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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Militärpartei! Das werden Eure Majestät an Ihren eigenen Generalen kennen. Diese Herren möchten immer erobern, mit dem bloßen Ruhm begnügen sie sich nicht. Für solche Siege wie Düppel und Alsen verlangen sie etwas Handgreifliches.«
    »Ja, ja, Sie hätten am liebsten die ganze Beute eingesteckt und müssen jetzt mit Österreich teilen.« Otto seufzte ostentativ, Napoleon lachte. »Das schmerzt Sie, wie? Ist Ihre plötzliche Liebe zu Österreich wieder erkaltet? Schon? Was wird erst kommen, wenn Sie sich in Ihren abgesteckten Provinzen zanken!«
    »Wenn die Österreicher uns belästigen, werden wir sie hinausjagen.« Er sagte es ruhig und bedächtig.
    »Ah, ah! Fängt das schon an? Sie haben wohl einen kräftigen Gouverneur in Schleswig eingesetzt?«
    »Den General Edwin v. Manteuffel, einen sehr energischen Mann.«
    »Je energischer, desto schlimmer. Sie werden uns noch eines Tages Europa in Brand stecken.« Napoleon freute sich unbändig. »Was hat Sie denn eigentlich zur Freundschaft für Österreich bekehrt?«
    »Sie sind falsch unterrichtet, Sire. Von Freundschaft war bei dem allen keine Rede, sondern von harter Notwendigkeit. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel.«
    »Ach, geh'n Sie! Es war für Sie ein gutes Spiel, sollt' ich denken. Jedenfalls darf ich Ihnen jetzt keine Versprechen mehr geben wie in früherer Zeit. Preußen hat die Ratschläge Frankreichs nicht befolgt, ich behalte mir daher meine eigene Initiative vor.«
    »Wir erwarten sie mit unendlicher Spannung.« Otto verneigte sich tief. »Eure Majestät bleiben gewiß stets eingedenk, daß sich die allgemeine Lage bei unserem staatlichen Verhältnis nicht verschob. Preußen ist immer noch Ihr natürlicher Verbündeter bei gewissen Verwicklungen, die wohl nicht lange auf sich warten lassen.«
    »Hm! Bah! Wie schön die Brandung sich kräuselt, nicht wahr? Kommen Sie morgen zum Frühstück! Adieu!« –
    Otto kannte Louis' schwache Seite: sie hieß Italien. Sich in fremde häusliche Angelegenheiten einmischen, gebot ihm seine innerste Natur, und er verband mit der Härte eines Ränkeschmiedes die unklare Schwärmerei eines Träumers, der einem Eldorado nachjagt. Er glich einem Konquistador der Pizarrozeit, zwei Drittel Straßenräuber, ein Drittel Enthusiast. Italien bis zur Adria vereinen und es so als Vasallenstaat durch Pflichten der Dankbarkeit an sich fesseln, gaukelte ihm als Lieblingstraum vor. Otto begann gelegentlich von seiner Hochzeitsreise nach Venedig zu erzählen und vertiefte sich mit dem sachkundigen Merimée in eine Schilderung der alten Stadt Venetiens. Napoleon wurde bei Erwähnung Venedigs schon unruhig. Jetzt ergriff er Otto am Arme und führte ihn im Garten der kaiserlichen Villa umher, angeblich, um ihm seltene Pflanzen zu zeigen, tatsächlich, um jedem Lauscher zu entweichen.
    »Haben Sie Venetien an Österreich garantiert? Ja oder nein? Ich frage Sie als Freund und bitte mir unumwundene Wahrheit aus.«
    »Nein, Sire, mit keiner Silbe. Wir hätten dafür wohl Holstein bekommen, doch wir wollten nicht.«
    »Bravo! Sie stehen ja auch gut mit Florenz, wie ich weiß.«
    »Sehr, und wir werden uns noch besser stehen.«
    »Wann? Haben Sie Absichten einer Allianz?«
    »Gewiß. Ich wiederhole, Sire, mein Standpunkt Österreich gegenüber ist stets derselbe.«
    »Schön! Dann haben wir uns mißverstanden. Es geht doch nichts über offene Aussprache unter Freunden. Sie denken also immer noch an ... an ... Sie wissen schon, was ich meine.«
    »Ich denke daran, weil ich muß.«
    »Ja, wenn Sie müssen, dann ist nichts mehr zu sagen. Wen sein Schicksal drängt, der hört eine unbezwingliche innere Stimme.« Seine eigene Stimme klang feierlich, sein Schicksalsaberglaube beherrschte ihn in solchen Augenblicken. »Ich selbst perhorresziere jede Gewaltsamkeit.« Otto dachte an den Spruch des Onkels: Über den unterworfenen Erdkreis herrschen wir ohne Gewaltsamkeit! »Ich, in der Schule des Unglückes erzogen, durch die Vorsehung und den Willen der Franzosen einer hohen Bestimmung zugeführt, betrachte mich als den natürlichen Vermittler von Fürsten und Völkern.« Dieser ideologische Größenwahn sah in der Nähe so süßlich fad aus, wie ein Porträt der Kaiserin Eugenie von Winterhalter. Doch dieser Hofmaler malte damals alle Potentaten zu ihrer vollen Zufriedenheit, der geleckte Kunstfirnis machte sich aus der Ferne erträglicher, und Louis' Phrasen wirkten in die Ferne besser. »Wollte ich nicht damals durch den geplanten

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