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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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nichts verstehen. Die Hauptsache ist diesen Schwätzern, daß wir mit den kleinstaatlichen Kannegießern an einem Strange ziehen und den angestammten Augustenburger für ein nationaldemokratisches Palladium halten, ohne daß sie uns einen Schuß und einen Groschen zu liefern brauchen. Einem anmaßenden Gesellen, der einem die Freundschaft »aus Patriotismus« aufkündigt und den Krieg erklärt, muß man noch schreiben: »Ich halte mich auch nicht für dumm, bin aber darauf gefaßt, daß Sie dies als Selbsttäuschung bezeichnen.« Und man muß ihm aus seine Drohung den Hieb zurückgeben: »Mein Patriotismus ist von so starker und reiner Natur, daß neben ihm auch eine herzliche Freundschaft zu kurz kommen kann.« Welche Demütigung, jedem Stümper Rede stehen zu müssen und keinen Vertrauten zu haben, keinen! Na, wenigstens setzte er mit Gewalt durch, daß das Protokoll der Staatsratssitzung seinen angeblichen Lapsus linguae bezüglich Aneignung Schleswigs-Holsteins nicht unterschlug, sondern Costenoble dies nachträglich einschalten mußte.
    »Siehste, Nauke, da hast de de Pauke!« lächelte der König, der in seiner wohlwollenden Herzlichkeit manchmal Berliner Dialekt bevorzugte. »Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Wenn er's so will, so mag er's haben. Ein ausgezeichneter Mann, aber manchmal sonderbar.« So stand jetzt der sofortige Plan des bösen Bismarck, die teueren Stammesbrüder meerumschlungen an Borussias Busen zu ziehen, für alle Zeit dort verewigt als Wahrzeichen seiner vorschnellen Phantasterei!
    *
    Der edle Menschenfreund an der Seine trompetete inzwischen einer Adresse des Pariser Senats die »ganze Kraft seiner Wünsche« zu. Er ersehne die Stunde, wo ein Schiedsspruch Europas den großen schwebenden Fragen friedliche Antwort finden werde. Schrieb nicht so schon »der Gründer meines Hauses« (!) auf Sankt Helena? »Solange sich Europäer untereinander schlagen, wird es immer ein Bürgerkrieg sein.« Was einst Utopie, kann jetzt Wirklichkeit werden. Vorurteile der Vergangenheit auszuroden, heiße wahre Ehre erwerben.
    Plaudite, amici! Das goldene Zeitalter des ewigen Friedens bricht an, die Vereinigten Staaten von Europa werden sich konstituieren, sobald nur erst dieser Louis der holden Marianne, dieser gekrönte Zuhälter des demokratischen Frankreich, als Schiedsrichter beider Hemisphären thront. Um einen Vorgeschmack dieser erquickenden Zukunft zu geben, ging die blutige Posse in Mexiko weiter.
    Der französische Botschafter in Berlin fühlte sich seines Namens würdig, ganz Erbe des seligen Hinkefuß Talleyrand. Mon dieu , dieser Bismarck war ein recht einfaches Wesen. Er liebt die Bewegung und macht sich Motion, überdrüssig des Stillesitzens. Wohin er läuft, weiß er selber nicht. Ohne erkennbares Ziel marschiert sein abenteuerliches Trachten ins Dunkel. Mit Hochgenuß beschrieb er die Lage, seine Depesche vom 6. Januar beruhigte Drouyn de l'Huys und seinen Meister darüber, daß von Preußen nichts zu fürchten sei. Der König werde ewig zögern, eine Gewaltpolitik bis ans Ende mitzumachen. Am Hofe balgen sich die verschiedensten Parteien und Personen, lauter betriebsame Leute. Man müsse hier stets auf schnellen Szenenwechsel gefaßt sein. Nach Neujahr waren die Minister der Bundesstaaten noch eingeschüchtert durch Bismarcks drohende Haltung, heute heben sie wieder mutig ihr gebeugtes Haupt. Unser Kaiser Napoleon, das wird von Tag zu Tag gewisser, bleibt Lenker des Schicksals von Europa, höchster Gebieter über Krieg und Frieden. Man lasse sich nichts vorreden, Bismarck wagt einfach nichts. –
    So gelang die Täuschung aufs glücklichste. Zur Stunde, wo der neue Talleyrand orakelte, setzte der plumpe Deutsche schon das Ultimatum an Dänemark auf.
    Seine Berechnung schlug nicht fehl, am 14. Januar lehnte der Bundestag den Antrag ab, Schleswig zu besetzen, worauf Preußen und Österreich erklärten, das sei nunmehr ihre Aufgabe, gleich am 16. Dänemark eine Wahl binnen 48 Stunden stellten und nach Ablehnung, wie vorherzusehen, den Kriegszustand erklärten.
    Otto rieb sich die Hände. Die Dänen bauen teils auf unseren Parlamentskonflikt, von dem das Ausland sich lächerliche Vorstellungen macht, teils auf Begünstigung durch Frankreich und England. Napoleon wird aber England dafür strafen wollen, daß es seinen geplanten Pariser Kongreß ins Wasser fallen ließ, und England wird sich auf Zeitungsartikel beschränken. Ach, es ist zum Kranklachen, wie Beust, um seine deutschnationale

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