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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Das heißt dem Einbrecher schweigend eine geladene Pistole präsentieren. Noch ist der Vertrag mit Holland nicht ratifiziert, es wird zurückschrecken und sich an uns wenden. Den Deutschen brachten wir mit Gottes Hilfe jetzt so viel Nationalstolz bei, daß die Luxemburger Drohung und unsere prompte Gegendrohung das Einheitsgefühl stärken wird.«
    Und so geschah es. Ein Aufschrei der Wut in Paris, daß die Floskel des Prager Friedens, den Süddeutschen sei »internationale Unabhängigkeit« verbürgt, so perfide hinterrücks umgangen sei. Aber ein Aufschrei dankbarer Bewunderung in allen deutschen Gauen. Holland zuckte zurück und brach sein Schweigegelöbnis, offenbarte den Stand der Dinge nach Berlin. Antwort: wie es euch gefällt, jeder trägt Verantwortung für sich selbst. Gleichwohl versicherte am 30. März der Prinz von Oranien dem Empereur die Abtretung, wenn dieser für seinen Vater Frieden mit Preußen mache. Doch am 1. April fand die allgemeine Gärung, von Otto durch allerlei Pressekanäle befruchtet, ihre Entladung im Reichstage. Bennigsen donnerte in nicht mißzuverstehender Weise, Graf Bismarck solle die Nation zu den Waffen rufen. Nicht ein einziges Dorf solle von Deutschland getrennt werden, habe der König versprochen, und Luxemburg sei altes deutsches Eigentum. Ungeheurer Beifall.
    Selbst Benedettis Gleichmutsmaske rutschte herunter. In lautem Ärger rief er diesem schrecklichen deutschen Machiavelli zu: »Aber Sie haben uns ja selbst encouragiert, nach Luxemburg zu gehen, es sind keine acht Tage her. Damals waren Sie so wenig schwerhörig, daß Sie Aussöhnung unserer Interessen mit diesem Preise erkaufen wollten. Leugnen Sie es nicht ab, denn unser Botschafter in London, Prinz Latour d'Auvergne, depeschiert uns die gleiche Meinung der Königin Viktoria, die es doch wohl von ihren Berliner Familienmitgliedern genau weiß.«
    Immer wieder die englisch« Verwandtschaft als halben Feind im Lager! »Sie ereifern sich unnötig, Herr Botschafter. Ich leugne nichts, räume aber auch nichts ein. Sagte ich Ihnen nicht deutlich, daß der König, die Militärpartei am Hofe, die Volksstimmung gegen meine guten Absichten seien?«
    »Letztere haben Sie selbst in Ihrer offiziellen Antwort verleugnet: keine auswärtige Macht werde hoffentlich unbestreitbare Rechte deutscher Staaten und deutscher Stämme schädigen.« »Das mußte ich sagen, da man sich auf des Königs Versprechen berief.«
    »Ist dem so, so kannte niemand besser als Sie die Stimmung in Hof und Volk. Durch Ihre anscheinende Gutwilligkeit brachten Sie uns in eine kompromittierte Lage. Wir können nicht mehr zurück.«
    »Man kann immer, wenn man muß«, versetzte der Riese kühl. »Ich fühle die Verbitterung des Kaisers Napoleon nach und bedauere sie. Doch augenblicklich ist mein guter Wille lahmgelegt durch das non possumus des Reichstages. Sie kennen meine Offenheit, und ich verhehle nicht, daß unser Gesandter im Haag notifizieren wird, Abtretung Luxemburgs sei casus belli .«
    Benedetti bäumte und krümmte sich förmlich auf seinem Sitze. »So weit treiben Sie es? Ich – werde nähere Instruktionen einholen.«
    »Tun Sie das! Und beachten Sie wohl, daß ich des Kaisers persönliches Wohlwollen für mich dankbar anerkenne und keiner Kombination abgeneigt bin, die uns wieder in die alte freundliche Beziehung versetzt.« Der Franzose horchte hoch auf und sah dem treuen Deutschen tief in die Augen. Der zuckte mit keiner Wimper.
    Im Inneren erstrebte Otto nichts als Versöhnung, einiges Zusammenraffen aller Kräfte, um sich auf etwaige gewaltsame Störung von außen vorzubereiten. Am 11. März fielen von seinen Lippen die gewaltigen Worte:
    »Wir haben Deutschland in den Sattel gesetzt, reiten wird es wohl selber können.« Den Landtag überrieselte ein Schauer, er begriff, daß ein Unsterblicher etwas Unsterbliches sage für alle Folgezeit. Donnernder Beifall erhob sich von allen Seiten.
    Nichtsdestoweniger machten die Doktrinäre ihm das Leben recht sauer. In zwei Punkten bleib er fest gegen alle angeblich verfassungsmäßigen Ansprüche: er verweigerte Diäten für die Abgeordneten, da sonst das Volksvertreten ein Geschäftsberuf werde, und Budgetrechte des Parlaments bezüglich der Armee, da sonst die Sicherheit des Staates den Majoritätslaunen ausgeliefert werde. Die hartnäckige Haarspalterei und Staubaufwirbelei um bedeutungslose Einzelfragen ermüdete ihn so, daß er sich in einer Rede Ende März mit Percy Heißsporn verglich, teils

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