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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Granaten sausten, schwirrten und schlugen ein, doch in seiner geradezu exaltierten Stimmung schien der prächtige alte Herr nichts zu sehen und zu hören. »Er macht sich's im Sattel bequem wie bei einer Revue am Kreuzberg«, murrte Roon, halb ärgerlich, halb freudig belustigt.
    »Möchten Sie, daß er vorsichtiger wäre?« rief Otto mit strahlendem Auge, und Roon strich sich wohlgefällig den Schnurrbart. Der edle Greis suchte sich immer neue Schlachthaufen, denen er Guten Abend sagen wollte. Und wo er freundlich grüßte: »Guten Abend, Grenadiere! Ich danke euch, Kinder!« küßten ihm die Krieger Stiefel und Steigbügel in ihrer stolzen Hingebung, ein so würdiges Sinnbild des Vaterlandes vor Augen zu haben. »Na, da tändeln wir ja wieder recht lieblich ins schönste Feuerchen hinein«, warnte Roon besorgt. »Pladderadeutz!« Eine Granate riß unmittelbar neben dem König zehn schlesische Kürassiere und 15 Pferde in einen blutenden Knäuel nieder. Gleich darauf schlug eine andere dicht vor dem König ein, so daß sich ein Angstschrei erhob, explodierte aber nicht.
    »Das ist zu viel, Majestät«, zürnte Otto mit erhobener Stimme. »Im Namen des Vaterlandes beschwöre ich Sie, diesen Leichtsinn aufzugeben. Der Staat hat Anspruch, daß Sie sich ihm erhalten.«
    »Sie wollen mir durchaus mein Vergnügen nicht lassen«, versetzte der König ärgerlich. »Ich gehorche und reite weg auf allerhöchsten Befehl.« Der ernste Ton half also und Otto ritt durch die Dunkelheit als Wegweiser vor der verwegenen Majestät her, nach Horsitz zurück. Als sie am Rokosberg vorüberritten, bemerkte der König spitz und gereizt, indem er auf seinen treuen Minister wies: »Hier ist die Stelle, wo der Herr da mich zum erstenmal wegjagte«, aber es war nicht bös gemeint, und er beruhigte sich. »Sie meinen es ja gut und schließlich mögen Sie recht haben. Ich werde mich bessern.«
    Ottos Fuchs, der auf der Walstatt nie scheute und gemütlich Ähren abfraß oder Pflaumenblätter kaute, trug ihn in flotter Gangart. Sein Herr mußte sich in Horsitz aufs Straßenpflaster legen, Stroh gab es nicht, dies und alle Gebäude brauchte man für Verwundete.
    Er schob ein Wagenkissen unter, befahl sich Gott unter rieselndem Regen und schlief schon wie ein Murmeltier, als ein Vorübergehender ihn entdeckte. »Mein Gott, Exzellenz, Sie hier? Das geht nun und nimmer. Ich habe ein Zimmer und Sie müssen es mit mir teilen.« Es war der Großherzog von Mecklenburg, der ihn so unter seine Obhut nahm.
    Übrigens gab es auch selten reinliche Streu als Kopfkissen, denn die Pferde gingen vor, die allen Häcksel fraßen. Die böhmischen Matratzen, oben und unten zu kurz, in der Mitte hoch, machten ihm Kreuzschmerzen, und einmal hatte er sich wie ein Taschenmesser in einer Kinderbettstelle zusammenklappen müssen, o Grausen und Hüftweh! Für den König hatte er vorhin ein hartes Sofa aufgetrieben, er selbst fiel anfangs sanft auf einen Düngerhaufen, dessen Odeurs ihn wieder aufscheuchten. Auf dem Marktplatze fand er eine Säulenhalle, ob jonische oder dorische Säulen, das zu unterscheiden erlaubte nicht die Dunkelheit, jedenfalls waren's böhmische Säulen. Ein Dach über bloßen Steinen, doch der Regen drang durch, und Rindvieh hinterließ hier übelriechende Spuren. Doch er konnte sich nicht mehr aufrappeln.
    Erst am anderen Morgen begann man zu zählen, daß man 160 Geschütze, 20 000 Gefangene als Trophäen in Händen hatte, überhaupt verlor Benedek fast 45 000 Mann, die Preußen nur über 9000, davon die Elbarmee nur 1600, Friedrich Karl fast 5300, wovon fast 2300 auf die bei Maslowed-Kistowes Fechtenden allein entfielen. Die Gardedivision Hiller verlor nur 1060, außerordentlich wenig im Vergleich zur Einbuße der ihr gegenüberstehenden zwölf Brigaden, noch ungerechnet 7000 Gefangene. Auch Fransecky fügte einer riesigen Übermacht einen dreifach größeren Verlust zu und trieb 2000 Gefangene weg, wie die Elbarmee 3000 (keine Sachsen darunter) und Division Zastrow gar 5000. Diese Tatsachen lehrten zur Genüge, daß die entnervende Wirkung des Hinterladers und die gewandtere Fechtweise gegen unbehilfliche Kolonnen die Partie von vornherein ungleich machten. An Tapferkeit hatte es den Österreichern im allgemeinen wahrlich nicht gefehlt, auch nicht den Süddeutschen, die im Laufe des Monats in ihren eigenen Landen bei Kissingen, Aschaffenburg, Tauberbischofsheim usw. durch Goeben und Manteuffel (Falckenstein in Ungnade abberufen) fortwährend

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