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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Diner zum Geburtstage der Königin Viktoria den Ministerpräsidenten beiseite. Lord Augustus Loftus, ein kühler Unparteilicher, fühlte weder für Preußen noch für Österreich besondere Neigung.
    »Das weiß ich so wenig wie irgendwer. Man glaubt zu schieben und man wird geschoben. Uns Diplomaten setzt der Krieg sofort aus unserer vorragenden Stellung ab, das Militär allein hat dann das Wort.«
    »Falls nicht Militär und Staatsmann vereint wie beim Herzog von Wellington.«
    »Ach, da haben Sie's! Der lebt in der Geschichte fort als großer Krieger, nicht als Staatschef, der im Grunde den Frieden liebte und aufrechterhielt. Nur das Schwert erwirbt Lorbeer bei der Menge, dem großen Publikum. Attila und Dschinghiskhan kennt jeder Schuljunge, von weisen Staatsmännern hat er nie gehört. War denn Attila wirklich größer als z. B. Ihr tüchtiger Reformer John Bright? Schwerlich, und doch grub er seine Spur für ewig der Geschichte ein, indes Bright selbst im eigenen Lande bald vergessen sein wird. Es ist ein undankbarer Beruf, sich um die Wohlfahrt der Nebenmenschen zu bemühen. Sie zu quälen imponiert ihnen mehr.«
    »Darf ich daraus Ihre aufrichtige Friedensliebe entnehmen?«
    »Das dürfen Sie. Es ist der Krieg ein roh gewaltsam Handwerk, hoffen wir das beste, daß die Schwerter in der Scheide bleiben.«
    Als er ging, bemerkte der französische Gesandte mit vielsagendem Lächeln zu Loftus: »Hat er seine Friedensliebe beteuert? Das ist ein schlechtes Zeichen.«
    »Er war ziemlich elegisch. Ich glaube an den Frieden, die Friedenspartei ist zu stark. Die kronprinzlichen Herrschaften sprachen mir noch gestern ihr Mißfallen über seine gewaltsame Politik aus.«
    »Das sind erklärte Gegner, ich weiß. Wer so parlamentarisch denkt wie Seine Königl. Hoheit, muß sich natürlich einem Kabinettskriege widersetzen, mit dem die Nation nicht harmoniert.«
    »Sehr richtig«, bekräftigte Lord Loftus. »Auch Ihre Majestät die Königin schreibt täglich aus Baden-Baden an Seine Majestät, um von jedem Bruch mit Österreich abzuraten. Und die Königin-Witwe weilt zurzeit in Pillnitz bei dem sächsischen Königspaar und fädelt an allgemeinem Frieden. Wenn es so am Hofe steht, wie will Herr v. Bismarck vollends die allgemeine Opposition im Lande überdauern! Sie werden sehen, der König schwankt in einem fort, und am Ende wird er den unbequemen Ratgeber über Bord werfen.«
    Der Franzose schüttelte den Kopf mit feinem Lächeln. »Sind Sie dessen so sicher? Dieser Mann hat eine unbeugsame Hartnäckigkeit und bekämpft täglich die Unschlüssigkeit des Monarchen. Kennen Sie das Bonmot, das darüber umläuft?«
    »Nicht daß ich wüßte!« Loftus spitzte die Ohren. So etwas hören Diplomaten für ihr Leben gern, um ihre saftlosen Berichte damit zu schmücken.
    »Man sagt, der Minister sei ein fleißiger Uhrmacher. Jeden Morgen zieht er die abgelaufene Uhr wieder auf.« –
    Inzwischen suchte Freund Louis die Uhr nach Pariser Zeit zu stellen. Er und Thiers überboten sich in widerstreitenden Phrasen. Das erhabene französische Volk wolle »selber die glorreiche Last seiner Geschicke tragen«. Aber natürlich, »Fortschritt, Stabilität, Freiheit, Intelligenz, hochherzige Gesinnung, edle Bestrebungen, Arbeit –«, Herz, was willst du noch mehr als kaiserliche Antwort auf eine Adresse? Seine Gemeinplätze klingelten in der Thronrede herrlich, ob auch wunderbar: »Die moralische wie die physische Welt gehorcht allgemeinen Gesetzen, nicht durch tägliche Erschütterung der Grundlagen beschleunigt man die Krönung des Gebäudes.« Thiers, nicht faul, warf sich jetzt auf das Auswärtige und kritisierte die Schlaffheit des Empereurs, der noch immer nicht etwas Leckeres geraubt hatte, wie es französischer Ritterlichkeit schmeckt. Die Sterne stehen günstig über dir, o Cäsar, um einen nächtlichen Einbruch zu verüben, was der Genius dieser wahrhaft großen Nation so gut versteht. Dies Preußen scheint im besten Zuge, ein Attentat gegen deutsche Freiheit und Unabhänglichkeit zu begehen. Nimmermehr! Solche deutsche Einheit wäre Erniedrigung Frankreichs. Vor allem müsse man Italien verbieten, sich mit Preußen zu verbünden.
    »Diesem Verbot wird der Re Galantuomo sicher gehorchen,« bemerkte Otto mit spottfunkelndem Blick, als der französische Gesandte Graf Benedetti auf dem Sofa neben ihm saß. Dieser nahm jedoch eine sehr ernste feierliche Miene an. »Eure Exzellenz belieben in fröhlicher Laune zu sein. Ich könnte nicht das

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