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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Ergießung trug der Kanzler mit geläufiger Zunge vor, zur höchsten Erbosung Benedettis.
    »Ungemein interessant, jedoch sind wir nicht hier für Sprachstudien. Prinz Leopold –«
    »Ist zurzeit in seiner Garnison, wenn Sie sich nach seiner Adresse erkundigen wollen.« Otto stand bolzengerade auf und sah auf die Uhr. »Himmel! Die Reize Ihrer Unterhaltung lassen mich ganz vergessen – eine dringende Konferenz erwartet mich.«
    Benedetti zog wie ein begossener Pudel ab, bitterböse. Er schrieb nach Paris, Bismarck sei nicht offen gewesen, habe etwas Schlimmes in petto, habe sich sorgsam vor bindender Erklärung gehütet, führe allerlei im Schilde, schaue nach Vorteilen für seine deutsche Politik wegen Vakanz des spanischen Thrones aus. Da es aber von der Kandidatur still wurde und andere Kombinationen auftauchten – italienische Prinzen, Herzog von Aosta, Graf von Turin –, so ließ Napoleon die Sache ruhen, da ihn nähere Sorgen beschäftigten. Im wunderschönen Monat Mai sprangen ihm neue Hoffnungsknospen, es war in seinem Herzen die Liebe zu Rom aufgegangen, wie immer eine Liebe zum Fressen.
    *
    Während der Landtag mit den Ministern Eulenburg und Mühler in Fehde lag, erwarb sich der von Bismarck als neuer Finanzminister eingesetzte Präsident der Seehandlung, der altliberale Camphausen, das Wohlwollen des Hauses, indem er ein angebliches Defizit in Überschüsse verwandelte. Auf der Stelle hörte Virchow das Gras auf seiner Wiese wachsen und beantragte Einschränkung der Militärausgaben sowie allgemeine Abrüstung! In Bayern hatte Hohenlohe es schwer, sich gegen den klerikalen Ansturm zu halten. In Württemberg gelangte erst nach langen Kämpfen, wobei ein Abgeordneter Mayer die Monarchien »wie andere Feudallasten« abschaffen wollte, ein preußischgesinntes Ministerium ans Ruder. Gegen den Antrag Bamberger auf Münzeinheit polterte gerade ein Württemberger Zolldeputierter Becher, der unverfroren als Aufgabe der süddeutschen Fraktion bezeichnete, die Verpreußerung, d. h. das Einigungswerk, zu verpfuschen. Daß der Staatsleiter seine auswärtige Politik mit größter Heimlichkeit betrieb und Blaubücher im englischen Stil als eine Quelle des Unfriedens bezeichnete, lag den Unentwegten schwer im Magen. Und daß Moltke öffentlich die Bildung einer so starken Großmacht, daß sie in Europa Frieden gebiete, durch ein geeintes Deutschland in Aussicht stellte, befriedigte viele nicht. Für Preußens jetziges Ansehen zeugte die auf Bismarcks Anregung berufene Konferenz in der wieder mal brennenden Kreta-Frage. In Paris hatte man zurzeit andere Sorgen, die Radikalen rüttelten heftig an den freiheitsmörderischen Grundlagen des Empire, bis der schlaue Louis ein sogenanntes Volksplebiszit für sich zusammentrommelte und das Vermittelungsministerium Olivier zu einem Hofsatellitentum umschweißte. »Gramont Minister des Auswärtigen?« Otto zog die Stirn in Falten. »Das endet nicht gut. Und Thiers für gesteigerte Rekrutenaushebung? Sturmzeichen.« Die römische Frage erregte schon lange die Gemüter, seit die französische Besetzung des Kirchenstaates »die Wunder von Mentana« des Chassepot an Garibaldis Rothemden probierte. Die Italiener tobten heftig gegen den »Befreier« Napoleon, der doch in Rom ihnen den Daumen ins Auge drückte. Zu geheimer Freude Ottos, der Viktor Emanuels französische Neigungen kannte und außerdem wußte, wie wenig dieser bigotte Katholik die antipäpstliche Gesinnung seines Volkes teilte, entfremdete sich das Kabinett von Florenz von Frankreich. Die Gefahr, es als Bundesgenossen eines französischen Angriffes fürchten zu müssen schwand also sichtlich.
    »Der Kaiser wünscht eine Sanktion seiner römischen Stellung durch Europa«, begann Benedetti zu sondieren. »Sie hörten ja früher schon den Minister Rouher in der Kammer: ›Niemals!‹ Niemals werden wir den Schutz Seiner Heiligkeit aufgeben.«
    »In solchem Falle finde ich keinen Nutzen in einer Konferenz, die dauernd Italien von Rom ausschließt, der natürlichen Hauptstadt, wohin es nie zu streben aufhören wird. Solche Nationalfragen werden gemeinhin nicht auf dem Papiere gelöst, sondern auf dem Schlachtfelde.«
    »Die deutschen Katholiken würden Ihnen grollen, wenn Sie Kirchenschändung befürworten würden.«
    »Ganz Ihrer Meinung. Ich habe daher Emissäre Garibaldis und Bevollmächtigte des Königs von Italien abschlägig beschieden.«
    »Ah!« Benedetti staunte über diese Indiskretion, die natürlich einem

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