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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Abkochen und Pferdefutter.« Das schlug natürlich beim König ein.
    »Die braven, braven Leute!« rief der König gerührt. »Es wäre unmenschlich, mehr zu verlangen. Natürlich müssen sie sich erholen.«
    Otto schüttelte den Kopf dazu, sagte aber füglich nichts. In Wahrheit waren das Brandenburger Korps und Division Etzel völlig frisch, die zahlreiche Reiterei hätte nach genügender Vorbereitung alles in Grund und Boden reiten können, das Korps Steinmetz und fast das ganze Korps Bonin trafen erst jetzt ein – ein niederschlagender Beweis für die theoretische Minderwertigkeit konzentrischer Angriffe –, hätten aber unter sofortiger Einsetzung der letzten Kräfte das gänzlich zerschlagene Kaiserheer an die Elbe drücken und den Rückzugsübergang in eine Beresinakatastrophe verwandeln können. Moltke redete sich später damit heraus, nur ein mitleidslos harter Wille könne den Truppen so etwas zumuten, wobei er obendrein unterschlug, daß große preußische Teile noch völlig frisch waren. Doch selbst wenn sie so erschöpft gewesen wären, so waren dies die Franzosen bei Jena und Austerlitz auch, und wie erst die Preußen Blüchers bei Belle-Alliance, die viel ärgere Strapazen, verhältnismäßig blutigere Kämpfe hinter sich und seit vorgestern eine furchtbare Niederlage in den Knochen hatten und dennoch rücksichtslose Verfolgung durchsetzten. Und hier winkte ein viel größerer Siegespreis, da Benedek die Elbe im Rücken hatte, also ein großer Teil seines Heeres nicht mehr hinübergekommen wäre. Am folgenden Tage aber – was wäre denn aus Blüchers Katzbachverfolgung geworden, wenn er ähnlich gedacht hätte, der noch obendrein einen hochgeschwollenen Fluß überschreiten mußte, aber nur so den Erfolg wirklich ausnutzte? In Wahrheit ließ sich Moltke vor der über alles erhabenen Aufopferung der österreichischen Artillerie imponieren, war auch persönlich angegriffen und müde, während den greisen König seine jugendliche Begeisterung wach und frisch erhielt. Seine Lobredner um jeden Preis haben dies alles vertuscht, auch jede gesunde kritische Folgerung erstickt. Wenn er in einem Memorandum an Treitschke sich höchst unglücklich auf Napoleons Schlacht bei Bautzen berief, wo der Großmeister von seinem Grundsatze abwich und deshalb einen halben Mißerfolg erntete, und das Zusammentreffen getrennter Heere auf dem Schlachtfelde für den Gipfel der Strategie erklärte, dabei jede Gefahr bei Königgrätz leugnete, so verschwieg er wohlweislich, daß nur das Zündnadelgewehr und die übermenschliche Leistung der Divisionen Fransecky und Hiller-Gärtringen ihn herausrissen. Wenn von 221 000 Preußen tatsächlich nur 150 000 wirklich zum Schlagen kamen, von 780 Geschützen 200 nicht feuerten, so verurteilt solche Schlachtanlage sich selbst. Allerdings muß man Friedrich Karls Initiative loben, die ja nachher Moltke nur aufnahm, doch der Grund des Übels lag in der fortdauernden Trennung der II. Armee durch die Elbe, wogegen Blumenthal umsonst remonstrierte. Nur wegen diesem Auf-die-Spitze-treiben des Systems der äußeren Linien traten alle diese unliebsamen Folgen ein.
    *
    Otto behielt diesen Eindruck stets und gab ihn auch später schriftlich wieder. Durch diese Schlaffheit verlängert sich der Krieg und die französische Einmischung droht näher, dachte er. Doch übersah man im Hauptquartier überhaupt noch nicht den Umfang des Sieges. Bei dem Ritt übers Schlachtfeld sah man anfangs nur Tote und Verwundete, haufenweise niedergestreckt auf zerstampften Feldern, zerschossene und stehengebliebene Geschütze. Denn im Zentrum war das feindliche Fußvolk wie vom Erdboden verschwunden, als die Verfolgung begann. Erst jenseits Stresetitz und bei Rosberitz bezeugte das Blachfeld, wie fliehende Massen Tornister, Tschakos und Gewehre wegwarfen, wie der Wagentrain in die Chausseegräben umstürzte und reiterlose Pferde umherirrten. Der König begab sich von der Waldspitze östlich von Bor nach der Wiese vor Problus, wo ihm ein anderer Reitertrupp entgegenkam, der Stab des Kronprinzen, der ihn suchte. Vater und Sohn fielen sich gerührt in die Arme. Der Jubel seiner Truppen war unbeschreiblich, überall umdrängten sie den Kriegsherrn, der sich in Lobsprüchen nicht genug tun konnte.
    »Lassen Sie mich in Ruhe! Ich bin ganz enthusiasmiert!« lehnte er Ottos ernste Vorstellungen ab, da die Generale sich nicht getrauten, als Soldaten einem solchen königlichen Soldaten das Wort Gefahr ins Ohr zu raunen. Die

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