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Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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dünnhäutig?«
    Ich öffnete den ersten Schrank. Ein bunt bemaltes, wurmstichiges Eichenmöbel, welches Hobbybastlern vermutlich einen Schauder der Begeisterung über das Rückgrat getrieben hätte.
    »Leer«, sagte ich.
    »Schauen Sie!« Kreuzkamp stand vor einem anderen Schrank. »Vom Stil her auch nicht besser, aber hier sind lauter Kästen drin.«
    Ich schob ihn beiseite. Mindestens zehn Metallboxen waren übereinandergestapelt. Jede einzelne abgeschlossen.
    »Verflucht!«, rief ich.
    »Kennen Sie den alten Spruch?« Er zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und begann, an einem der Kästen zu hantieren.
    Wütend stellte ich meine Tasche ab. »Ich höre.«
    »Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern. Von Samuel Beckett.«
    »Passt hier aber nicht, oder?«, sagte ich leise, denn Kreuzkamp hatte das Schloss bereits geknackt. »Sie machen mir Angst. Waren Sie mal als Einbrecher eine große Nummer?«
    In dem Kasten lag nur ein einziger Gegenstand. Eine Kladde mit schwarzem Umschlag und einem kleinen Schloss, das am seidenen Faden hing. Ich hatte auch massenweise Tagebücher dieser Art vollgeschrieben.
    »›Lisas Tagebuch‹«, zitierte Kreuzkamp. »Steht hier. Auf der ersten Seite.«
    »Lisas?«
    Wir sahen einander an. Die Geräusche in dem alten Haus drangen laut an mein Ohr. Wieder flatterte irgendwo ein Vogel. Ich zog den Kopf ein.

53
    »Wir möchten Ihnen unser Mitgefühl ausdrücken«, sagte Leitner und wies auf Nero neben sich. »Mein Kollege Nero Keller vom Landeskriminalamt.«
    »Warum?«, fragte die Frau mit der leuchtend roten Mähne. Ihre Hand spielte mit der Perlenkette um ihren Hals. »Warum Landeskriminalamt?«
    »Nun, der Fall um den Mord an Ihrer Tochter«, Leitner räusperte sich, »zieht einige Kreise. Es könnte einen Zusammenhang zur organisierten Kriminalität geben.«
    »Bitte was?«
    Scheiße, dachte Leitner. Ich bin einfach nicht geeignet für solche Situationen. Muss endlich lernen, mich zurückzuhalten und so wenig wie möglich preiszugeben.
    »Wir gehen nicht davon aus, dass Julika in der organisierten Kriminalität tätig war«, half Nero aus. »Sondern vermuten, dass sie aufgrund der Beziehung zu einem Mann in eine unschöne Geschichte hineingeraten ist.«
    »Julika liebt Mädchen«, sagte Elizabeth Cohen mit Nachdruck. »Sie war 16, als sie es mir gesagt hat. Sie liebt Mädchen.«
    Leitners Blick traf Neros.
    »Sie war lesbisch?«
    »Was für ein bescheuertes Wort«, regte Elizabeth Cohen sich auf.
    Leitner fragte sich, ob sie den amerikanischen Akzent nur imitierte. »Sie müssen verstehen, dass diese Information für unsere Ermittlungen wichtig sein kann. Tötungsdelikte sind in den meisten Fällen Beziehungstaten«, erklärte er.
    »Julika hat hier, in Landshut, wahrscheinlich niemandem etwas gesagt«, erwiderte Elizabeth und warf das Haar in den Nacken. Sie trug Schwarz. Schwarze Jeans und einen schwarzen Seidenpullover. Das Rot ihres Haares leuchtete ungesund. »Ich habe sie davor gewarnt, sich zu outen. Ihre Großmutter hätte das nicht gemocht. Meine Mutter war eine sehr, wie soll ich sagen, in ihren Einstellungen festgefahrene Frau. Für Homosexualität hätte sie kein Verständnis gehabt.«
    Leitner kannte Irma anders, aber er erwiderte: »Sie sprechen über Ihre Mutter in der Vergangenheit?«
    »Sie ist nicht mehr die, die ich kannte. Ich war vorhin bei ihr. Sie hat mich angesehen, als sei ich eine Fremde.«
    Wahrscheinlich können sich zwei Menschen nicht fremder sein als du und Irma, dachte Leitner.
    »Wollte Ihre Tochter Penelope Sie nicht nach Deutschland begleiten?«, erkundigte sich Nero.
    »Pen ist in Südamerika unterwegs. Sie will Journalistin werden und hat dort eine Möglichkeit gefunden, Praxiserfahrungen zu sammeln.«
    »Wie verstanden sich denn Ihre beiden Töchter?«
    »Überhaupt nicht. Sie haben ihre ganze Kindheit hindurch gezankt. Die eine hat der anderen die Haare ausgerissen, die Puppen massakriert, die Stofftiere gelyncht. Was bin ich froh, dass das vorbei ist.«
    Dumme Pute, dachte Leitner. Die kann nie und nimmer Irmas Tochter sein. Unterschiedlicher geht’s nicht. Von wegen, Genetik! Alles ist Genetik, so ein Quatsch! Irma und diese Cohen – die haben nichts gemeinsam. Er beschloss, mit Elke über Gene zu reden.
    »Standen die beiden in Kontakt?«
    »Nein. Bestimmt nicht.«
    »Das heißt, Sie wissen es nicht?«
    »Ich bin mir sicher, dass jede von ihnen auf dem Globus nach einem Ort sucht, der möglichst weit von der anderen entfernt

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