Bis zum letzten Atemzug
McKinney und ich sehen dem Wagen hinterher, mit dem ein Officer der Reserve Gail und ihren Ehemann wegbringt. »Was nun?«, frage ich.
Er schaut mich mit ruhigem Blick an. »Nun will ich erst mal wissen, ob es dir gut geht.«
»Was?«, frage ich verwirrt. »Wie meinst du das?«
»Deine Tochter geht auf diese Schule.«
»Ja, aber sie ist heute nicht hier. Sie ist bei Tim …«
»Kommst du damit klar, Meg? Fühlst du dich in der Lage, damit umzugehen, dass die Klassenkameraden deiner Tochter und ihr Lehrer erschossen werden könnten?«
Meine Antwort kommt ohne Zögern. »Verdammt, Chief, du kennst mich besser. Ich war bei der Hälfte der Kinder schon aus dem einen oder anderen Grund zu Hause und habe mich immer professionell verhalten.«
»Ach Meg, das weiß ich doch. Ich musste dich aber fragen. Wir sind bei dieser Sache ziemlich auf uns alleingestellt.«
»Das Tac-Team schafft es nicht?«, frage ich.
»Nein, die Highways sind dicht. Ich habe versucht, die Jungs in Waterloo und Cedar Falls anzurufen in der Hoffnung, dass sie ein paar Officer vorbeischicken können, die uns helfen, die Menschenmenge zurückzuhalten. Aber die Straßen sind in einem fürchterlichen Zustand. Es kann Stunden dauern, bis Hilfe eintrifft. Südlich von uns toben Eisstürme, im Norden sind es Blizzards. Wir werden es mit den Leuten schaffen müssen, die hier sind. In der Zwischenzeit folgen wir dem festgelegten Abriegelungsplan. Wir müssen in Erfahrung bringen, wer genau sich im Gebäude befindet. Lehrer, Schüler, Kantinenmitarbeiter. Ich habe Donna gebeten, uns eine aktuelle Schülerliste mit Notfallrufnummern zu besorgen, damit wir die Namen abhaken und die Kinder in die Hände der richtigen Erwachsenen übergeben können, sobald sie rauskommen.«
Ich nicke in Richtung der Menschenmenge. »Wenn die Kinder nicht bald rauskommen, fürchte ich, dass einige von denen versuchen werden, ins Gebäude einzudringen.«
»Das darf nicht passieren.« McKinneys Stimme ist hart wie Granit. Er schüttelt den Kopf. »Verdammt, wenn diese Leute uns nicht unseren Job machen lassen und irgendjemandem etwas zustößt … Was zum Teufel soll das?« Irgendetwas hinter mir hat seine Aufmerksamkeit erregt, und ich erkenne an der Art, wie sein Schnurrbart nach unten sackt, dass es kein angenehmer Anblick ist. Eine Gruppe Männer. Farmer, nehme ich aufgrund ihrer schlammbraunen Carhartt-Overalls, ihrer Baseballkappen mit Schriftzügen bekannter Futtermittelhersteller drauf und ihrer Schrotflinten an. »Jesus, Maria und Josef«, stößt McKinney zwischen zusammengepressten Zähnen aus.
WILL
Will sah zu, wie die Vinson-Brüder mit ihren Flinten aus dem Truck ausstiegen und durch den Schnee auf die Gruppe wartender Eltern zugingen. Er öffnete seine Tür, um sich zu ihnen zu gesellen.
»Hey Jungs«, sagte er als Gruß. Die beiden Brüder wirbelten zu ihm herum.
»Morgen, Will«, sagte Neal und nickte dem älteren Mann zu. »Das ist vielleicht ’n Ding, was hier los ist, wie?«, fügte er hinzu und drehte den Kopf in Richtung Schule. Neal und sein Bruder waren zwei Jahre auseinander, sahen aber aus wie Zwillinge. Sie hatten beide lange, pferdeartige Gesichter auf schmalen Schultern. Sie waren außerdem für ihr aufbrausendes Temperament bekannt. Gerüchte besagten, dass Neal seinen preisgekrönten Angusbullen erschossen hat, weil der es gewagt hatte, ihn zu Boden zu schubsen. Der Neuntausend-Dollar-Bulle war mitten auf der Weide verblutet. In Neds Version hatte der Bulle Rindertuberkulose und musste erschossen werden, bevor er noch den Rest der Herde ansteckte.
»Was habt ihr mit den Flinten vor?«, fragte Will unschuldig, obwohl er wusste, dass die Brüder den gleichen Gedanken hegten, der auch ihn bewogen hatte, seine Waffe von zu Hause mitzunehmen.
»Es ist immer besser, auf alles vorbereitet zu sein. Wir wussten ja nicht, was uns hier oben erwarten würde.« Neal räusperte sich und spuckte einen dicken Schleimklumpen in den Schnee hinter sich.
»Sieht zum Glück so aus, als hätten Chief McKinney und seine Leute hier alles unter Kontrolle«, erwiderte Will, obwohl die Menge immer lauter und unruhiger wurde.
»Na ja, deshalb sind wir ja hier«, fügte Neal hinzu. »Um zu sehen, was los ist.«
»Ich denke, es wäre eine gute Idee, wenn ihr eure Gewehre wieder in den Truck bringen würdet«, schlug Will vor. »McKinney scheint Verstärkung aus anderen Städten erhalten zu haben.
Es wäre doch blöd, wenn jemand unnötig verletzt
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