Bis zum letzten Atemzug
würde.«
»Sind deine Enkel da drin?«, wollte Ned wissen.
»Sind sie.« Will nickte.
»Und du willst einfach nur dastehen und zulassen, dass irgendein Verrückter sie als Geiseln hält?«
Will zuckte mit den Schultern. »Ich denke, noch wissen wir nichts Genaues. Könnte sich auch um ein großes Missverständnis handeln. Vielleicht ist es ein Neunjähriger mit einer Spielzeugpistole.«
»Komm schon, Ned«, drängte Neal. »Mir wird langsam kalt. Lass uns mit McKinney reden und herausfinden, was hier wirklich los ist.« Von der anderen Seite des Parkplatzes löste sich eine weitere Gruppe Männer, Gewehre in der Hand, die Schultern gegen den beißenden Wind hochgezogen. Sie kamen direkt auf McKinney und die Brüder zu. »Guter Gott«, sagte Will und hob abwehrend die Hände. »Ich hoffe, ihr erschießt euch nicht gegenseitig«, murmelte er unterdrückt. Er erkannte Verna Fraise in der Menge und ging auf sie zu. Verna und Marlys waren seit Jahren beste Freundinnen. Beinahe wäre Verna statt Will mit Marlys nach Arizona geflogen. »Sie ist deine Tochter, Will«, hatte Marlys fassungslos erwidert, als Will ihr den Vorschlag unterbreitete, sie nicht zu begleiten.
»Ich weiß, Holly ist meine Tochter. Aber sie hat seit fünfzehn Jahren nicht mehr mit mir gesprochen. Ich weiß nicht, ob das der beste Zeitpunkt ist, ihr gegenüberzutreten.«
»Will, deine Tochter hatte einen fürchterlichen Unfall. Meinst du, es interessiert sie im Moment einen feuchten Kehricht, ob sie in den letzten fünfzehn Jahren mit dir gesprochen hat oder nicht?« Will hob überrascht die Augenbrauen. Marlys fluchte äußerst selten. »Nein, das tut es nicht. Sie wird froh sein, dass ihrem Vater so viel an ihr liegt, dass er an ihre Seite eilt, wenn sie ihn braucht.«
Will wusste, dass Marlys recht hatte. Und wenn er ganz ehrlich war, wollte er auch mit ihr fahren und Holly sehen, doch er hatte Angst vor dem, was er dort vielleicht vorfinden würde. Brandwunden waren schrecklich. Zu seiner Zeit in Vietnam hatte er die verkohlten Überreste der Dörfer gesehen, in denen der Vietcong getobt hatte. Die verbrannten Häuser, die noch qualmenden Leichen und, schlimmer noch, die Dorfbewohner, die nicht in den Flammen gestorben waren, die darum bettelten, von ihren Qualen erlöst zu werden. Will wollte nicht darüber nachdenken, dass seine einzige Tochter diesen Schmerz auch durchmachen musste.
»Hast du Todd irgendwo gesehen?«, fragte Will, als er bei Verna angekommen war.
Sie schüttelte den Kopf. »Was zum Teufel ist da nur los?«
»Ich weiß es nicht, aber sobald ich Chief McKinney erwische, werde ich es herausfinden«, versicherte Will ihr.
»Wie geht es Holly?«, fragte Verna, ohne den Blick vom Eingang der Schule zu lösen.
»Unverändert«, erwiderte Will. Eine sichere Antwort, die nicht zu weiteren Fragen einlud. Er hatte heute Morgen nicht die Energie, sich über die Einzelheiten von Hollys Infektionen und Behandlungen auszulassen. Er wollte einfach nur seine Enkel aus der Schule holen und sicher auf die Farm zurückbringen. Heute Abend könnten sie dann ihre Mutter anrufen und ihr von dem Abenteuer erzählen. Er konnte sich P. J.s Aufregung direkt vorstellen, wie die Wörter so schnell aus seinem Mund purzelten, dass sie kaum zu verstehen waren. Und Augie würde versuchen, cool und lässig zu wirken. »War keine große Sache«, würde sie bestimmt sagen.
»Will, hast du Ray irgendwo gesehen?«, fragte Verna leichthin, aber irgendetwas in ihrer Stimme veranlasste Will, sie genauer zu mustern.
»Nein. Ich habe Ray seit Wochen nicht mehr gesehen. Warum? Stimmt irgendetwas nicht?«
»Du weißt, dass er und Darlene sich getrennt haben?« Verna rieb sich mit ihren behandschuhten Händen über die Arme, um sich zu wärmen. Darlene Cragg war ihre Tochter. Ihre Enkelkinder Beth und Natalie waren mit Augie und P. J. in einer Klasse.
»Ja. Jim hat es bei unserem letzten Treffen erwähnt. Wie geht es Darlene?« Will lehnte sich ein wenig vor und versuchte, über den Kopf des Mannes hinwegzusehen, der vor ihm stand.
»Man sollte denken, dass es ihr jetzt viel besser geht, wo er aus dem Haus ist.« Verna schnalzte ungeduldig mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Aber Ray macht ihr das Leben zur Hölle. Er lässt sie nicht einen Augenblick lang in Frieden. Ständig ruft er sie an. In der einen Minute fleht er sie an, zu ihm zurückzukommen, in der nächsten beschimpft er sie und droht, ihr die Kinder wegzunehmen, und wenn es das Letzte
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