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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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    *
    Am Morgen fand er Moltke im Salon Johannas warten. »Sie regten an, ob wir 24 Stunden früher die Feindseligkeiten eröffnen können? Wegen Sachsen und Hannover? Topp, es soll geschehen.« In der Tür wandte der Hagere sich um und schmunzelte: »Die Sachsen haben die Dresdener Brücke gesprengt!« »Schade!« »Aber nur mit Wasser, wegen Staub.« Wenn der alte Herr so schlechte Scherze macht, muß unsere Sache gut stehen. –
    Er fuhr schon vorher mittags beim Erbprinzen Friedrich Wilhelm von Kurhessen vor, der sich in Berlin befand, um die Dinge aus der Nähe zu beobachten.
    »Ich rate Eure Hoheit dringend, sofort per Extrazug sich nach Kassel zu begeben, um Ihre Neutralität zu sichern, entweder indem Sie dem Kurfürsten die Lage im rechten Lichte zeigen oder auf Ihre eigene Verantwortlichkeit.«
    »Wie käme ich dazu und warum Extrazug?« Der Erbprinz steckte eine verdrossene süffisante Miene auf.
    »Weil es sonst zu spät wäre, die Besetzung Hessens durch unsere Truppen rückgängig zu machen. Division Beyer steht vor Wetzlar und wird sofort in Kassel einrücken, die anderen unserer Streitkräfte kommen durch Hannover.«
    »Ah, das soll auch vergewaltigt werden?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen. Ich bedauere es tief. Bis zum Frühjahr schien dieser Staat vernünftigen Erwägungen Gehör zu geben. Der Minister, Graf Platen, ein alter Freund von mir, war noch Ende Januar in Berlin.«
    »Um ein Verlöbnis zwischen Ihrem Prinz Albrecht und der Prinzeß Friederike von Hannover zustande zu bringen. Doch Sie sehen,« sein Lächeln entbehrte nicht einer gewissen Schadenfreude, »die schönsten Pläne können zu Wasser werden.«
    »Ich möchte Eurer Hoheit gehorsamst empfehlen, die Dinge nicht auf die leichte Achsel zu nehmen. Der österreichische General, Graf Solens, ein Stiefbruder des Königs Georg, hat die berühmten 800 000 Österreicher ins Treffen geführt und so den armen blinden Herrscher noch mehr verblendet. Daß er seit April rüstet und meine Anfrage nach dem Warum mit dem Witze beantwortete, die Herbstmanöver würden aus ökonomischen Gründen diesmal im Frühjahr abgehalten, wird ihm vielleicht den Thron kosten.«
    »Oho!« brauste der Erbprinz auf. »Sie verfügen zwanglos über deutsche Souveräne. Der Kaiser ist auch noch da, und es wird uns wohl erlaubt sein, uns zu wehren.«
    »Soviel Sie können«, versetzte Otto eiskalt. »Diesmal wird es überall heißen Vae victis . Die elenden Schwätzer im Süden, wie mein Bekannter Varnbüler, der als württembergischer Premier völlig den Verstand verlor, zitieren diesen Spruch gegen uns, doch sie werden bald inne werden, daß Hochmut vor den Fall kommt. Wollen Eure Hoheit den Fortbestand Kurhessens ermöglichen oder nicht?«
    Der Prinz hatte eine unbestimmte Erinnerung aus der Geschichtsstunde, als ob so ein römischer Prokonsul mit dem historischen Togazipfel zu hantieren pflegte: Krieg oder Frieden?! Das erbitterte ihn noch mehr. Preußen ist doch nicht Rom! »Ich werde mir die unnützen Kosten eines Extrazuges sparen und mit dem fahrplanmäßigen gewöhnlichen Zuge reisen.«
    »Ist Ihnen der hessische Thron keinen Extrazug wert? Wenn Sie Neutralität verweigern, so wird nach unserem Siege Kurhessen verschwinden, das zeige ich Ihnen an. Siegt aber Österreich, so können Sie sich mit force majeure entschuldigen und man wird Ihnen vielleicht noch preußische Landesteile zuschanzen. Droht man doch schon, es sei viel für Deutschlands Zukunft gewonnen, wenn Sachsen und Hannover ums Doppelte vergrößert werden. An letzteres hat man den Regierungsbezirk Minden versprochen. Nach solcher erst zweideutigen und dann offenkundigen Feindseligkeit werden wir keine Rücksicht nehmen. Bedenken Sie jedoch, daß es uns gar nicht ums Depossedieren von Einzelfürsten und territoriale Bereicherung zu tun ist, sondern um den neuen Deutschen Bund unter Preußens Leitung. Ich warne Eure Hoheit, uns nicht zu schärferer Auffassung zu zwingen. Denn der Existenz von Feinden in Norddeutschland werden wir ein Ende machen.«
    »Wie Sie schon Holstein durch Ihren General Manteuffel sich aneigneten, möchten Sie dies anderswo auch. Ich habe die Ehre, die Unterredung zu schließen. Wir sehen uns ja wohl noch mal im Leben, und Österreich wird ein Wort mitreden.«
    Als Otto ging, flüsterte er freudig: Gott sei Dank! Wen Gott verderben will, den blendet er. Ich muß natürlich mich friedfertig anstellen und die Hand hinstrecken, um die Abneigung des Königs gegen

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