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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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der andächtige Familienkreis.
    »Ich ging und ging auf Gebirgspfaden, bis ich plötzlich vor einer hohen engen Wand stand, neben ihr ein unergründlicher Abgrund. Sie kennen alle die Geschichte von Kaiser Max an der Martinswand. So war mir zumute. Doch kein hilfreicher Jäger kam mir zu Hilfe. Da sagte ich mir: du mußt umkehren. Da übermannte mich der alte Trotz, und ich schlug mit meiner Reitgerte gegen die Wand. Was geschah? Sie verschwand auf der Stelle, und der Weg wurde frei. Was sagen Sie dazu? Ist das ein Omen?«
    Nach verschiedenen Gutachten über die Bedeutung von Träumen und Traumbüchern verabschiedete er sich: »Muß gehn, sonst ängstigt sich meine Frau.«
    Ob die Wand so rasch verschwand, wenn er mit der Wünschelrute ausholte? Immer noch zu früh. Heute schon der 10. August, man muß sicher Krieg führen. Unsere Vorbereitungen militärisch noch nicht ganz beendet. Napoleon doch etwas unsicher, ich möchte ihn erst sondieren. Mit Italien noch nichts Festes. Intervention von irgendwem möglich. Sympathie für Österreich in der Armee infolge der Waffenbrüderschaft. Vorliebe des Königs für die alten Traditionen. So empfiehlt sich, einen letzten Termin in zwölfter Stunde zu stellen. Bleibt Österreich verstockt, dann werden König und Armee zur Besinnung kommen, daß Frieden nicht möglich sei. Nur nicht zu eifrig schreien! Auf die Jagd gehen! Kopfschuß über die Schlucht! Brutaler Lärm des Wasserfalls Tag und Nacht: Bächlein, laß dein Rauschen sein! Viel verlangt, da doch der eine Gedanke in meinem Hirn es nicht anders macht! Sonne? Is nich, dunkle Erinnerung besserer Vergangenheit. Feuchte Schwüle. »Ungewißheit, ob man vom Regen oder Schweiß naß wird,« schrieb er in seiner anschaulichen Art an Nanne. »Keudeken und Abel« tiefbedrückt, »was sie trinken sollen, schlechtes Bier, damit sie nicht schlechteren Wein trinken.« Adelheid, die Kultusregentin, war auch wieder da und wollte ihm »seine Häuslichkeit ersetzen«. Es gibt noch gute Menschen, mich schaudert.
    Graf Blome schauderte auch vor solcher Hartnäckigkeit, verborgen unter gemächlicher Nonchalance. Doch da war nichts zu machen, er unterschrieb am 14. August. Schleswig annektiert, Kiel gesichert, Lauenburg an Preußen abgetreten. Als der König an der Becksteiner Kirche vorbeikam, erhob sich Otto vom Steinsitz, wo er mit Edwin Manteuffel plauderte: »Heil dir, Than von Schleswig! Heil dir, Than von Kiel! Heil dir, Than von Lauenburg!« Er hätte im Stil der Macbethhexen fortfahren sollen: Heil dir, der du einst Herr der Deutschen sein wirst! Doch er verschluckte es klüglich. Der König lacht herzlich. Der Hohenzollern-Geschmack am Erobern erwachte in ihm, und er fühlte sich sehr wohl in der Haut, die sein kühner Berater ihm zuschnitt. Er antwortete in gleichem Ton: »Auf nach Ischl!« Dort sollte der Kaiser sich einfinden, um dem Vertrag die volle Genehmigung zu geben.
    Otto dachte behaglich an den früheren Bündnisabschluß in Gastein mit Rechberg. Er erfuhr nachher, dieser habe Bedenken gehabt, ob man ihn nicht einseifen wolle, und ob der Preuße nicht eine tückische Seele sei. Dies zu probieren, dafür gab es ein einfaches Mittel. Jeder Mensch entpuppt seine wahre Natur beim Kartenspiel. Er schlug ein Ecarté vor. Sein Partner spielte miserabel, verlor viel Geld, zeigte nicht die geringste Gereiztheit, sondern gähnte und lachte. Ein guter Mensch ohne Arg!
    Als er mit dem König nach Salzburg fuhr, befiel ihn wehmütige Zerstreutheit. Vor achtzehn Jahren erklomm ich hier mit Nanne den Schafberg. Und jetzt sitzt sie in Homburg am Taunus mit der Tochter, die uns damals noch unbekannt war! Die Kaiserin-Witwe Franz II. verlebte hier ihre letzten Jahre, man dinierte bei ihr und vernahm allerlei aus der verblichenen Ära.
    »Eure Exzellenz kannten Metternich? Ach, war das ein großer Mann! Er ging ganz auf die Intentionen meines hochseligen Gemahls ein. Franz der Gütige oder der Weise, wie seine Völker ihn nennen, bewies ihm stets seinen allerhöchsten Dank. Er war so dankbar.« Ja, das lernten die Tiroler Kindsköpfe. Ob die hohen Herrschaften sich wirklich dem Wahne hingeben, ihre offiziellen Legenden würden im Volke fortleben? Freilich sind die Völker ja unmäßig dumm, und die Wiener schwärmten wirklich für den seligen Franz II., einen der herzlosesten Tyrannen und Selbstlinge, die je gelebt, weil er Wiener Dialekt sprach und hier und da mal einem kriechenden Bürgersmann ein paar Gulden schenkte. Er hat so a

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