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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ein anderes Thema über: »Neulich war ich mit Roon und meinem Freund Moritz Blanckenburg im Grunewald, kam nicht zum Schuß, hörte aber von Roon viel Wichtiges. Ein bedeutender Offizier!«
    »Nachher waren Sie zum Diner mit Ihren näheren Verwandten und Vertrauten, darunter Ihr Schwager, äußerste Rechte, Kreuzzeitungs-Wagener und ... Herrn v. Kleist-Retzow«, lächelte der Hausminister, der doch kundgeben wollte, wie gut er informiert sei.
    »Stimmt. Abends war ich bei Adlerberg, dem russischen Militärattaché, dessen Soiree Ihre Königliche Hoheit Prinzeß Augusta beehrten.«
    »Höchstwelche höchst gnädig sich eingehend mit Ihnen unterhielt.« Pause. »Sie wissen doch, daß Karl Kanitz, Ihr a. D. Stuttgarter Kollege, sich mit einer Engländerin verlobte?«
    »Daß sie jung ist, weiß ich. Weiter weiß niemand was. Armer Kerl!«
    »Pourtalès geht also wirklich nach Wien, Goltz wohl nach Konstantinopel. Mit Savigny steht's soso, vielleicht München, und Usedom ...,« verlegenes Räuspern, »vielleicht Brüssel.«
    »O, vergessen Sie nicht Paris!« warf Otto gleichmütig hin. »Hatzfeldt ist eine schöne Leiche, und ein Krähenschwarm teilt mir mit, er werde gepickt werden. Ich höre ein Krächzen bis hierher ... es hat so einen englischen Akzent.«
    Alle lachten. Frau Olympia Usedom, die kecke Insulanerin, deren Taktlosigkeit man bei Hofe alles nachsah, wollte mit Gewalt nach Paris; wenn aber nicht, dann nach Frankfurt. Die schwatzhafte Intrigantin machte Otto so heiß, daß er sich dort anklammerte mit Nägeln und Klauen, schon um ihr einen Tort zu spielen, wie er behauptete. Der wahre Grund lag freilich tiefer und sah viel schöner aus, doch bei uns traurigen Menschen verquicken sich so oft Allzumenschliches und Ideales.
    Bei Portiers und Kanzleidienern des Ministeriums fand er übrigens den Geist Levinsteins wieder, welche scheinbar gefügige Kreatur der neue Minister Schleinitz mit Kußhand von Manteuffel übernahm. Die Subalternbeamten »zeigten für Geld« jeden Minister, der sich verleugnen lassen wollte. »Was, das Verbot ist so streng, daß ein Taler nicht langt? Na, dann zeigen Sie mir Herrn v. Schleinitz für zwei Taler!« verschaffte sich Otto öfters Einlaß zu seinem Feind, wenn dieser gerne einer Unterredung ausgewichen wäre. »Hehe, Exzellenz sind so spaßig!« kapitulierte der Portier, ein alter Trunkenbold. Bei einem solchen Mann der hohlen Hand, die immer nach Subsidien sich ausstreckte, entdeckte der Gesandte einen gewissen hohen Ton, dem er nachforschte. Als er einmal sah, wie Graf Usedom jenem flüchtig die Hand knetete, erriet er das übrige: der Trinkgeldbedürftige stand in Würden als Meister Freimaurer. Sowohl diese geheime Genossenschaft als die Jesuiten, ihre Todfeinde, hatten eine Filiale am preußischen Hofe gegründet, wobei sie sich brüderlich, mit edelmütigem Einverständnis über eine Schonzeit, in die Arbeit teilten ...
    »Verehrtester, heut ist's kalt, aber an der Newa soll's noch kälter sein, der Fluß ist schon zugefroren. Wie wird Ihnen? Lieben Sie die Kälte?« Es war der Zeremonienmeister und Heraldiker Graf Stillfried von Alkantara, der auf einem Ball beim österreichischen Gesandten, Graf Karoly, diesen scherzhaften Wink verabreichte. Otto stutzte.
    »Ein tüchtiger Frost erfrischt, aber das sonnige Klima am Main sagt mir doch besser zu.«
    »Ei, wer wird so weichlich sein! Ein stahlharter Hüne wie Sie! Die Hauptsache ist immer: per aspera ad astra !« Als der Graf sich mit freundlicher Gebärde entfernte, begriff der Überraschte, daß es diesmal ernst sei. Stillfried gehörte zur sogenannten Jesuitenpartei, d. h. den vornehmen Katholiken am Hofe, die besonders im Haushalt der Prinzeß Augusta vom Kammerherrn bis zum Kammerdiener einen Ring schlossen. Da durfte keine Zeit verloren gehen, schon am folgenden Tage stand Otto vor dem Regenten.
    »Königliche Hoheit, ich höre bestimmt von meiner Versetzung nach Petersburg und erlaube mir untertänigste Anfrage, ob das nicht rückgängig zu machen sei.«
    Der Prinz fragte betroffen: »Wer sagt Ihnen das?«
    »Namen zu nennen wäre indiskret. Vielleicht ist Euer Hoheit der Name ›Jesuitenlager‹ geläufig, von dort stammt meine Kunde.« Der Prinz runzelte die Stirn. »Ich wage es, mein Bedauern auszudrücken, daß ich aus meinem Feldlager Frankfurt, wo ich das Terrain so genau kenne, in ein mir fremdes Operationsgebiet verschlagen werde.«
    »Sie werden sich auch dort einleben mit Ihren Fähigkeiten.«
    »Es ist

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