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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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gleiche von mir behaupten. Lasen Sie den Brief Seiner Majestät des Kaisers an Minister Rouher, verlesen im gesetzgebenden Körper? Die Ideen des Herrn Thiers sind veraltet, gehen auf den Wiener Kongreß zurück. Der Kaiser mit dem Adlerflug seiner Seele hat weitere Horizonte. Er möchte ein Plebiszit in Schleswig-Holstein, denn die Selbstbestimmung der Völker ist sein Ideal. Dies Bestimmungsrecht wird auch für Venetien anerkannt. Vielleicht verlangen auch einige Grenzgebiete ihre Vereinung mit Frankreich, solchem heiligen Rufe wird man nicht widerstehen können. Indessen wünschen Seine Majestät die Kräftigung Preußens sowohl als die Aufrechterhaltung der Stellung Österreichs. Die anderen deutschen Staaten müssen eine intimere Union gewinnen. Das europäische Gleichgewicht, über das wir wachen, verlangt aufmerksame Neutralität. Ohne unsere Zustimmung wird der Frieden nach etwaigem Kriege nicht geschlossen werden.«
    »Diese klaren, bündigen Ausführungen kann ich nur loben,« versetzte Otto trocken. »Wie der Kaiser mit Recht in der letzten Thronrede hervorhob: nur seine Liebe zum Guten gibt ihm die Kraft, die hohen Geschicke der Großen Nation auf seinen Schultern zu tragen. So sei es!«
    »Ihr Vertrag mit Italien, den wir kennen –«
    »Ei, Ihren Vertrag mit Österreich über Venetien-Schlesien kennen wir auch.« Benedetti erbleichte nervös. »Warum schon jetzt über ungelegte Eier zanken! Wir werden uns gewiß verständigen. Zurzeit dürften die so sehr trüben Nachrichten aus Mexiko den Sinn des Kaisers wohl auf andere Gegenstände lenken.« (oder auch, merkst de was, das überseeische Krächzen ihn zu einer Bravouraria am Rheine reizen.) Benedetti erhob sich.
    »Es kommt also wirklich zum Kriege? Der Telegraph bringt die Kunde, daß die Österreicher aus Holstein abziehen, weil General Manteuffel einrückte. Darauf wird Österreich wohl am Bundestag klagen.«
    »Mag es! Diese Frage ist eine nationale und nicht partikulare. Wir wollen sie gern vor eine wirkliche Nationalversammlung bringen in Verbindung mit der Bundesreform. Was wir wollen? Einheit von Münze, Maß, Gewicht, von Patenten, Zivilprozeß, Heimatsrecht, Zoll, Handel, Konsular- und Verkehrswesen, gemeinsame Flagge, Marine und Häfen, Herresorganisation.«
    »Ein gigantischer Plan!« staunte Benedetti. »So würden Sie ja ein einiges Bundesreich schaffen. Und wenn der Bund und Österreich sich weigern?«
    »Dann werden Sie einen historischen Moment erfahren.«
    Der Franzose schwieg einen Augenblick. »Ich muß nachträglich Eurer Exzellenz meine Gratulation darbringen zu Ihrer wunderbaren Errettung aus Mörderhand! Das muß Sie und Seine Majestät tief erschüttert haben.«
    »So sehr, daß am anderen Morgen darauf die Mobilisationsorder an die noch übrigen drei Korps und die ganze Landwehr erging.« Otto stand hochaufgerichtet. Der Franzose wollte etwas sagen, verbiß es aber, empfahl sich liebenswürdig und ging langsam hinaus. –
    »Gibt es wirklich gar keinen Ausweg aus der Klemme Krieg oder Frieden?« Der König ging unruhig hin und her. Die hohen Damen lagen ihm wieder in den Ohren, dachte Otto, der in ehrerbietiger Haltung am Arbeitstische des Monarchen stand.
    »Ich werde noch eins versuchen und dem Grafen Karolyi sofort vorschlagen Allianz mit Österreich gegen die französische Einmischung, die norddeutschen Truppen unter Preußens, die süddeutschen unter Österreichs Befehl. Gemeinsame Eroberung des Elsaß, geradeso überrumpelnd, wie Frankreich es einst uns stahl. Es kann unserem Doppelstoß nicht widerstehen, und wir würden dann als wahre Mehrer des Reiches deutscher Nation zusammen leichter als sonst einen deutschen Bund unter uns, zu gleichen Teilen dominierend, gründen und festigen.«
    Der König blieb erstaunt vor ihm stehen. »Wenn Sie das durchsetzen könnten! Das wäre herrlich. Ja gewiß, wir kämen dann mit leeren Händen nicht, würden der Nation ihr altes Reichsland zurückschenken. Das ist ein großer nationaler Plan. Straßburg und Elsaß!«
    »Fehlt nur eins dazu, die nationale Gesinnung Österreichs. Majestät, ich bekenne offen: ich hoffe wenig davon. Doch da werden Sie recht mit Händen greifen, daß Österreich sich in keiner Weise um Deutschland selber kümmert, sondern nur um seine eigene Vorherrschaft.«
    »Gut, machen Sie diese letzte Probe. Und bekommt Napoleon Wind davon?«
    »Ich werde mich auf nichts Schriftliches einlassen. Napoleon ist nicht gerüstet und würde überhaupt für keinen von uns

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