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Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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habe mich nie mit der deutschen Geschichte befasst. Julika hatte mehr Interesse. Sie fragte Großmutter oft aus, wenn sie zu Besuch war. Sie kam jedes Jahr zu uns. Julika wich dann nicht von ihrer Seite.«
    Yoo Lim kam zurück und stellte einen dampfenden Becher Kaffee vor Nero ab. Er ignorierte sie.
    »Dann fanden wir heraus, dass Großmutters beste Freundin die letzten Kriegstage nicht überlebt hatte. Das tat Großmutter noch so weh, dass sie nicht darüber sprechen konnte. Sie fing manchmal an, etwas darüber zu erzählen, aber dann brach sie ab. Ich glaube nicht, dass sie Angst hatte, uns zu viel zuzumuten. Sie brachte die entscheidenden Sätze einfach nicht über die Lippen. Julika wollte rauskriegen, was Großmutter so quälte. Aber vor allem wollte sie bei Großmutter sein. Sie suchte … nun, sie suchte ihre Nähe und ihre Liebe. Um die zu bekommen, war sie zu allem bereit.«
    »Was wissen Sie noch über Julikas Nachforschungen? Ihre Schwester hat Sie einen Tag vor ihrem Tod angerufen. Worüber haben Sie gesprochen? Versuchen Sie, sich so genau wie möglich zu erinnern.«
    »Sie hat einen Mann kennengelernt. Einen Journalisten. Der behandelt wohl ein ähnliches Thema. Schreibt ein Buch über die Generation, die das Kriegsende als Kinder erlebt hat. Aber Julika meinte, der Typ hätte nicht so den Durchblick und würde sich in zu vielen Einzelheiten verzetteln. Sie wusste, dass mich das interessieren würde, und wollte mir bei Gelegenheit eine Mail mit Texten schicken. Aber dazu kam es nicht mehr«, schluchzte Penelope.
    »Warum sollte das Thema Sie interessieren? Sie sagten doch, Sie hätten sich nichts aus deutscher Geschichte gemacht.«
    »Aus der journalistischen Perspektive. Mir schwebt etwas Ähnliches vor. Ein Serie über Menschen zu schreiben, die in südamerikanischen Militärdiktaturen aufwuchsen.«
    »Hatte Julika eine sexuelle Beziehung zu diesem Mann?«
    »Nein! Julika mag keine Männer. Sie liebt Frauen. Aber ich habe manchmal den Eindruck gehabt, das könnte sich noch ändern. Sie ist – war – keine so überzeugte Lesbe.«
    »Aber an ihm war sie definitiv nicht interessiert? Als Mann?«
    »Nein. Sie fand ihn ziemlich albern. Er sah aus wie Cary Grant. Darüber hat sie Witze gerissen.«
    Scheiße, dachte Nero.
    »Julika hat ein Forsthaus entdeckt, irgendwo in einem Dorf in der Nähe von Landshut. Dort haben Großmutter und Mom mal für kurze Zeit gewohnt. Julika stellte fest, dass noch Tagebücher, Briefe und alte Fotos unserer Großmutter dort lagerten. Anscheinend ist das Haus am Zusammenfallen und niemand hat sich darum gekümmert, es zu erhalten.«
    »Wo genau liegt das Haus?«
    »Keine Ahnung.«
    »Na gut«, sagte Nero. »Danke für Ihre Zeit. Eventuell melde ich mich noch mal.«
    »Egal wann. Ich kann ohnehin nicht schlafen.«
    Nero hörte, wie Penelope sich die Nase putzte. Erschrocken dachte er an die Zeitverschiebung.
    »Ich habe Sie aus dem Bett geholt.«
    »Wie gesagt – seit ich weiß, dass Julika ermordet wurde, kann ich kaum schlafen. Macht nichts. Das geht vorbei.«
    Soviel Resignation fand Nero bei einer jungen Frau ungesund.
    »Aber noch was fällt mir ein«, sagte Penelope und räusperte sich. »Julika meinte, das Haus würde einen seltsamen Eindruck auf sie machen. Weil das Erdgeschoss komplett verrammelt ist. Mit neuen Schlössern.«
    »Danke, Penelope. Bis bald.« Nero dachte allen Ernstes daran, Penelope das Flugticket nach Deutschland vorzustrecken.
    »Julika war lesbisch«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Yoo Lim, doch die Kollegin antwortete: »Ach?«
    Der spöttische Unterton ging Nero auf den Keks. Er verließ das Büro. Den Kaffee ließ er stehen.

57
    Ich griff aufs Geratewohl nach ein paar Kladden aus den anderen Kästen, die Kreuzkamp mir nichts, dir nichts geöffnet hatte. Dann tasteten wir uns die Hühnerleiter hinunter.
    »Unten kommen wir nicht durch. Wir müssen wieder durchs Fenster«, zischte Kreuzkamp.
    Mir wurde blümerant. Hinaufzuklettern war schwierig genug gewesen, aber mit dem Hinabsteigen hatte ich noch mehr Probleme.
    »Machen Sie sich nicht in die Hosen«, kommentierte ich. »Der Wagen ist weggefahren.«
    »Wissen wir, was als nächstes kommt? Der Typ hat doch gesehen, dass jemand hier ist.«
    Schlappschwanz, dachte ich.
    »Wenn wir unten sind, hauen wir zur Not in den Wald ab«, sagte Kreuzkamp und betrat das Zimmer im ersten Stock, durch das wir hereingekommen waren. »Los. Sie zuerst.«
    Ich warf einen Blick aus dem Fenster und

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