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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mir den König sicher macht.«
    »Das kann ich unmöglich in solcher Form versprechen.«
    »Dann hat Verhandeln keinen Zweck. Später, wenn völlig geordnete Verhältnisse eintreten, dann erst wird die Stunde gekommen sein, wo die Linke regierungsfähig wird.« Natürlich, dachte Otto, konstitutioneller Majoritätsminister! Dann kann man im Amte bleiben, jetzt verdirbt man sich nur die Chancen.
    Der alte Harkort, westfälischer Industrieller, lehnte ruhig ab: »Ich weiß die Ehre zu schätzen, doch erst muß ein Fachministerium von Beamten und Militärs den verfassungsmäßigen Zustand gründen. Dann erst können Verfassungstreue an die Arbeit gehen.«
    »Aber wo soll man die Fachminister hernehmen, ältere Herren, denen nicht immer persönlicher Mut zur Verfügung steht? Jeder muß persönliche Gefahr befürchten, da Sie Ihren hauptstädtischen Pöbel nicht im Zaum halten. Konservative Deputierte sind auf offener Straße verprügelt worden. Sollte Seine Majestätdie Geduld verlieren und nicht länger sacht einlenken, so darf man auf grobe Exzesse gefaßt sein.«
    »Ich bedaure das im Interesse der guten Sache. Aber ich kann nichts daran ändern.« –
    Im Juli brachen in Berlin neue Arbeiterunruhen aus, die sich fortsetzten, auch als die Garnison zurückkehrte, was zu fast täglichen Hänseleien und Reibungen führte. Die Nationalversammlung nahm den Antrag an, jeden Offizier auf die Verfassung zu vereidigen und jede reaktionäre Bestrebung als Hochverrat zu brandmarken. Besonderen Spaß machte dem Schönhauser Beobachter der neue Reichsverweser in Frankfurt, Erzherzog Johann.
    »Da haben also die Demokraten einen kaiserlichen Prinzen an der Spitze!« verwunderte sich Johanna, die in Vorbereitung ihrer schweren Stunde an Weißzeug stickte. »Und den Fürsten Leiningen haben sie, Stiefbruder der Königin von England. Auch ein sehr vornehmer Herr.«
    »Ja, ja, diese sehr vornehmen Herren sind von der Couleur des Prinzgemahls in England, des –« Er verschluckte etwas Verfängliches und ergänzte zögernd: »des Koburgers. Das ist natürlich ein geborener Liberaler. Die alle kokettieren mit der Demokratie wie mit einer Modetoilette. Der gute alte Johann hat viel Ärger mit seinen Brüdern gehabt, die Schwägerinnen nicht zu vergessen, steht sich auch mit seinem Neffen nicht gut, dem jetzt regierenden Herrn, und haschte allezeit nach Popularität. Innerlich ist er ein stocksteifer Österreicher, tut aber, als läge ihm Deutschland innig am Herzen, und versteht halt gut Weanerisch treuherzig den schlichten Bürger zu mimen. Damit fängt man den großen Haufen immer, der ja im Grunde nur knechtisch denkt, selbst wenn er als souveräner Herr spektakelt, und sich vor Entzücken nicht zu lassen weiß, wenn ein Fürst zu ihm herabsteigt. Wie jeden Demagogen durch Orden und Ministerposten, kann man jeden Volkshaufen durch volkstümliche Manieren einer Fürstlichkeit kirren. Das kostet nichts, und sogar der selige Kaiser Franz, ein arger Autokrat, hieß der guate Koaser Franzl, weil er das goldene Weaner Herz in breitestem Dialekt hervorkehrte. Ach, ich habe eine Schadenfreude!« Er ging im Zimmer auf und ab und trällerte: »Gott erhalte Franz den Kaiser!«
    »Aber Prinz Johann ist doch wirklich sehr liberal ... wegen seiner Ehe mit der Posthalterstochter. Und findest du das nicht schön, Otto, daß ein Fürst alles für Liebe opferte?«
    »Geopfert hat er nicht viel, höchstens eine konventionelle Ehe mit einer apanagierten Ebenbürtigen. Und ehrlich gestanden, Nanne, mögen Frauen und sentimentale Kleinbürger solche Mesalliancen bewundern, ich nüchterner Norddeutscher bin nicht dafür. Für an Österreicher geht halt nix über die Liab, und wenn er die stärkste menschliche Passion mit allen Mitteln befriedigt, ist das weder Tugend noch Heldentat. Wenn er sie aus Staatsinteresse überwunden hätte, würde ich ihn weit eher achten. Doch die Menschensind Schwachköpfe, eine romantische Liebesgeschichte schmeckt ihnen süßer als die edelste Pflichterfüllung.«
    Johanna seufzte leicht. Sie erkannte schon, daß die Tage der Troubadourschaft für ihren Otto vorüber seien, daß er den häuslichen Herd wie eine Vestaflamme hüten werde, doch daß ein anderes vulkanisches Feuer in seinem tiefsten Innern lodere. Und im Grunde wollte sie es auch nicht anders. Die Frau ist stolz auf einen männlichen Mann, und das allmächtige Muttergefühl sagt ihr, daß sie als Beschützer der Familie keinen anderen brauchen könne.
    »Und merke

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