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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zwingt uns die Finanzlage nicht, unser Vorgehen zu beschleunigen, wie Sie vielleicht voraussetzen. Wir würden uns nicht sogleich fortreißen lassen. Indessen,« fuhr er fort, da Otto schwieg, »würde unsere Regierung auch nicht auf lange Frist warten und sich für entferntere Möglichkeiten verpflichten. Denn wenn wir dem Vertrag treu bleiben, müßten wir vielleicht unsere dringenderen Interessen hintansetzen. Ich erinnere an die römische Frage.«
    »In der Sie niemals Frankreichs Beistand haben würden.«
    »Wahr, sie könnte sich aber binnen kurzer Zeit aufrollen, und Sie begreifen unser Bedenken, ein Bündnis auf zu lange Sicht zu schließen.«
    »Darüber werden wir uns verständigen. Der gute Genius beider Staaten weist mit erhobenem Finger auf unsere Allianz hin. Der Herzog von Savoyen und die Kurfürsten von Brandenburg erwarben zu gleicher Zeit die Königskrone. Dies große Sinnbild gemeinsamer größerer Zukunft mögen Sie sich vor Augen halten.«
    Govone war sehr ergriffen. Unser Cavour, wie er leibt und lebt! dachte er und schrieb es auch an Lamarmora. Laut aber sagte er: »Ich vertraue unbedingt Eurer Exzellenz. Doch meinen Vorgesetzten, General Lamarmora, quält die Befürchtung, man wolle mit uns nur ein Scheinbündnis, um eine Pression auf Österreich zu üben, damit es Ihnen Holstein herausgibt. Ich bitte sehr um Verzeihung, doch Eure Exzellenz befolgen ja selbst die Methode, offen heraus die Wahrheit zu sagen.«
    »Es ist die beste Methode für wirklich solide Geschäfte. Glauben Sie wirklich, wir haben so wenig im Auge als das bißchen Holstein? Das hätten wir jeden Tag bekommen, wenn wir Venetien garantierten.«
    »Das wissen wir«, sagte Govone betroffen. »Indessen – auch Ihre höheren Ziele könnten Sie vielleicht auf diesem Wege der – der –«
    »Erpressung, nicht wahr? Wie schlecht sind Sie informiert! Österreich würde noch eher Venetien opfern als seine Vormachtstellung in Deutschland. Der Kaiser Napoleon, den ich genau kenne, ist gleicher Meinung.«
    »Hm! An dessen guter Meinung liegt uns natürlich unendlich viel. Herr v. Lamarmora würde eben sehr gern sehen, wenn man sich dessen unbedingtes Wohlwollen durch eine deutsche Grenzabtretung sicherte.«
    »Ich bedaure, darauf nicht eingehen zu können. Der Kaiser weiß dies und versicherte mir, er verzichte.« Govone lächelte. »Sie werden mir entgegenhalten, daß Napoleon trotzdem neuerdings Ansprüche erhebt. Fragen Sie mal zu Hause an, ob Ihre Vertragstreue auch einer Verstimmung oder Feindseligkeit Napoleons gegen uns standhielte?«
    Govone rief erschrocken: » Dio mio! Man würde sofort nach Paris depeschieren: Was sollen wir antworten?«
    Otto kaute an seinem Schnurrbart. »Also nicht zu machen! Aber seien wir mal offen: ist das wirklich Ihr Freund? Wenn wir unterliegen, werden Sie nie Rom erhalten, Sie kennen die besondere Empfindlichkeit Napoleons auf diesen Punkt, er betrachtet den päpstlichen Segen als notwendig für seine Herrschaft. Frau Eugenie tut auch ihr Teil hinzu. Und scheint es Ihnen so verlockend, ewig ein Vasall französischen Protektorates zu bleiben? Nur durch uns können Sie Ihre Unabhängigkeit erlangen.«
    Govone sagte ruhig: »Das ist alles sehr wahr. Was an mir ist, soll geschehen. Ich baue dabei auf Seine Majestät meinen König. Er ist Soldat wie sein tapferer Vater und wird mannhaft sein Los mit Ihnen in die Schicksalsurne werfen, wenn er darin das Heil sieht. Lamarmora ist weniger begeistert, Cavour ist tot, doch sein Geist lebt noch im König. Ich habe die Ehre. Werde sofort depeschieren.« –
    Am 8. April ward der Vertrag unterzeichnet, wohl ein Unikum, da er, wie nie ein anderer, aggressiv nur auf sofortigen Krieg binnen drei Monaten lautete. Jenseits dieser Zeit verlor er seine Gültigkeit. König Wilhelm machte zwar ein bedenkliches Gesicht. Doch Österreich zog schon Truppen von Ungarn nach Böhmen, was ihn empörte. Auf die Frage Ottos, was dies bedeute, gab Karolyi eine geradezu beleidigende Auskunft: »Wir müssen wegen der antisemitischen Unruhen in Böhmen die Garnisonen verstärken.« Otto erwiderte mit einer stummen Verbeugung.
    Der schneidige Vittorio Emanuele, il Re Galantuomo , handelte klug als wirklicher Patriot, der sich durch Frankreichs widerwilliges Wohlwollen nicht täuschen ließ. Venetien konnte er mit Frankreich bekommen, Rom nie. Natürlich wirkte auch Cavours politisches Testament, der stets Anschluß an Preußen empfahl. Acht Jahrhunderte des Mittelalters verflochten

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