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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Omen. Aufgeschoben ist manchmal aufgehoben, und für dies Jahr bleiben wir wohl verschont. Aber die Truppen in Chalons riefen ja schon: »Zum Rhein«, »Zum Krieg«, »Nach Berlin«, Adler und Trikoloren sind nicht lange mehr aufzuhalten. Das Pulverfaß ist übervoll, es bedarf nur eines Funkens. Freilich gehen wir einen schweren Gang. Doch ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.
    *
    Am 4. Juli platzte die Bombe. Vom Auswärtigen Amt kam Depesche nach Varzin: der französische Geschäftsträger (Botschafter Benedetti befand sich in Wildbad) spreche Erstaunen aus, daß Prinz Leopold die spanische Krone annahm. Antwort aus Varzin: »Die preußische Regierung weiß schlechterdings nichts von der Angelegenheit, sie existiert nicht für uns.« Abends chiffrierte Depesche von Baron Werther, Gesandter in Paris: Im Begriffe nach Ems zu reisen, sei er vom Herzog Gramont koramiert worden, er möge den schlimmen Eindruck mitteilen und den König um Zurücktreten des Prinzen ersuchen, sonst gebe es eine Katastrophe. Ob er darunter Kriegsdrohung verstände? Ja.
    Otto überlegte mit üblicher Schnelligkeit. Selbstverständlich kannte er die Sachlage. Marschall Prim hatte ihn keineswegs direkt in Kenntnis gesetzt, sondern diskret und korrekt mit dem Prinzen allein verhandelt, doch es blieb dem Kanzler nichts verborgen. Wirtschaftliche Vorteile könnte man wohl erlangen, auch erhöht es unser Prestige, wenn ein deutscher Prinz das Zepter Karls V. führt, wie die Pariser Presse sich pathetisch ausdrückt. Doch sonstiger Vorteil Null. Der katholische Prinz wird eben Spanier mit spanischen Interessen. Der alte Spruch von Louis Quatorze: »Es gibt keine Pyrenäen mehr!« gilt nicht für uns. Uns dafür mit Frankreich schlagen? Das wäre ein Kabinettskrieg. Deutsche sind keine Franzosen, gebläht von Dünkel und Eifersucht. Das Odium fiele auf mich zurück, als ob mein Ehrgeiz die Welt in Brand stecken wolle. Dafür sind die Süddeutschen nicht zu haben und unsere eigenen Leute würden beklagen, daß man für den innerlich gewünschten Kampf keine richtige nationale Parole finde. Ich werde nachgeben. Aber die andere Klippe der Demütigung muß umschifft werden. Auch das ist unmöglich, daß wir vor Frankreichs Drohung das Knie beugen und feig die Segel streichen. Dieser moralische Prestigeschaden wäre unersetzlich und würde uns geradeso die Süddeutschen kosten. Ich bin gottlob eins mit dem Nationalcharakter: friedliebend, langmütig, aber gefährlich tapfer, wenn man ihm in die Suppe spuckt. Laß sehen, was die Pariser machen! Einen Kriegsgrund, nach dem sie suchen, hätten sie nun.
    Nach Möglichkeit mußten sie den Anschein vermeiden, daß sie die deutsche Einheit stören wollen. Jetzt haben sie etwas Besseres. Was sie verlangen, ist weder neu noch unbillig, es würde auf uns sitzen bleiben, daß wir indirekt provozierten. Die Ausrede, uns gehe eine Privatentschließung des Prinzen nichts an, verfängt nicht. Ist er kein Preuße, so ist er Deutscher. Ich kann mir keine Rechenschaft geben, warum ich die Dinge gehen ließ und passiv begünstigte. Denn daß Frankreich Lärm schlagen würde, war doch nach Benedettis Erpressungsvisite vor einem Jahre klar wie Kloßbrühe. Natürlich wird man nachher behaupten, ich hätte absichtlich den Zwist gesucht. Das stimmt nicht. Wollte ich von vornherein nachgeben, um meine Friedensliebe zu offenbaren? Zweifelhaft, ich weiß es selber nicht. Ich wollte vor allem eine Chance nicht unbenutzt lassen. Fallen lassen kann man sie immer. Kann man? Das werden die Pariser zeigen. Prüfe ich mich ernstlich, so wollte ich zwar wegen dieser fremden Kabinettsfrage gewiß nicht einen Nationalkrieg, aber eine dunkle Ahnung sagte mir, daß daraus gewisse Möglichkeiten keimen könnten. Solcher Instinkt täuschte mich nie im Leben. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wir stehen in Gottes Hand, er wird schon wissen, was er will. Also stillhalten, warten, meinethalben nachgeben, aber toujours en vendette ! –
    Neue Depeschen. Gramont am 6. Juli im gesetzgebenden Körper: mit aller Achtung vor Spanien wird Frankreich nicht zuschauen, wenn Preußen das Gleichgewicht Europas umstürzen will. Frenetischer Beifall. Otto roch förmlich die Depesche, die der alberne Gramont am 7. an Benedetti richtete: Die Hohenzollernregierung in Spanien würde nicht einen Monat dauern, doch wie lange dauert der Krieg, den diese Intrige des Herrn v. Bismarck verursacht? Am 9. lief eine Zirkulardepesche ein, voll von historischen

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