Bis Zum Letzten Tropfen
Kaugummi in ihr linkes Nasenloch. Als sie den Kopf wegziehen will, reißt er ihn nach hinten.
– Das ist nichts, mein Kind. Gar nichts . Halt still.
Ein langgestrecktes Winseln dringt aus ihrer Kehle, als er den Kaugummi weiter hineinschiebt. Als sein Zeigefinger bis zum zweiten Glied in ihrem Nasenloch verschwunden ist, fließt Blut.
– Hab dich nicht so, mein Kind. Noch etwas weiter, und schon ist er wieder in deinem Mund.
Sie hustet und würgt. Er schubst sie auf den Boden.
– Nichts.
Er streckt seine mit Speichel und Schleim bedeckten Hände aus.
– Dürftig.
Der Junge mit der Polizeimütze tritt vor. Er hält eine Schachtel mit Taschentüchern in der Hand. Der Mann nimmt sich ein paar und wischt sich damit die Finger ab.
– Oh, was ich alles auf mich genommen habe, welche Opfer ich bringen, welche Qualen ich erleiden musste, nur um euch hierher zu bringen und eine gute Erziehung zuteilwerden zu lassen. Nach all dem, selbst jetzt, könnt ihr euch nicht an die elementarsten Regeln und Verbote halten, die ich euch auferlegt habe.
Das Mädchen hustet dreimal laut, und der in die Länge gezogene, feuchte Kaugummi fällt aus ihrem Mund.
Er knüllt die Taschentücher zusammen und wirft sie nach ihr.
– Wisch deinen Speichel auf, mein Kind.
Sie nimmt die Tücher, hebt immer noch hustend den Kaugummi auf und wischt Speichel, Schleim und Tränen vom Boden, wobei sie nasse Streifen auf dem schmutzigen Linoleum hinterlässt.
Er hebt das Kinn und sieht auf seine Nase herab.
– Ekelhaft. Widerwärtig. Auch das wären passende Namen.
– Weißt du, das nächste Mal, wenn er dir die Finger in den Mund steckt, würde ich sie einfach abbeißen.
Das Mädchen und der Mann und die drei Jungs starren in die dunkle Ecke, in der ich in Stacheldraht verschnürt in meinem eigenen Blut liege.
– Das ist mein Ernst. Beiß ihm ein paar von seinen Fingern ab, dann überlegt er sich’s in Zukunft zweimal, bevor er auf Kaugummisuche geht. Die Dinger wachsen nämlich nicht nach. Das hinterlässt einen bleibenden Eindruck, glaub mir.
– Winzig!
Schnurrbärtchen schiebt den Rollstuhl des Mannes unter das Deckenlicht.
– Näher, Junge, näher.
Er rollt auf mich zu, bis seine Füße Zentimeter vor meinem Gesicht zum Stehen kommen. Seine langen, gekrümmten Zehennägel berühren mich fast. Sie riechen nach Fußpilz und Fäulnis.
– Hungrig? Willst du was zum Knabbern, ja?
Sein Fuß schießt vor, und der Nagel seines großen Zehs schneidet in meine Lippe. Er zwingt den Zeh in meinen Mund.
– Bitteschön. Schmeckt’s? Das gefällt dir doch, oder?
Er zieht einen alten .44er Perkussionsrevolver aus dem schmuddeligen Bademantel, den er über seine Schultern geworfen hat, und hält ihn mir an den Kopf.
– Jetzt beiß zu. Tu mir den Gefallen.
Also beiße ich zu.
Aber irgendwie glaube ich nicht so recht, dass ich ihm damit einen Gefallen tue.
Er schießt nicht. Er sieht einfach nur zu, wie ich ihm die Zehe abbeiße und auf den Boden spucke. Und dann lacht er, während mich die drei Jungs festhalten, damit ich nicht zu sehr zapple, als sie mir einen Stiefel ausziehen. Das Mädchen hebt meinen Fuß hoch, damit wir das Gefühl, die Zehe abgebissen zu bekommen, miteinander teilen können.
Hätte ich die Waffe gehabt, und nicht er, hätte ich ohne zu zögern geschossen. Und nicht nur einmal.
– Siehst du, wie sie mir danken? Das hier, das ist alles, was sie vorzuweisen haben. Diese armseligen Mitbringsel. Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Damit soll ich sie alle durchfüttern? Wie, frage ich dich, wie?
Er nimmt einen Blutbeutel vom Klapptisch, reißt ihn auf, umschließt die Öffnung mit dem Mund, legt den Kopf in den Nacken, saugt und schluckt. Blut läuft über seine Wangen und sein Kinn auf den Kragen des Bademantels und die Vorderseite seines altmodisch gerüschten Smokinghemds.
Als er den Beutel geleert hat, wirft er ihn beiseite und hebt das Kinn.
– Lausig.
Kopftuch nimmt einen schmutzverkrusteten Lappen vom Klapptisch, wischt dem Mann Mund, Kinn und Hals ab, wobei er sorgfältig darauf achtet, nicht an einer der fettigen, rötlichen Haarsträhnen zu ziehen, die dem Mann über die Schulter hängen.
– Das reicht. Genug.
Der Junge tritt zurück.
Der Mann nimmt den zweiten prallgefüllten Blutbeutel in die Hand.
– Wie lange soll das reichen? Wer weiß, wann sie wieder einen Herumtreiber finden, der so schwach und lahm ist, dass selbst sie es fertigbringen, ihn zu überwältigen? Es ist so
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