reden, daher ließ ich sie allein und ging in mein Zimmer, um zu lesen. Eine halbe Stunde später rief sie mich, und wir setzten uns zusammen an den Tisch. Eine Zeit lang aßen wir schweigend. Auf einmal fragte sie: »Was glaubst du, wie lange du hierbleiben wirst?«
    Ich sah von meinem Essen auf. »Hast du schon genug von

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