Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
König sich schon vor Ihrer Ministerschaft ernstlich mit dem Gedanken beschäftigt, den Kampf aufzunehmen. Lesen Sie nur einen Artikel vom Mai 1862 in der Berliner Allgemeinen, dem Organ der Altliberalen! Ich habe das Blatt verwahrt. Es war eine Korrespondenz ›vom Main‹. Die mißkannte Situation Preußens wird darin beleuchtet und versichert, der König sei entschlossen, in der deutschen Frage eine Tat zu tun, ernstlich, entschieden und plötzlich alle Sondermachinationen niederzuwerfen.«
    »Ich erinnere mich«, sagte Otto mit leisem Lächeln. Er stand jenem Aufsatz voll ›Anhaltspunkten‹ nicht fern. Unruh und Auerswald besorgten solche Sprachrohre im liberalen Lager. »Es waren Irrtümer dabei: Preußen habe seine Schritte mit Frankreich und Rußland vereinbart. Als Schreckschuß nicht übel, sonst falsch. Auch heute.«
    »Wir zogen doch aber Artillerie vom Rhein nach den schlesischen Festungen, als ob am Rhein nie etwas zu befürchten wäre.«
    »Vorläufig nein. Es kommt auf unsere Schnelligkeit an, wir müssen den Feind so rasch überrennen, daß jedes Interventionsgelüst zu spät kommt. Sie begreifen, daß wir dazu eine gute Jahreszeit bedürfen und dabei so spät, daß Frankreich erst im Herbst mobilisieren müßte, wo man doch ungern auf einen Winterfeldzug hinsteuert.«
    »Ich begreife, daß Sie uns den Krieg im Juni machen wollen.«
    »Wenn nicht der gräßliche Usedom uns in Florenz Unheil stiftet. Von Frankfurt hat man ihn nun glücklich fortbugsiert, doch kaum sitzt er in Italien, so macht er neue Geschichten. Er hat einen Menschen zum Generalsekretär, der ihm vorschwindelt, er sei ein Eingeweihter Mazzinis, in Wahrheit ist's ein österreichischer Spitzel. Dem liefert er alle Chiffern aus.«
    »Das ist ja empörend. Und Sie wurden nicht sofort bei Seiner Majestät vorstellig?«
    »Nur keine kleinlichen persönlichen Unannehmlichkeiten, jetzt wo der König seine ganze Seelenstärke braucht, um im großen den richtigen Überblick zu bewahren! Der Bruder Freimaurer kann ja im Grunde wenig schaden, sobald wir den Allianzvertrag mit Italien in der Tasche haben. Denn er wird auf so kurze Frist geschlossen werden, daß Österreichs Kenntnisnahme zu spät kommt, um seine Vorbereitungen zu beschleunigen. Natürlich nehme ich mich in acht, allzu plauderhafte Depeschen an diesen kuriosen Geschäftsträger zu richten. Inzwischen hat Graf Mensdorf bei allen deutschen Höfen angefragt, ob laut Artikel 19 der Wiener Schlußakte und Artikel 11 der Bundesakte das 7., 8., 9., 10. Bundeskorps zur Verfügung des Kaisers ständen, wenn Preußen sich Anheimstellung der Augustenburgerei an den Bundestagsbeschluß nicht gefallen lasse. Ich habe natürlich sofort mit einer Zirkularnote geantwortet und eine Bundesreform beantragt. Sonst werde Deutschland das Schicksal Polens treffen. Das ist den Herren freilich sehr gleichgültig, denn jeder denkt dabei seine eigene Haut zu retten, indes wir unsere zu Markte tragen.«
    »Und wenn Österreich uns angreift, was tun sie dann?«
    »So hab' ich gefragt. Die Antworten stehen noch aus, doch ausweichend oder ablehnend sind sie bestimmt. Freilich werden Hannover, Hessen, vielleicht auch Baden sich neutral salvieren wollen, doch – ich weiß noch nicht mal, ob mir das lieb wäre.« Er lächelte seltsam.
    »Wieso? Sie scheinen auf möglichst viel Feinde erpicht.« Roon schnitt ein langes Gesicht. »Sie haben eine große Zuversicht, das muß ich sagen.«
    »Hab' ich auch. Und der General Moltke auch, von dem man noch manches hören wird. Und den General Zündnadel kennen Sie ja intim.«
    Roon atmete hoch auf. »Ja, unser Gewehr wird Wunder tun, unsere Taktik auch. Die Österreicher haben von Solferino nichts gelernt, sie werden Überraschungen erleben. Also vorwärts mit Gott für König und Vaterland!«
    »Sobald es Zeit ist«, schloß Otto ernst die Unterredung.
    *
    »Der Kronprinz hat Max Duncker sein Leid geklagt, Bismarck habe sich ganz des Königs bemächtigt. Bei Ihrer Majestät der Königin hielt neulich der gräßliche Legionsrat Meyer eine Standrede über Bruderkrieg, auf die der Monarch nur milde erwiderte: ›Sie sind also mein Feind?‹ Mein Freund Droysen nennt solche Leute Wanzen, gegen die kein Insektenpulver hilft«, plauderte sich der Wichtigtuer Bernhardi vor Roon aus.
    »Ja, die Hof- und Staatswanzen!« Der Soldat stieß grimmig die Säbelscheide auf den Boden. »Sie werden so lange jucken, bis Bismarck abgeht, wenn ihm gewisse Dinge gegen die Ehre

Weitere Kostenlose Bücher