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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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ursprünglich beabsichtigt.
    Er schlägt das Wörterbuch zu.
    – Vielleicht hat ihn dieser Name ja inspiriert. Ihn zu neuen Ufern aufbrechen lassen. Nach Queens. Als ob das meine Schuld wäre. Sie tun so, als wäre es mein Fehler. Als wäre ich verantwortlich für seine Abenteuerlust. Dabei haben sie mir ins Handwerk gepfuscht. Sie sind selbst schuld an dieser Misere, nicht ich. Ein kleines haariges Äffchen, das von seinem eigenen Reich träumt. Skag Baron. Welche Anmaßung. Ein kleiner Halbnigger, der sich für einen Adligen hält.
    Er stellt das Buch ins Regal zurück.
    – Ich kenne die Bedeutung des Wortes Skag nicht. Und sie interessiert mich auch nicht. Wahrscheinlich ist es Gossensprache für Vagina oder Penis.
    Ich höre, wie sein Rollstuhl knarrend näher rollt. Die Reifen stoßen gegen meinen Körper.
    – Und du? Wie hätte ich dich genannt, wärst du in jungen Jahren in meine Obhut gekommen?
    Er spitzt die Lippen, Flocken getrockneten Bluts und das Fett der Schweinsfüße mischen sich in den Barthaaren auf seinem Kinn.
    – Faulpelz. Ja, Faulpelz. Du bist träge und verachtenswert. Du stellst dich außerhalb der Struktur der Dinge. Du hältst dich für mehr, als du bist. Trägst nicht zum Wohl der Allgemeinheit bei.
    Er greift hinter den Stuhl, zieht eine kurze neunschwänzige Katze hervor und stupst mich mit dem Griff an.
    – Du bist uns allen eine Last. Ohne uns, die wir Visionen und Träume haben, ohne unsere beträchtlichen Anstrengungen zur Beschleunigung des Fortschritts, würden erbärmliche Gestalten wie du und deinesgleichen im eigenen Dreck verrecken.
    Er lässt die verknoteten Enden der Lederpeitsche vor meinem Gesicht baumeln. Ich kann eine dicke Kruste aus getrocknetem Blut darauf erkennen.
    – Parasiten. Blutegel. Bandwürmer. Ihr suhlt euch in den Eingeweiden des Gemeinwesens. Ihr lebt von unseren Abfällen. Ihr stört das feine Gleichgewicht des Staatskörpers, den wir mit harter Arbeit nähren.
    Er holt mit der Peitsche aus und zieht sie mir übers Gesicht.
    – Faulpelz. Nichtsnutz. Blutegel.
    Ich zucke zusammen, ziehe die Schultern hoch und presse den Kopf auf die Brust.
    Erneut stupst er mich mit dem Peitschengriff.
    – Ja, versuch nur, dich vor dem Licht der Wahrheit zu verkriechen, Faulpelz. Ist es aus Scham? Nein, wohl kaum. Es ist Furcht. Die simple Furcht vor Schmerzen. Nun ja, Schmerz ist ein guter Lehrmeister. Mit Furcht lassen sich mächtige Werkzeuge formen. Das tue ich seit Jahren. In Erfüllung meiner Pflicht.
    Er drückt mit dem Griff gegen mein Kinn und zwingt mich, zu ihm aufzusehen.
    – Und meine Werkzeuge stehen bereit, auch wenn ihnen bisher keine Anerkennung zuteilwurde. Es sind gute, tüchtige Werkzeuge. Zweckmäßig. Ich hätte noch weitere, bessere Werkzeuge geschaffen, doch ich wurde gestört.
    Er zieht den Griff weg und schlägt damit auf den Boden.
    – Hätte man meine Methoden nicht infrage gestellt und mich gewähren lassen, hätte Menace niemals seiner Erziehung abgeschworen und seiner Natur nachgegeben. Unter meiner Aufsicht und unbehelligt von jeglicher Einmischung hätte sich der Mungiki in ihm niemals manifestiert.
    Er schleudert die neunschwänzige Katze in einen Zeitungsstapel. Die Zeitungen fallen auf den Boden.
    – Skag Baron Menace! Ohne die Mungiki wäre er nichts. Verschwindet, habe ich gesagt, lasst mich das machen, ja? Aber sie wollten nicht hören. Mussten sich einmischen. Sie haben die Mungiki mit ihren eigenen Händen erschaffen. Störenfriede. Eindringlinge.
    Er rauft sich die Haare.
    – Und wer musste dann mit den Wilden verhandeln? Wer hat sie in ihre Schranken verwiesen? Und zu welchem Preis?
    Er stemmt die Hände auf die Armlehnen des Rollstuhls und stellt sich auf seine verkrümmten Beine. Gebeugt steht er da, so dass Oberkörper und Beine fast einen rechten Winkel bilden. Er wedelt mit Armen, die genauso verdreht wie seine Beine sind und an Korkenzieher erinnern.
    – Nur wenige Sekunden in der Sonne, siehst du? Krebs in meinen Knochen, wilde Wucherungen – und alles nur, weil ich verhandelt habe. Weil ich die Fehler und Nachlässigkeiten anderer wiedergutmachen wollte.
    Als er sich zurück in den Stuhl fallen lässt, rollt dieser ein Stück durch den miefigen Raum.
    – Mr. Jammer.
    – Habe ich gerade Verfehlung gesagt? Meine Verfehlung? Natürlich war es eine Verfehlung. Meine Verfehlung bestand in meiner Loyalität. Ich habe auf dummes Geschwätz gehört, anstatt hehrere Ziele zu verfolgen. Ich hätte meinem Herzen und

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