Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudenkauf
Vom Netzwerk:
ändert. Haben Sie nicht auch eine Tochter da drinnen?«
    Ich hoffe, meine besonnene Art wird sie beruhigen. »Meine Tochter geht mit Lucy zusammen in eine Klasse. Die Dritte von Mrs Oliver«, füge ich im Plauderton hinzu, während ich anfange, von der Polizeiabsperrung weg und in Richtung Parkplatz zu gehen. Der Chief ist die aufgebrachten Farmer losgeworden, und Jarrow geleitet den Rest der Menge zu ihren Autos zurück. »Sehen Sie, alle fahren zu Lonnie’s Café. Dort werden alle Neuigkeiten sofort mitgeteilt. Wenn ich könnte, würde ich mich jetzt auch dorthin begeben.« Lucys Mutter sieht unsicher von mir zum Parkplatz.
    »Haben Sie gar keine Angst?« Sie schaut mir direkt in die Augen.
    »Nein«, lüge ich. »Wir haben die Situation unter Kontrolle. Ehe Sie sich versehen, wird das hier vorbei sein, und Lucy wird es gut gehen.« Mein Lächeln ist überzeugend genug, dass sie ein paar Schritte auf ihr Auto zumacht. »Fahren Sie zu Lonnie’s, trinken Sie einen Kaffee und wärmen Sie sich auf.« Ich spüre Aarons Blick, der sich in meinen Rücken bohrt, und weiß, dass er mich dafür rügen wird, dass ich Lucys Mom gesagt habe, alles sei gut. Bevor sie fährt und bevor Aaron mich ansprechen kann, jogge ich davon und rufe über meine Schulter: »Hey, Aaron, hier kommt die Presse.« Und richtig, ein Übertragungswagen von Channel Three biegt auf den Parkplatz, und ein Kameramann und eine gut gekleidete Reporterin springen heraus. Die Frau wäre beinahe auf dem Eis ausgerutscht und auf ihrem Hintern gelandet. »Der Chief hat ausdrücklich darum gebeten, dass du dich um die Presse kümmerst und alle Fragen beantwortest.«
    »Was?«, fragte Aaron verwirrt.
    »Die Medien. Punkt 3.3.4 (e) im Handbuch.« Ich werfe ihm das Büchlein zu. »Danke. Ich muss los.«

MRS OLIVER
    P. J. Thwaite starrte den Bewaffneten immer noch an. Unverwandt und durchdringend. Endlich hob der Mann den Blick von seinem Handy und erwiderte den Blick des Jungen erwartungsvoll. »Was?«
    »Waren Sie jemals in Revelation, Arizona?«, fragte P. J. zögernd. Seine Stimme zitterte leicht vor Nervosität.
    »Nein«, erwiderte der Mann kurz angebunden und ging zum Fenster, wo er die Jalousien ein wenig auseinanderschob, um nach draußen zu schauen.
    »Das ist gleich neben Phoenix.« Der Mann ignorierte P. J. Mrs Oliver versuchte, P. J.s Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken, aber er war entschlossen, nicht in ihre Richtung zu schauen. »Haben Sie jemals Holly Baker kennengelernt?«
    »Ich war nie in der Stadt, habe nie eine Holly Baker kennengelernt. Tut mir leid.« Der Mann wirkte abgelenkt.
    P. J. kaute nachdenklich auf einem Fingernagel. »Sie würden sich an sie erinnern, wenn Sie sie getroffen hätten. Sie ist sehr hübsch …«
    Der Kopf des Mannes zuckte hoch. »Was redest du da?«, fragte er ungeduldig.
    »P. J., sei jetzt still«, sagte Mrs Oliver streng. P. J. senkte den Blick auf seinen Tisch, und der Mann fuhr fort, aus dem Fenster zu schauen.
    Auf gewisse Weise erinnerte P. J. sie an ihre Tochter Georgina. Er war süß, aber auch ein ziemlicher Dickkopf. Sie fragte sich, was ihre Kinder gerade machten. Was Cal gerade tat. Sie fragte sich, ob sie wussten, was hier an der Schule vor sich ging. Waren ihre Kinder gerade auf dem Weg durch den Schneesturm hierher? Sie war die Lehrerin aller ihrer Kinder während der dritten Klasse gewesen; genau hier, in dieser Schule. Sie erinnerte sich, ihnen erzählt zu haben, dass sie in der Schule für sie Mrs Oliver war und nur zu Hause Mom. »Das ist komisch«, hatte die acht Jahre alte Georgina erklärt. »Wer hat denn schon mal davon gehört, dass man seine Mutter Mrs nennen muss?« Doch Mrs Oliver hatte auf liebevolle Weise darauf bestanden. Jetzt fragte sie sich, ob das richtig gewesen war. Würde Georgina während der Beerdigung etwas sagen wie Mrs Oliver war eine wundervolle Mutter …? Bei dem Gedanken überlief Mrs Oliver ein Schauer.
    Sie fragte sich, ob Cal draußen bei den Eltern der Schüler stand und von der Polizei verlangte, zu erfahren, was vor sich ging. Oder hatte er zum Glück überhaupt keine Ahnung von den Vorfällen und saß zu Hause in seinem Lieblingssessel, löste ein Kreuzworträtsel und knabberte an einem Riegel Schokolade? Sie hoffte, dass er nichts wusste. Cal machte sich immer viel zu viele Sorgen. Wenn er es wüsste, würde er sicher versuchen, die Auffahrt freizuräumen, und den schweren Schnee zu schippen war für einen dreiundsiebzigjährigen Mann nicht

Weitere Kostenlose Bücher