Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Beispielen, daß die Großmächte stets verzichteten, einen ihrer Prinzen auf einen fremden Thron zu setzen. Ei, Bourbons und Habsburger in Italien! Und wer kennt nicht den Spanischen Erbfolgekrieg!
    »Heimlichkeit ist gut,« brummte der Mann von Varzin, »wo doch Benedetti mir vor fast 13 Monaten die Pistole auf die Brust setzte. Die Kerls werden sich in eine Rage hineinreden, ich schweige. Der Prinz ist nicht bloß ein Prinz, sondern ein Soldat. Er wird seinem obersten Kriegsherrn gehorsamst melden, daß er die Krone annehme. Der König wird den Rapport entgegennehmen und betonen, daß er selbst in dieser Privatsache seinen Obersten nicht ermutige. Ist Prim ein Soldat, so wird er die zweifellose Insinuierung des französischen Gesandten in Madrid, ich hätte mich in spanische Dinge gemischt, aufs schärfste dementieren und seinen eigenen Gesandten in Paris damit betrauen, daß das Angebot lediglich auf spanischer Seite lag und Prim nie mit mir in Verbindung stand.« So tat logischerweise der spanische Regent. Doch erzählte Argumente einem Stier, der ein rotes Tuch sieht. Es brüllt der See und will sein Opfer haben. »Eine neue Insulte des Herrn v. Bismarck!« brüllte die Kammer in Paris. Otto verfolgte kaltblütig das Weitere. Jetzt kommt Benedetti nach Ems, der übrigens in Wildbad allerlei faule Sachen treibt, um den Süden abspenstig zu machen. Soll ich nach Ems fahren? Nein. Denn da ich Krieg nicht will (noch nicht will), sind mir die friedlichen Absichten des Königs ganz gelegen. Man wird von ihm Versicherung verlangen, daß er der Sache fernstehe. Meinethalben.
    In seines Geistes Augen sah er mancherlei, die Bäume von Varzin flüsterten es ihm zu. Benedetti würde freundlichst empfangen werden. Darüber werden wir nicht zanken, was mein guter Franzose heimlich bezweifeln wird. Zuguterletzt wird Benedetti verlangen, daß der König, den als Patriarchen der Familie zu betrachten er ablehnt, nicht nur rät und einladet, sondern befiehlt, die Kandidatur aufzugeben. Befehlen wird der gewissenhafte König ablehnen, doch er würde den Rücktritt des Prinzen billigen. Doch solches Abraten erfordert Zeit. Gramont ist Narr genug – oder Schuft genug –, darin einen Versuch zu Zeitgewinn zu sehen. Er wird entschiedene Antwort fordern und meinen armen lieben Leisetreter Benedetti zu Unverschämtheiten reizen.
    Am 11. Juli weigerte sich der König in Ems, einen Druck auf Prinz Leopold zu üben. Am 12. wurde der Verzicht des Prinzen bekannt, aber durch den spanischen Gesandten in Paris. O nein, das sah ja aus, als ob der König selbst nicht vor Frankreichs Drohung gewichen sei, also depeschierte Gramont an Benedetti, er müsse vom König ein Versprechen erzwingen, daß er nie mehr solche Kandidatur gestatten werde. An diesem Tage verließ Otto sein Landgut und fuhr nach Berlin, wohin ihn ein Telegramm des Königs berief, desgleichen Roon und Moltke. Kein Vernünftiger kann also behaupten, daß König Wilhelm die wahre Absicht Frankreichs nicht begriff. Im Laufe dieses Tages geschahen merkwürdige Dinge in Ems, von wo der König am folgenden Tage abreiste. Als Otto zur Bahn fuhr, stand der Prediger von Varzin, dem er zugetan war, auf seiner Türschwelle, eine friedliche Pfeife rauchend. Beim Gruße zog der alte Göttinger Student eine Terz und Quart durch die Luft, das bedeutete Krieg. Er war nunmehr fest entschlossen, nicht zurückzuweichen. Hier lagen unbegrenzte Möglichkeiten, allen Deutschen die Drohungen und Erpressungen Frankreichs nahezulegen. Er hatte die Absicht, sogleich nach Ems aufzubrechen. Bitter war seine Enttäuschung, als man ihm Telegramme bei seiner Einfahrt in das Ministerium der Wilhelmstraße überreichte; der König fuhr also fort mit Benedetti zu verhandeln, obschon Presse und Parlament in Paris sich in Beleidigungen überboten und die Losung ausgaben: Preußen kneift.
    »Die Neigung Seiner Majestät, persönlich internationale Geschäfte zu behandeln,« äußerte er zu Roon und Moltke, die bei ihm zu Tisch waren, »wird uns ins Verderben stürzen. Ich weiß nicht, was heute abend oder morgen geschieht, doch Frankreich wird auf seinem Wege der Bedrohung und Provozierung nicht einhalten. Durch den Verzicht sind wir die Blamierten. Man tat also alles, um den Krieg zu verhindern, als ob wir ihn fürchteten.«
    »Diese Demütigung frißt mir am Herzen«, seufzte Roon. »Ist das nicht schlimmer als die Schmach von Olmütz?«
    Moltke sagte nichts, doch schien sehr niedergeschlagen. »Das ist also

Weitere Kostenlose Bücher