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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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geglaubt, alles Lachen in ihm wäre vor Jahren schon verwelkt. Er streckte seine Hand aus und strich mit der Rückseite seiner Finger über ihre Wange. Nicolette zuckte zusammen.
    Vorsichtig streichelte er sie weiter, bis sie sich etwas entspannte. Sie war nicht zurückgewichen, aber nur aus dem Grund, weil sie im Augenblick voller Mut war. Seine Tochter – ein beherztes, lautes Gör und seine einzige Verbindung zu einer Welt, die er aufgegeben hatte.
    Er richtete sich auf und drehte ihr den Rücken zu. Doch nachdem sie nun sicherer war, gab sie nicht so leicht auf. „Was ist mit Tony Pete?“
    „Du wirst neue Freunde finden.“
    „Ich möchte, dass Tony Pete auch mitkommt.“
    Er wandte den Kopf um. Sie blickte wieder zu Boden. Für den Bruchteil einer Sekunde erkannte er Aurore in ihr, die Frau am Teich, machtlos, aber niemals wirklich bezwungen. „Für Tony Pete gibt es vielleicht auch etwas zu tun“, stimmte er zu.
    Er ging, ehe sie noch weitere Fragen stellen konnte. Doch er war sich nicht sicher, vor wem er eigentlich floh: vor seiner Tochter oder vor der Mutter seiner Tochter.

25. KAPITEL
    R afe brachte Nicolette nach unserem Aufeinandertreffen fort, raus aus Storyville. Sie war noch immer sehr jung. Ich weiß nicht, was aus jener Zeit ihr noch im Gedächtnis blieb, als sie aufwuchs. Aber sie war ein starkes Kind …“
    Aurore betrachtete Phillip, der schon zu Beginn ihrer Erzählungen vom Sofa aufgestanden und ans Fenster getreten war. Er starrte in den Garten hinaus. Und er sagte kein Wort.
    „Die Geschichte ist noch nicht zu Ende“, sagte sie. „Ich nehme an, du denkst, dass du alles weißt, was du wissen solltest. Doch das stimmt nicht. Du weißt nicht alles. Noch nicht.“
    Er blickte sie an, die Arme vor der Brust verschränkt. Er war seinem Großvater so ähnlich, aber das würde sie ihm nicht offenbaren. Ihm das zu sagen wäre ein Geschenk, das er noch nicht zu schätzen wüsste. Noch nicht.
    „Die Gründe, warum ich Ihre Geschichte aufschreiben sollte, sind mir nie glaubhaft vorgekommen.“ Er ging nicht zu ihr. Aurore vermutete, dass er Angst hatte, ihr zu nahe zu kommen. Dass er sich selbst nicht vertrauen konnte. „Ich wusste, dass mehr dahintersteckt, als Sie mir verraten haben. Ich dachte, es könnte etwas Interessantes dabei herauskommen.“
    „Aber damit hast du nicht gerechnet.“
    Er sah sie an. „Warum?“
    Es gab tausend Fragen nach dem Warum und tausend Antworten. Sie wusste nicht, welche der Fragen er gestellt hatte, also wählte sie die einzige aus, auf die sie jetzt eine Antwort geben wollte.
    „Wenn ich dich angerufen und dir gesagt hätte, dass ich deine Großmutter bin – wärst du dann zu mir gekommen und hättest mit mir geredet?“Er erstarrte, als sie die Worte aussprach, als hätte er unsinnigerweise gedacht, eventuell doch die falschen Rückschlüsse gezogen zu haben. „Ich weiß es nicht.“
    „Ich wusste es auch nicht. Für mich gab es nur diese Möglichkeit, um sicherzugehen, dass du kommen würdest.“ Sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, als er etwas sagen wollte. „Dass ich möchte, dass die Geschichte erzählt wird, war allerdings keine Lüge. Es gibt noch immer Dinge, die du nicht verstehst. Mehr, als ich an einem Tag oder in einer Woche erzählen kann. Du bist nicht mein einziges Enkelkind. Ich habe noch eine Enkelin. Und eines Tages wird Dawn mit deiner Hilfe ebenfalls alles verstehen.“
    In seinen Augen flackerte Wut auf. „Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihnen helfen will? Blutsbande? Meinen Sie, Sie hätten mir irgendetwas erzählt, das ich gern wiederholen würde? Meinen Sie, ich würde mich geehrt fühlen, Teil Ihrer Familie oder Ihrer Rasse zu sein? Dass ich mich nun mehr als Mensch fühle?“
    „Und was ist mit deiner Mutter, Phillip?“
    „Was soll mit ihr sein? Soll ich ihr sagen, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt doch nicht gestorben ist? Dass sie eine reiche weiße Frau ist, die kaum in Worte fassen kann, wie leid es ihr tut, dass sie sie nicht genug geliebt hat, um ihr eine Mutter zu sein? Haben Sie sich vorgestellt, dass ich für Sie vermittele? Dass ich Ihnen helfe, eine Wiedervereinigung zu planen?“
    „Nichts von alledem.“ Ihre Hände hatte sie im Schoß gefaltet. Sie widerstand dem Drang, sie ineinander zu verschlingen.
    „Was denn dann?“
    „Wenn ich mir ganz sicher wäre, dass es gut wäre für Nicolette …“
    „Nennen Sie sie nicht so! Ihr Name ist Nicky. Seit Jahrzehnten ist ihr Name Nicky. Nicky

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