Bis zum letzten Atemzug
nicht im Krankenhaus liegen.
Dr. Ahern schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht. Wir werden uns jetzt weiter um sie kümmern und regelmäßig Bericht erstatten. Wenn ihr euch erst einmal frisch machen wollt, lasst eure Nummer einfach beim Empfang, und wir rufen an, sobald eure Mutter in der Lage ist, Besuch zu empfangen.«
P. J. und ich schauten unseren Dad an. »Ich nehme euch mit nach Haus, damit ihr duschen und euch umziehen könnt.« Er zog mich an sich, und es fühlte sich so gut an, aber dennoch fiel mir auf, dass P. J. ein wenig allein und verloren dabeistand. Für ihn gab es keine Umarmung.
»P. J. auch?«, fragte ich.
»Natürlich«, erwiderte mein Vater, als wäre das eine dumme Frage.
Bevor ich Mr Ellery sagen kann, dass ich dringend meinen Bruder finden muss, rutscht er erneut von seinem Tisch. »Bleibt genau hier sitzen«, befiehlt er. »Ich werde mal einen kurzen Blick nach draußen werfen.«
»Ich denke, das sollten Sie nicht tun.« Beth rappelt sich auf und greift nach seinem Ärmel.
»Ist schon okay, Beth«, beruhigt er sie. »Ich schaue nur in den Flur.« Er geht zur Tür und drückt seine Stirn gegen das Fenster. Er rollt den Kopf nach links, dann nach rechts und versucht, auf dem langen Korridor etwas zu sehen.
Dann dreht er den Knauf und öffnet die Tür ganz langsam und leise, wobei er darauf achtet, dass sie nicht quietscht.
»Wo wollen Sie hin?«, fragt Beth panisch. »Sie können uns nicht alleine lassen.«
»Pst, Beth«, sagt Mr Ellery. »Geh zu den anderen und setz dich wieder hin.«
»Nein, gehen Sie da nicht raus.« Die Panik in ihrer Stimme überrascht mich. Normalerweise ist Beth so ruhig und gelassen.
Ich stehe auf, gehe zu ihr und versuche, sie an ihrem Ellbogen von Mr Ellery wegzuziehen. »Komm schon«, flüstere ich ihr leise ins Ohr.
»Was, wenn er hier reinkommt?«, fragt Beth mit zittriger Stimme. »Was, wenn er hier ist, um mich zu holen?«
»Wer?« Mr Ellery sieht Beth scharf an. »Weißt du irgendetwas über das, was hier vor sich geht?«
»Sie glaubt, es könnte ihr Dad sein«, erkläre ich flüsternd, damit niemand uns hört. »Sie fürchtet, er ist nur deshalb hergekommen, um sie zu holen.«
Beth starrt mich an. Ihre eben noch ängstlich dreinschauenden Augen funkeln jetzt hart und wütend. Das war’s wohl mit meiner einzigen Freundschaft in Broken Branch.
Ich höre ein leises Klicken, als Mr Ellery die Tür schließt. Er führt Beth von der Tür weg, weg von den anderen Schülern in eine andere Ecke des Raumes. Ich will mit ihnen gehen, will das mit Beth wieder in Ordnung bringen, aber Mr Ellery schüttelt nur kurz den Kopf. Also kehre ich an meinen Platz auf dem kalten Fußboden zurück.
»Was zum Teufel soll das alles?«, fragt Noah. Ich zucke mit den Schultern und spüre, wie ich rot anlaufe, weil mein Magen laut knurrt. Ich wünschte, ich hätte etwas zum Frühstück gegessen, aber in »echter Augie-Manier«, wie meine Mom immer sagt, hatte ich mich heute Morgen selber ausgetrickst. Ich bin wütend auf meinen Grandpa gewesen, weil er mir gesagt hat, ich solle etwas essen, bevor ich in den Schulbus steige, und habe gesagt, dass ich nicht hungrig bin. Und zum Mittag hatte ich nur eine kleine Tüte Chips. Deshalb bin ich jetzt hungrig, obwohl ich Angst habe und mir schlecht ist.
Beth weint, und Mr Ellery versucht, sie zu trösten, indem er ihr die Schulter tätschelt. Er wirkt unbehaglich und signalisiert mir mit einem Kopfnicken, dass ich zu ihnen kommen soll. Ich habe allerdings das Gefühl, dadurch würde die Sache nur schlimmer, also lege ich meinen Kopf auf meine angezogenen Knie und wende mein Gesicht ab, tue so, als würde ich seine Zeichen nicht sehen.
HOLLY
Die Ärztin kommt herein, schaut sich die transplantierte Haut an meinen Armen an sowie die Stelle an meinem Oberschenkel, von wo sie die Haut entnommen hat. Viele Wochen lang war der Schmerz so überwältigend gewesen, dass ich überhaupt keine Energie gehabt habe, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich wohl aussehe. Aber jetzt kann ich nicht anders, als meine beschädigte Haut anzusehen und mich zu fragen, wie es wohl sein wird, wenn alles vollständig verheilt ist. »Es wird eine Zeit dauern, bis mit Sicherheit feststeht, dass die Operationen erfolgreich waren, aber die Transplantate machen den Eindruck, als verheilten sie sehr gut, Holly«, sagt sie. »Unsere größte Sorge gilt im Moment der Sekundärinfektion und der Frage, wieso sie so langsam auf das Antibiotikum
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