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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mit Ihnen«, rief der Franzose ungeduldig mit erregter Stimme. »Glauben Sie, man würde unseren Kammern solche verwickelte Familien- und Rechtsverhältnisse begreiflich machen?«
    Otto zuckte die Achseln. »Bin ich berufen, unzureichende historisch-geographische Kenntnis zu belehren, wie sie den Franzosen eigentümlich ist?«
    »Sie schweifen ab, kommen wir zur Sache! Der Kaiser sagte mir wörtlich: ›Die Kandidatur Montpensier ist antidynastisch, sie verletzt nur mich, ich mag sie dulden. Die Kandidatur Hohenzollern ist hingegen antinational, Frankreich wird sie nicht dulden, man muß dem vorbeugen.‹ Ich darf wohl annehmen, daß Sie mit dem König und Fürst Anton, der hier war, den Fall diskutierten.«
    »Das verhehle ich nicht. Und zwar ging ich davon aus, diese Kandidatur sei schwerlich im deutschen, wohl aber im französischen Interesse. Denn gerade die Familienverwandtschaft liegt einzig nach der Seite des Hauses Napoleon. Seine Großmutter väterlicherseits war Antoinette Murat, seine Mutter war eine Tochter der Großherzogin Stephanie Beauharnais von Baden, meiner alten Gönnerin. Sie werden in der Genealogie der kaiserlichen Familie wohl so bewandert sein, Herr Botschafter, um zu wissen, daß Prinzeß Stephanie Napoleon die rechte Kusine der Mutter Ihres Kaisers war. Die Gemahlin Prinz Leopolds ist die Schwester der Königin von Portugal. Er ist also durchaus blutsverwandt mit nichtdeutschen Häusern.«
    »Ach, das sind Nebendinge. Für uns bleibt er ein preußischer Prinz und Oberst, der jedenfalls ganz unter Ihrem Einfluß steht.«
    »Ich kenne ihn nicht einmal und wüßte wirklich nicht, was für uns dabei herausschauen sollte. Sie haben ohnehin keinen Grund zur Beunruhigung. Diese Kombination wird sich nie realisieren. Ich wünsche dem Duc de Montpensier alles Glück.«
    »Würden Sie uns die formale Versicherung geben, daß der König in keinem Falle dem Prinzen Annahme der Kandidatur erlauben wird?«
    »Seine Majestät hat nichts zu verbieten und zu erlauben, da dieser mediatisierte Prinz sein eigener Herr ist und in seinem Privatbesitz nicht mal der Jurisdiktion Preußens untersteht. Preußen hat an der ganzen Frage kein Interesse.«
    »Erlauben Sie,« brauste Benedetti ein wenig auf, »das sind ausweichende Phrasen, die nicht befriedigen. Wir –«
    » Wir – erlauben Sie , Herr Botschafter – machen keine Phrasen«, unterbrach ihn scharf der Recke, den man schon jetzt den Eisernen Kanzler nannte. »Sehe ich danach aus, als ob ich gern auswiche? Aber wozu über ungelegte Eier ein Kikeriki erheben? Der gallische Hahn hat gewiß eine sehr durchdringende Stimme und ist als Kampfhahn gefürchtet. Aber Hahnenkämpfe für nichts und wieder nichts sind nur in England gestattet. Der Prinz würde schwerlich annehmen, selbst wenn das Angebot dringend wäre, was bisher fehlt, wie Ihnen nicht unbekannt.«
    »Erlauben Sie! Ein Spanier hat eine Broschüre veröffentlicht, worin er diese Kandidatur vor allen anderen empfiehlt und nur bedauert, der Name werde für spanische Zungen schwer auszusprechen sein.«
    Otto lachte gemütlich. »Franzosen und Italienern geht's nicht besser, sie machen sich deutsche Land- und Städtenamen lateinisierend mundgerecht. Wer soll im italienischen Monaco erkennen, ob dies Spielhöllenparadies oder die Hauptstadt Bayerns gemeint? Wie würden die Franzosen lachen, wenn die Deutschen Bordeaux aussprächen, wie es geschrieben wird, etwa Bordeochs nach französischer Schreibweise! Oder wenn wir für Paris beliebig Parizel sagen würden? Sie aber nennen Köln ruhig Cologne, Regensburg Ratisbonne und sprechen Berlin mit Nasalton aus. Und die Engländer? Sie sprechen Calais wie Caläs, Paris wie Pärris, Berlin wie Börlin, alles mit Akzent auf der ersten Silbe, München wie Mjuhnik. Nur der Deutsche hat Bildung genug, der ausländischen Sprache ihr Recht zu lassen. Bloß im Italienischen nimmt er sich Freiheiten, nennt Milano Mailand, Venezia Venedig, Firenze Florenz, Napoli Neapel, letztere zwei Namen mit Anklang an frühere lateinische Bezeichnungen Florentia, Neapolis, ersteres wegen der alten Herrschaft des deutschen Reiches in Oberitalien. Bei den Engländern gebe ich ja zu, daß sie selber kaum wissen, wie sie aussprechen sollen. In unseren Schulen lehrt man Londen für London, und so sollte es heißen – Londres im Französischen ist ganz verfehlt –, aber jeder Engländer spricht Land'n, ja nicht mal das, sondern verschwommen Lan'n, im Dialekt Lun'n.« Solche etymologische

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