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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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»Die Schlacht darf doch nicht verloren gehen?« Hätte man im königlichen Stabe die Schrecknisse des Swiepwaldes vor Augen gehabt, neben denen die Vorgänge bei Sadowa nur ein Kinderspiel waren, hätte die Unruhe sich noch mehr gesteigert. Freilich fielen die Österreicher in ganzen Massen unter dem Hinterladerfeuer, auch sah der vom Kronprinzen hergesendete Stäbler Major Burg lange Gefangenenzüge, ebenso aber ganze Bataillone von Verwundeten oder führerlosen Versprengten. Die Kunde »der Kronprinz kommt« flog um, Fransecky ersuchte den Stäbler, sofort heimzukehren und die Spitzen der Garde auf Maslowed zu lenken. Pfeilschnell die feindlichen Schützen südöstlich vom Walde durchreitend, kam der Major glücklich durch. Auf die schon ins Freie auf Benateck vordringenden Österreicher hieben jetzt die braunen Magdeburger Husaren ein und zwangen ein ganzes Bataillon zur Waffenstreckung. Mit unübertrefflicher Hingebung hielten die Mannschaften aus, belebt durch das Beispiel ihrer Offiziere, von denen viele verwundet, auf Hornisten gestützt, den Kampf weiterleiteten bis zum letzten Atemzug. Fünfzig slawo-madjarische, auch einzelne steiermärker und kärntner Schlachthaufen vermochten, wo sie mit rauschender Feldmusik und oft glänzender Bravour, vier gegen einen, sich heranwälzten und wo fast sechsfache Geschützüberzahl ihnen mit ununterbrochenem Granathagel den Weg bahnte, die eiserne Kraft der Norddeutschen nicht zu brechen. So focht man nicht mehr seit der Mordschlacht von Waterloo.
    An diese dachte aber auch Otto im stillen, das Wort Wellingtons umsetzend: Ich wollte, die Nacht wäre da oder der Kronprinz. Das unmittelbar vor ihm wogende Gefecht bei Sadowa schien sich immer unvorteilhafter zu gestalten. Kavallerie und ein großer Teil der Artillerie fanden keinen Raum, die Bistritz zu überschreiten, die feindliche Kanonade wuchs fortwährend. Von Lipa brüllte ununterbrochener Donner, jetzt von nahezu zweihundert dort angehäuften Geschützen.
    »Der Feind hat wohl noch seine Geschützreserve vorgezogen«, meinte Roon. So war es, wenigstens die Hälfte, während die andere endlich nach Chlum abging. Die preußische Artillerie arbeitete mit verzweifelter Anstrengung aus der Tiefe gegen die Höhe, natürlich mit geringem Erfolg. »Hilf Himmel, da gehen Batterien zurück«, rief Roon. An der mit Munitions- und Ambulanzwagen verstopften Sadowabrücke herrschte Wirrwarr, wie man deutlich beobachten konnte. Weiter rechts wichen fünf Batterien, die sich verschossen hatten, aus der Front. »Schon wanken die Pommern bei Dohalitz!« Am Mittag sah man Vorwärtsbewegung bei den Brandenburgern, die bisher im Rückhalt blieben. »Das ist kein gutes Zeichen. Prinz Friedrich Karl hält für nötig, die Vorderlinie zu stützen.« Um 1 Uhr strömten Massen von Versprengten aus dem Holawalde heraus, den Division Horn und Teile der Pommern überfüllten. Jedes Vorbrechen auf Lipa wurde alsbald durch schrecklichen Granat- und Schrapnellhagel vereitelt, der bis in die Reserven an der Bistritz einschlug.
    »Das ist eine Schmach und Schande!« Der auflösenden Wirkung des modernen Feuergefechts ungewohnt, in Anschauungen der alten Schule erzogen, die noch drüben bei den Kaiserlichen ein festes Zusammenschließen geordneter Abteilungen gebot, betrachtete der königliche Greis die eingerissene Unordnung in viel zu bösem Lichte. Er setzte plötzlich seinem Braunen die Sporen ein und ritt in die Niederung zu den versprengten Haufen, die er mit zornbebender Stimme anherrschte: »Schämt ihr euch nicht? Bedenkt, daß ihr Preußen seid! Wo sind eure Offiziere?« »Alle gefallen, Majestät. Wir brauchen Kommando.« »Da werde ich euch selber ordnen.« Er stellte die Leute in Reih und Glied, die selber stürmisch nach neuem Vorgehen begehrten. Allmählich stellten sich einige leichtverwundete Offiziere ein, und die Scharen kehrten sogleich in den Wald zurück. Natürlich schlugen wieder Granaten in der Nähe des Königs ein. Otto hatte sich an Roon und Moltke gewendet, sie möchten Majestät aus dem Feuer bringen. Diese lehnten jedoch ab, das käme ihnen als Militärs ihrem obersten Kriegsherrn gegenüber nicht zu. »Es ist nur an Ihnen, sich zu äußern.« »Ich bin auch Soldat, wenngleich nur Major.« »Sie sind Ministerpräsident.« Gereizt durch diesen militärischen Aberglauben, aber selber zaghaft, den heldenmütigen Greis zu erzürnen, nahm sich Otto ein Herz. »Majestät wollen mir huldvollst gestatten, daß ich als Ihr

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