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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Dörfler. Jetzt«, sie tat einen Seufzer, »gehört mein Mann jedermann, der ganzen weiten Welt.«
    »Ach, liebes Kind,« trat er näher mit herzlichem Blick und Lächeln, »die Zeit kommt wieder. Bald sind wir alt und die Welt kann uns nicht mehr brauchen.«
    »Ach, rede nicht! Bei der Aussicht sind Herr und Frau v. Bismarck auf Schönhausen für immer abgetan. Du wirst nie alt und noch deine letzte Faser wird die Welt brauchen.«
    O je, lange nach Mitternacht, wenn ganz Rügen schlief, wachte noch ein Licht im Gartenhause, ein großes Licht, das von Arcona bis zum Bodensee die deutschen Gaue beschien. Gedankenschwer beugte sich eine gefurchte Stirn über viele Papiere, ein finsterer Ernst lag über den Zügen, die hohe Gestalt straffte sich und die Rechte stützte sich auf den Tisch mit geballter Faust. Die deutschen Dinge gingen nicht so rasch und flott wie er hoffte.
    *
    Eine starke persönliche Freude ward ihm freilich zuteil, was auch günstig auf sein Befinden einwirkte. Die Regierung hatte den Kammern eine Dotationsvorlage eingereicht, wonach Roon und Moltke berechtigter-, Herwarth und Falckenstein ganz unberechtigterweise eine Geldbelohnung erhalten sollten. Doch das Kammerkomitee, fast lauter Liberale, beschloß ohne weiteres, an die Spitze der Liste den Staatsmann zu setzen, dem man am meisten dankbar sei. Die Nation votierte für ihn 400 000 Taler, damals eine sehr bedeutende Summe, während Roon 300 000, Moltke, Herwarth, Falckenstein und Steinmetz 200 000 erhielten. Es wäre natürlich gerechter gewesen, Moltke so viel wie Roon und ferner auch Blumenthal eine Dotation zu geben, Steinmetz eine geringere, Herwarth und Falckenstein ganz zu streichen. Doch so peinlich der Kenner diese Unstimmigkeiten empfand, so herzerhebend mußte ihm die Anerkennung sein, die diesmal nicht der König, sondern die Nation ihm spendete. Johanna schwamm in Wonne und auch er schmunzelte: »400 000 Taler sind nicht zu verachten. Wir wollen sie in Grund und Boden stecken als einen Rückhalt für die alten Tage. Ich tat mich schon um und denke Varzin zu kaufen. Das liegt in der Nähe von Rheinfeld, und so haben wir doch wieder einen Herrensitz in Pommern.«
    Roon tat das gleiche und verwirtschaftete bald das ganze Kapital im Gute Gütergoß. Moltke folgte später der gleichen Bahn. Der Begriff des Grundbesitzes ist eben eng mit dem Begriff des Adels verbunden.
    Zu seinen Räten, die ihn in Putbus aufsuchten, vornehmlich zu Keudell, äußerte sich der Minister ruhig und ernst: »Wir leben in einem Provisorium. Vor Napoleon müssen wir uns gründlich in acht nehmen. Er dachte sich offenbar, unsere Annexionen seien das beste Mittel, die Einheit zu hindern, d. h. die Süddeutschen kopfscheu zu machen und in seine Arme zu treiben. Das wäre auch so gekommen, wenn wir nicht territoriale Schonung geübt hätten. Aber wir schlugen die Brücke zu geheimen Bündnisverträgen militärischer Einigkeit, und der Mann in Paris hat keine Ahnung von der wahren Nationalstimmung der Gesamtbevölkerung vom Main bis zum Bodensee, zum Rhein und den Tiroler Alpen mit wenigen Ausnahmen, die nicht ins Gewicht fallen. Er verläßt sich auf Berichte des schnöden Rheinbündlers Dalwigk, den wir absichtlich nicht ins Geheimnis zogen. Darum wird er nicht ruhen, bis er die Errichtung Ganz-Deutschlands kriegerisch in Frage stellt.«
    »Mag er!« rief Keudell. »Das antworteten Sie doch Benedetti schon im vorigen Herbst.« Bei Königgrätz ritt er in der gleichen Tracht schwerer Landwehrreiter hinter seinem Chef und vergaß nie, daß er ihm in den schweren Stunden vor Kriegsausbruch die Eroica Beethovens vorspielen mußte.
    »Damals konnte ich es, damals war er schlecht gerüstet. Seither arbeitet die französische Armee. Auch ›die Wunder des Chassepots‹ und der geplanten Mitrailleusen mögen nicht Illusion sein.«
    »Ich hörte von Exzellenz Roon, daß der Militärattaché de Stoffel selber unser Zündnadelgewehr für ebenso gut erklärte.«
    »Das mag sein oder nicht sein. Ich bin nachgerade alt genug, um nie an Unfehlbarkeit von Fachmännern zu glauben. Im Krimkriege und in Italien hat die französische Armee sich furchtbar genug gezeigt, hat sie jetzt noch eine überlegene Bewaffnung, so ist Kampf mit ihr eine furchtbar ernste Sache. Ich habe sie in Frankreich wiederholt beobachtet und glaube an die Tapferkeit des Troupiers, überhaupt der ganzen gallischen Rasse. Deutsche Invasion wird immer so Bemerkenswertes zeitigen, wie von jeher jede

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