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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Tendenz in Altona hat es gemütlich geduldet. Ich drohte sofort mit Bruch der Allianz, wenn Wien fortfahre, den Wiener Frieden und den Gasteiner Vertrag zu mißhandeln. Man antwortete gereizt. Natürlich geht den guten Leuten jetzt ein Licht auf, daß sie in eine Falle gerieten, aus der es nur gewaltsamen Ausweg gibt. Sie waren dumm genug, nicht zu begreifen, daß schon die geographische Lage den Besitz Holsteins für sie wertlos macht. Und Edwin Manteuffel in Schleswig versteht sein Amt, streng und doch gutmütig gewöhnt er die Einwohner an preußische Ordnung und Wohlfahrt und drückt zugleich auf Holstein, so daß der österreichische Kommissar seines Lebens nicht froh wird. Auch schwand der Nachteil der Gasteiner Konvention, daß unser Anbandeln mit Italien ins Stocken geriet. Im vorigen Dezember erlebte Österreich den Schmerz, daß wir als Herren der deutschen Zollunion den Handelsvertrag mit Italien durchsetzten, wobei die Mittelstaaten also das neue Königreich anerkennen mußten. Österreich tobte, dies seien die Folgen von ›Biaritz‹, und ich hätte meine tückische Seele gezeigt.« Er lächelte unheimlich. Ihn hatte das Nibelungenlied vorgeahnt: Der grimme Hagen blickte über die Achsel hin. In aller Welt was frag ich wohl nach Krimhildens Groll! Anders empfand Roon die Sache:
    »Allianz mit der Revolution, mit diesem Usurpator-Re war mir nie sympathisch. Unsere – ich darf heute wohl nur sagen: meine – Kreise sträuben sich dagegen.«
    Otto zuckte die Achseln. »Der Michel bleibt sich immer gleich. Dort ist er prinzipientreu aus Liberalismus, hier aus Konservatismus und ein biederer Dummkopf immer. Weiß Gott, wenn ich nicht wüßte, daß jeder Blutstropfen in mir unverfälschtes niedersächsisches Geblüt ist, ich würde mich für einen Fremdling halten.«
    Dazu verstieg sich seine Bescheidenheit nicht, zu begreifen, daß die deutsche Nation als die eigentlich geniale notwendig auch das größte politische Genie aller Zeiten hervorbringen mußte. Doch bleibt sie deshalb immer noch dem Fluch verfallen, erbärmliche Diplomaten zu haben. Denn die innerste deutsche Natur ist unpolitisch. Und da die Deutschen unglaublich viele Genies, doch weniger ordinäre Talente als das Ausland hervorbringen, und im Staatsleben nur äußerst selten oder nie (ohne Revolution) die Genies an die Oberfläche kommen, so sind sie verraten und verkauft, bis die Gewalt ihrer Waffen die Lage ändert. In Deutschland sollten, da auf Erscheinen eines Genies in »höheren« Ständen nicht zu rechnen, immer nur Militärs die Diplomatenposten bekleiden, denn hinter denen steht doch wenigstens immer ein realer Wert. Der Militärattaché an den Botschaften ist fast immer der helläugigere, unbeirrbarere, pflichttreuere Diplomat. Aber war es denn nicht sinnbildlich, daß Otto am liebsten in Uniform erschien, daß er gänzlich dem kgl. preußischen Offiziersgeist verfiel?
    »Geht's denn nicht anders?« frug Roon halb beleidigt, halb kleinlaut.
    »Woher sonst Verbündete nehmen? Von den lieben deutschen Brüdern erwarte ich höchstens Neutralität. Italien aber haben wir immer sicher, solange es sich im ›Krieg ohne Herolde‹, wie die alten Griechen es nannten, gegen österreichisch Venetien befindet. Es steht immer auf dem Sprunge, wenn wir nur wollen. Allerdings hat es, durch den Gasteiner Vertrag abgeschreckt, von Österreich etwas auf friedlichem Weg der Geldentschädigung abhandeln wollen, doch erfuhr eine brüske Abweisung. Jetzt wird ein General Govone herkommen unter dem Vorwand, unser neues Geschützmaterial zu besichtigen und das System unseres Festungsbaus zu studieren.«
    »Ist es schon so weit, um loszuschlagen?«
    »Nein, ich werde abwinken. Wir haben noch einige Stadien zu durchlaufen. Trotz dem großen ›Marschallsrat‹ in Wien wird dort noch nicht gerüstet, und unser neulicher Staatsrat, zu dem Moltke hinzugezogen, ergab wohl unsere militärische Bereitschaft, doch nicht den Willen des Königs, ohne Provokation den Bruch zu vollziehen. Die Wiener werden schon dafür sorgen, daß es daran nicht fehlt.«
    »Man muß sich in die Seele Seiner Majestät versetzen«, entschuldigte Roon. »Es muß ihm schwer genug fallen, mit all seinen Herren Brüdern und Vettern zu brechen. Vergessen wir dabei nicht das Ewigweibliche! Unsere Königin-Witwe, die Kaiserin von Österreich, die Königin von Sachsen sind alle bayrische Prinzessinnen und da spinnen sich Fäden hin und her. Dagegen läßt sich nichts machen. Und doch hat der

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