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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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eintreten. Österreichs Niederlage wäre ihm so lieb wie die unsere. Daß wir uns beide schwächen, ist sein einziges Ziel.«
    »Wenn ich daran denke, daß man Sie als Franzosenfreund verschrie! Wie kamen Sie überhaupt auf diesen neuen Einfall?«
    »Weil ich voraussehe, daß nur Kampf mit Frankreich uns die rechte Einheit bringt. Gegen den Erbfeind wären auch die zu haben, die nicht mit Österreich anbinden wollen.« Er wußte, daß der Vorschlag dem deutschen Empfinden des Königs entgegenkam und er die Ablehnung, an der Otto keinen Augenblick zweifelte, als mißglückte Feuerprobe österreichischen Deutschtums aufs Kerbholz setzen werde. Mit allen Mitteln mußte dem tapferen Greis die völlige Undeutschheit des Donaustaates vor Augen gerückt werden.
    Karolyi stierte den Minister betroffen an, als sei er nicht bei Sinnen. Daß er nicht laut herauslachte, war alles. Elsaß! Was ist uns Hekuba! »Ich werde mein Möglichstes tun und sofort depeschieren ...«
    Die Antwort kam sehr bald. »Ein glatter Refus!« berichtete Otto dem König, der finster die Stirn runzelte. Der Gedanke an Straßburg, die wunderschöne Stadt, hatte einen poetischen Reiz, und er fühlte bitter, welche Kluft ihn von Österreichs Hauspolitik trennte. Er brauchte nicht Bismarcks Brille, wie man ihm vorwarf, sondern hatte seine eigenen scharfen Augen und sah jetzt dem Unvermeidlichen tapfer ins Auge. Freilich wühlten Bethmann-Hollweg und seine Clique, Schleinitz als Hausminister der Königin und der ganze kronprinzliche Hof immer noch unverdrossen gegen die einsame Säule, die nicht wankte.
    »Gottlob, unser Langer steht inmitten all der Bösgesinnten wie ein Kolossus!« rief Moritz Blanckenburg, der sich jetzt ehrlich für seinen Freund begeisterte und überhaupt langsam über seine ursprüngliche Beschränktheit hinauswuchs. Nach ihrer schlimmen Vergangenheit und Zusammenbruch ihrer Schreckensherrschaft, nach den vielen Schlingen und Fußangeln, die ihre reaktionäre Verranntheit ihrem einstmaligen Genossen in den Weg legte, den sie als abtrünnigen Schildknappen betrachtete, rang sich die Kreuzzeitung zur Würdigung Bismarckischer Ziele allmählich durch. Sie verleugnete ihre Vorliebe für Österreich, wenngleich matt und zaudernd, und es soll ihr nicht vergessen werden, daß sie von da an eine ehrlich nationale Politik betrieb. Einige von ihrer Partei, wie der im Grunde hochgemute vortreffliche Graf Eberhard Stolberg, obschon auch er junkerliche Entgleisungen hinter sich hatte, oder Graf Fred Frankenberg, Ordonnanzoffizier im schlesischen Armeekorps, trugen eine großdeutsche Stimmung zur Schau, die wohltuend von der verbissenen Regierung der Fortschrittler abstach. Sie empfanden schönen edelmännischen Vaterlandsstolz dem Ausland gegenüber, nicht länger als bloße Preußen, sondern als deutsche Ritter. Etwas von dem Geist des alten Blücher lebte in ihnen, der 1809 zornig seinen Abschied forderte, »sintemal ich nicht bloß preußischer Militär, sondern deutscher Edelmann bin«. Das ganze Deutschland soll es sein! So hatte der Odem des Genius deutscher Nation weithin die Stickluft gereinigt, seine eigenen Kreise, die ihm ursprünglich am fernsten standen, mit wahrer vaterländischer Gesinnung angesteckt.
    In Berlin befand sich der französische Publizist Vilbort, den Otto für sich einzunehmen wußte. Bei seiner beschränkten Zeit gewährte er ihm erst spät abends zum Tee eine lange Unterredung, die erst um Mitternacht endete. Beim Abschied bat er ihn, morgen bei ihm zu essen. »Das ist die einzige Stunde, die mir selbst gehört. Jetzt muß ich wieder arbeiten, bis die Sonne meine Lampe löscht. Napoleon hat gesagt, er sei der geplagteste Sklave, er gehorche einem strengen Herrn, der Natur der Dinge. La nature des choses , wie unheimlich bedeutungsvoll das klingt! Nun, auch ich diene in meiner bescheideneren Sphäre den gleichen unerbittlichen Gewalten.«
    Als Vilbort am anderen Tage zu Tische kam, fand er den Hausherrn scheinbar in der heitersten Laune. Er streute attisches Salz mit vollen Händen aus und plauderte ununterbrochen über Paris, als spaziere er noch auf dem Boulevard des Italiens. Sogar der Ball Mabille entging nicht seinen satirischen Späßen. Auf seiner breiten Stirn verriet nicht die kleinste Falte, daß er sich in ungeheurer Spannung befand. Vilbort suchte ihn mit einer Anspielung anzubohren: »Haben Exzellenz die Pariser Zeitungen gelesen, die heute morgen hier anlangten?«
    »Flüchtig. Es stand nichts

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