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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Preußen, hätte Deutschland nicht reichlich solche Männer, wo wäre heut das Werk dessen, der da kam!
    *

Es verging nur kurze Zeit, daß der Prinz von Preußen wieder durchfuhr. Er kam von Rußland und ging nach Koblenz. Diesmal bewies er Otto aufrichtiges Wohlwollen. »Ihr Freund Kleist-Retzow wird Oberpräsident in Koblenz, das wissen Sie wohl. Ich werde also mit ihm zu tun bekommen.« Er war dem grauen Hans durchaus nicht hold als einem bornierten Reaktionär und versprach sich von dem beleidigend glücklichen Ehemann einer Stolberg – wie der unglückliche Strohwitwer Bismarck seufzend beneidete – nicht Angenehmes. Doch war er viel zu vornehm, um dessen Freund etwas Ungütiges zu sagen. »Ich sprach neulich über Sie mit der Prinzessin, wir schätzen Ihre hervorragende Kraft. Wie steht es denn hier?«
    »Soso. Österreich wird uns noch viel Knüppel zwischen die Beine werfen.«
    »Sie wissen, daß ich auf dies Reich nicht gut zu sprechen bin. Unser alter Feind würde uns jederzeit einen siebenjährigen Krieg machen. Mein Aufenthalt in Petersburg hat mich befriedigt und meine Auffassung etwas korrigiert. Der Zarewitsch, mein Neffe, ist ein herrlicher Mensch und hat die humansten Absichten. Man wird eines Tages davon hören, er wird Rußland sozusagen europäisch machen. Was den Zaren betrifft, so ist er natürlich der gleiche, nie kleinlich, sehr vornehm, aber leider –! Wer sich nur auf Bajonette setzen will, verwundet zuletzt sich selbst. Nun, ich weiß, Sie sind dort gut angeschrieben und beliebt. Was machen Sie für ein sonderbares Gesicht?«
    »Halten zu Gnaden, Königliche Hoheit, als Diplomat – selbst als ein solcher Neuling wie ich – soll man sich zwar nicht geschmeichelt fühlen, aber eine so freundliche Meinung begrüßen – nämlich, wenn man sie nicht verdient. Als Mensch bekomm' ich einen Stich ins Herz, wenn das Ausland mich lobt. Das ist immer ein schlechtes Zeichen. Schimpfen soll man an fremden Höfen auf einen Gesandten oder Minister, das ist ein Testimonium,daß er auf dem rechten Wege ist. Und nennt man ihn gar da draußen einen Schurken und Gewalttäter, dann muß er sich um sein Vaterland wohlverdient gemacht haben.«
    Der Fürst lachte herzlich. »Wie Sie doch immer die Dinge b«i Namen nennen! Es freut mich, daß Sie so denken. Übrigens lügt die Welt so viel. Mir sagt man auch russische Gesinnung nach, und niemand ist, weiß Gott, freier davon als ich. Wohin meine Neigungen gehen, ist Ihnen bekannt.«
    »Nach England. Doch schon oft wagte ich untertänigst zu bemerken: Eines schickt sich nicht für alle. Die Verhältnisse sind so verschieden, das englische Verfassungsleben paßt nicht für uns. Außerdem, eine schwache Krone, ein regierender Adel – wir Preußen wollen das Gegenteil.«
    »Zum Heile des Vaterlands.« Prinz Wilhelm sagte es ernst mit gewichtigem Nachdruck. »Aber es gibt doch ein Mittelding zwischen russischem Juchtenleder und englischer Baumwolle. Die scheußlichen Noten, die Preußen zugrunde richteten und denen wir ›Olmütz‹ verdanken«, sein Gesicht wurde bei dem Unheilsnamen hart und finster, »sind nun niedergeworfen. Doch die gemäßigt Liberalen sind gute, ehrliche Staatsbürger, und Ihre Freunde, die jetzt am Ruder sind, hausen viel zu schroff. Sie mögen sich denken, wie mich das aigriert, daß man gerade mich als Verfassungsfeind ausschreit. Die Gesinnungen der Prinzessin sind doch über jeden Zweifel erhaben, und ich selbst werde die Verfassung, die ich mitbeschwor, wahren bis zum letzten Atemzug. Ihre Kreuzzeitungsclique will ich mir nicht oktroyieren lassen, solches ist mein Raisonnement.«
    Der Fürst teilte Ottos Vorliebe für Fremdworte, nur daß er sie in Briefen stets mit lateinischen Lettern schrieb, gleichsam um ihren undeutschen Ursprung hervorzuheben. Daß er gegen die neue Demagogenhetze und die reaktionäre Strömung in Berlin frondierte, daß der Polizeirat Stieber, Kleist-Retzows Entdeckung, sogar dem Thronfolger ehrfurchtsvoll Spitzel nachschickte, um seine Äußerungen aufzufangen, war kein Geheimnis. Otto lenkte rasch ab:
    »Preußens Politik wird gottlob weder von der Kreuzzeitung noch anderen Presseorganen gemacht. Das Ministerium des Innern tritt heut an zweite Stelle, das des Äußeren hat das Wort. Hoheit erwähnten Bajonette, davon kann man nie genug haben, und unsere sind, hoff ich, scharf geschliffen.«
    »Sehen Sie Verwickelungen voraus?« Der Prinz sah ihn scharf an.
    »Nicht doch! Ich spreche von einst kommenden

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